Der fürchterliche Mord an der 14jährigen Susanna F. aus Mainz erschüttert ganz Deutschland. Wie in einem Brennglas verdichtet sich im Schicksal dieses Mädchens das ganze Versagen der deutschen Asylpolitik, der Bankrott einer hypermoralischen Willkommenspolitik, die in einem Desaster endet.
Der jetzt im Irak gefaßte mutmaßliche Mörder Ali Bashar kam im Oktober 2015 offenbar mit dem großen Flüchtlingsstrom über die Türkei und Griechenland nach Deutschland. Er hätte nie die deutschen Grenzen übertreten dürfen. Sein Asylantrag wurde im Dezember 2016 abgelehnt. Er hätte danach nicht mehr in Deutschland bleiben dürfen. Er wurde nicht abgeschoben. Weil unsere Behörden überlastet sind. Weil es zu weitreichende rechtliche Einspruchsmöglichkeiten gibt. Weil ein Dickicht an Hindernissen rasche Abschiebungen verhindert.
Ist die Kanzlerin alleine schuld?
Im Zentrum der Kritik steht Bundeskanzlerin Angela Merkel, die hauptverantwortlich ist für den Kontrollverlust des Staates. Am 12. September 2015 lag ein Einsatzbefehl der Bundespolizei zur Schließung der deutschen Grenzen und Abweisung von Flüchtlingen aus sicheren Drittstaaten der EU vor. 21 Hundertschaften der Bundespolizei sind in Alarmbereitschaft, Hubschrauber und schweres Gerät sind unterwegs zu den bayerischen Grenzen. Doch im letzten Moment zögern die Kanzlerin und ihre Minister, als der Einsatz beginnen soll. Merkel läßt den Befehl entschärfen, die Grenzen läßt sie öffnen.
Doch ist die Kanzlerin alleine schuld? Was ließ sie im entscheidenden Moment zurückschrecken? Vor welchen Schlagzeilen hatte sie Angst? Wer versetzte Deutschland im Sommer 2015 in einen besinnungslosen Willkommensrausch, der verantwortliche Politiker irrational handeln ließ? Wer sorgte dafür, daß sich Deutschland als „Hippie-Staat“ präsentierte, „der nur von Gefühlen geleitet wird“, wie es der britische Politologe Anthony Glees damals feststellte? Wer trug dazu bei, daß Angela Merkel glauben mußte, sie werde von einer Welle der Begeisterung getragen, wenn sie unter Brechung geltender Gesetze die staatliche Ordnung im Kern aufgibt?
Einer der wichtigsten Motoren des Flüchtlings-„Sommermärchens“ war neben öffentlich-rechtlichen Medien die Bild-Zeitung. Jetzt will sie davon offenbar nichts mehr wissen. Nach dem Mord an der 14jährigen Susanna schlagzeilt sie: „Unsere Regierung sollte Susannas Eltern um Verzeihung bitten!“ Und weiter schreibt Deutschlands größte Boulevardzeitung:
„An jenem 23. Mai hat dieser Staat, dem wir uns und unsere Kinder anvertrauen, Susanna grauenvoll im Stich gelassen. Mit diesem tödlichen Wahnsinn muß endlich Schluß sein. Und die Bundesregierung sollte den Anstand haben, Susannas trauernde Familie um Verzeihung zu bitten.“
Bild war medialer Vorreiter der Kampagne für offene Grenzen
Doch was hat die Bild-Zeitung gemacht, damals, als die Bundespolizei zurückgehalten wurde, die Grenzen zu schließen? Was hat der damalige Bild-Chefredakteur Kai Diekmann getan, kurz bevor der mutmaßliche Mörder Ali Bashar die Grenze nach Deutschland ungehindert passieren konnte?
Bild war der mediale Vorreiter der Kampagne der offenen Grenzen. Kai Diekmann war stolz darauf, das bis dahin von linksextremen Antifa-Gruppen verwendete Motto „Refugees welcome“ (Flüchtlinge willkommen) für eine gigantische Bild-Kampagne übernommen zu haben.
Noch am 9. September 2015 hatte Bild gejubelt: „Hingucker im Bundestag – Gabriel trägt Bild-Button.“ Der damalige SPD-Chef und Vizekanzler hatte sich diesen Sticker ans Rever geheftet und damit auf der Regierungsbank im Glauben platzgenommen, damit seine Popularität steigern zu können. Vorwurfsvoll notierte Bild damals, daß Merkel den Button nicht getragen habe.
Auch Köln brachte das Blatt nicht zur Besinnung
Die Kanzlerin mag vielleicht an solche Fingerzeige gedacht haben, als sie sich drei Tage später, am 12. September um 17.30 Uhr per Telefon mit den Ministern und Parteichefs Horst Seehofer, Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier, Thomas de Maizière und Peter Altmaier zusammenschalten ließ und es um den Einsatzbefehl der Bundespolizei an der bayerischen Grenze ging. Ihre Entscheidung kennen wir.
Als Merkel die Grenzen öffnete, verlangte Bild-Chef Diekmann von den Vereinen der 1. und 2. Bundesliga, sie sollten mit dem Bild-Button „Refugees welcome“ zu ihren Spielen auflaufen. Die meisten Vereine knicken sofort ein. Als sich der FC St. Pauli jedoch verweigerte, trat Diekmann einen Shitstorm los, indem er twitterte: „Darüber wird sich die AfD freuen: Beim FC St. Pauli sind Flüchtlinge nicht willkommen.“ Diekmann wußte, daß der linke Fußballklub die Kampagne vor allem wegen Bild ablehnte, nicht wegen des Mottos.
Als nach der berüchtigten Silvesternacht von Köln 2015/16, in der ein riesiger Mob von arabischen Männern massenhaft Frauen sexuell belästigt hatte, Kritik an der Flüchtlingspolitik lauter wurde, kam Bild noch immer nicht zur Besinnung. Im Februar 2016 kritisierte der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Lengsfeld Bild und forderte das Springer-Blatt auf, seine Kampagne „Refugees welcome“ zu beenden.
Applaus von Grünen und Linkspartei
Daß auf dem Twitter-Profil des Springer-Blattes Kinder gezeigt würden, die einen Stacheldraht durchqueren oder winkend hinter einer Busscheibe stehen, könnte als „Einladung nach Deutschland“ verstanden werden, meinte Lengsfeld damals. „Diese Botschaft ist in der jetzigen, für Deutschland und Europa so essentiellen Diskussion über die Reduzierung von Zugangszahlen, die Sicherung der europäischen Außengrenzen und eine gerechte Verteilung von tatsächlich Schutzbedürftigen mißverständlich und nicht hilfreich.“ Das Blatt solle die Kampagne deswegen „in ihrer jetzigen Form“ beenden.
Die Zeitung schlug mit äußerste Härte gegen den CDU-Politiker zurück. Der damalige Online-Chef und heutige Gesamt-Chefredakteur, Julian Reichelt, erklärte: „Wie können Sie es wagen, ein Foto von einem Kind, das durch Stacheldraht kriecht ‘emotional aufgeladen’ zu nennen.“ Medienschelte sei ein Ausdruck „größter Hilflosigkeit“. Lengsfeld habe „nichts, aber auch gar nichts vorzuweisen“, empörte sich Reichelt. Lengsfeld habe eine Mitschuld am „Totalversagen“ der Politik in der Asylkrise. Die Bild vertrete „christliche Werte“ und werde deswegen ihre Kampagne fortsetzen.
Damals bekam Bild frenetischen Beifall von den Grünen und der Linkspartei. Labsal offenbar für die Seelen in der Chefetage des Springer-Verlages, in der viele der heutigen Verantwortlichen sich für die klare konservative Linie des Gründers, Axel Springer, schämen.
Die Zeitung ließ die Kampagne still und leise einschlafen
Bild hat sich nie für seine unsägliche Rolle in der Flüchtlingskrise 2015/16 entschuldigt. Die Verantwortlichen des Springer-Verlages und von Bild haben die „Refugees welcome“-Kampagne still und leise einschlafen lassen. Jetzt wollen sie davon nichts mehr wissen. Schuld sind die anderen.
Kai Diekmann räumte seinen Chefsessel am 1. Januar 2016, blieb jedoch Herausgeber der Bild-Gruppe bis zu seinem Ausscheiden Ende Januar 2017. Sein Nachfolger Julian Reichelt könnte jetzt mit gutem Beispiel vorangehen und für das Versagen von „Bild“ um Verzeihung bitten.