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Patrick Bahners und die „habituelle Diskriminierung“: Die Abwendung von den Eigenen

Patrick Bahners und die „habituelle Diskriminierung“: Die Abwendung von den Eigenen

Patrick Bahners und die „habituelle Diskriminierung“: Die Abwendung von den Eigenen

Klingelschild
Klingelschild
Klingelschild mit auslädnischen und deutschen Nachnamen in Hamburg Foto: picture alliance/dpa
Patrick Bahners und die „habituelle Diskriminierung“
 

Die Abwendung von den Eigenen

Das Ende naht. Das Sommerloch beginnt sich zu schließen, und sachte, ganz sachte verschwindet auch der Aufreger der vergangenen Wochen: der alltägliche, strukturelle, tiefendeutsche, westliche, in jedem Fall weiße Rassismus. Von Karlheinz Weißmann.
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Das Ende naht. Das Sommerloch beginnt sich zu schließen, und sachte, ganz sachte verschwindet auch der Aufreger der vergangenen Wochen: der alltägliche, strukturelle, tiefendeutsche, westliche, in jedem Fall weiße Rassismus. Von einer Debatte zum Thema kann im Ernst keine Rede sein. Es ging seit der Abschiedsbotschaft von Mesut Özil bestenfalls um Grade der Betroffenheit und die Frage, wer überhaupt mitreden darf. Ansonsten bestimmte der Konsens das Ganze. Gemeint ist der Konsens der Antirassisten, der Befürworter von Vielfalt, Toleranz, Weltoffenheit.

Die Antirassisten sind es auch, die definieren, was Rassismus ist, nämlich „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“. Man muß Patrick Bahners zugestehen, daß er etwas präziser ist. Für ihn bedeutet Rassismus: „Habituelle Diskriminierung aufgrund der aus sichtbaren Merkmalen erschlossenen Herkunft“. Um welche „sichtbaren Merkmalen“ es geht, bleibt ungesagt, aber gemeint ist wohl die Hautfarbe.

Immerhin: Was seinen Standpunkt betrifft, läßt es Bahners nicht an Deutlichkeit fehlen. Er nimmt Partei, selbstverständlich Partei für die Guten. In einem Beitrag, den die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung prominent und formatfüllend auf der ersten Seite des Feuilletons abgedruckt hat, wehrt er sich deshalb gegen alle Versuche, die #metwo-Kampgagne als unerheblich abzutun.

Hartherzigkeit der Restdeutschen

Er beklagt vor allem den Empathiemangel der alten Linken (Klaus Staeck) wie der neuen Minister (Jens Spahn, Heiko Maas). Seiner Meinung nach verdienen die Migranten unser aller Mitgefühl und Respekt, zumal sie doch gelernt haben, über die permanente „Kränkung hinwegzugehen … Eine Übung der Höflichkeit, des unverdienten Entgegenkommens. Es ist jene Anpassung, die Neubürger ohnehin leisten müssen, komplett unabhängig von der wohlfeil geforderten Assimilation an unsere sogenannten Werte.“

Irritierend ist allerdings die Art und Weise, in der Bahners von „unseren sogenannten Werten“ spricht. Denn man weiß nicht recht, wer mit „uns“ gemeint sein könnte und ob die „Werte“ „sogenannte“ sind, weil es sie gar nicht gibt oder weil sie zwar postuliert, aber nicht handlungsleitend sind. Wahrscheinlich letzteres und wahrscheinlich meint Bahners mit „uns“ die Restdeutschen, die – wie Bahners einleitend feststellt – vor der Aufgabe der „Integration“ versagt haben.

Es bleibt etwas vage, worin dieses Versagen besteht, aber man kann dem Kontext entnehmen, daß es sich um die Folgen jener Borniertheit und Hartherzigkeit handelt, die Einheimische dazu bringt, von den Reingeschmeckten zu verlangen, daß sie sich anpassen.

„Integration“ als Trojanisches Pferd

Tatsächlich ist „Integration“ über die längste Zeit so verstanden worden: als Vorgang, durch den das Unähnliche ähnlich werden sollte. Allerdings darf man bezweifeln, daß „Integration“ je so gemeint war. Denn eigentlich handelte es sich um eine Abfindungsformel. Eine Rückzugsposition, weil die Verantwortlichen außerstande waren, die Einwanderung rückgängig zu machen oder zu unterbinden und sich dann auch als unfähig erwiesen, die Assimilation der Eingewanderten zu bewirken.

Also kaschierte man die Fakten und suggerierte denjenigen, die schon länger hier lebten, daß tatsächlich im Wortsinn „Einfügung“ gemeint sei, und zwar „Einfügung“ in das Gegebene. Aber gleichzeitig nutzte eine einflußreiche Minderheit „Integration“ als Trojanisches Pferd, das es erlaubte, immer mehr Fremde und immer mehr Fremdheit einzuschleusen, dessen Anerkennung, Respektierung, Privilegierung dann unter Verweis auf die normative Kraft des Faktischen und zwecks Verteidigung der universalen Menschenrechte verlangt werden konnte.

Der Erfolg dieser Strategie erklärt, warum neuerdings noch ein weiterer Schritt folgt: Man erklärt den Eingesessenen, daß sie eigentlich als bestimmbare Einheit gar nicht existierten oder sie wenigstens keinen Vorzug genießen dürften, sondern daß sie sich ihrerseits zu „integrieren“ hätten, nämlich in eine irgendwie inklusive, multikulturelle Gesellschaft, die aus lauter Atomen besteht, die nur darauf harren, von den Diversitätsmanagern zu diesem oder jenem bunten Mosaik zusammengestellt zu werden.

Idealismus oder Wirklichkeitsverlust

Wenn man die Frage nach den Motiven der Akteure und ihrer geistigen Zuarbeiter stellt, wird häufig auf Idealismus, Philanthropie, vielleicht auch Wirklichkeitsverlust hingewiesen. Aber tatsächlich geht es um etwas anderes und ganz einfaches: die Aufkündigung der selbstverständlichen Loyalität gegenüber der eigenen Herkunft, der eigenen Tradition.

Und das nicht ohne Konsequenzen. Denn es folgt der Abwendung von den Eigenen zwangsläufig die Parteinahme für die Anderen. Deshalb hält jemand wie Bahners für das ausschlaggebende Problem, daß die „führenden Politiker des Landes … offenbar keine Vorstellung von den Lebensbedingungen von Einwanderern und Einwandererkindern“ haben.

Während doch in Wirklichkeit die entscheidende Frage ist, warum die führenden Politiker des Landes, die schworen, dem deutschen Volk zu dienen und Schaden von ihm abzuwenden, keine Vorstellung von den Lebensbedingungen der Deutschen und der deutschen Kinder in den „gekippten“ Vierteln von Mannheim, Duisburg oder Berlin haben.

Klingelschild mit auslädnischen und deutschen Nachnamen in Hamburg Foto: picture alliance/dpa
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