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Meinung: Fake News und Alternative News

Meinung: Fake News und Alternative News

Meinung: Fake News und Alternative News

Trumpeltier
Trumpeltier
US-Präsident Trump als Trumpeltier auf dem Mainzer Rosenmontagsumzug Foto: picture alliance/dpa
Meinung
 

Fake News und Alternative News

Ist Ihnen schon etwas aufgefallen? Fake News kommen immer nur von rechts. Ist ja auch klar: Linke lügen nicht, die irren sich nur (leider viel zu oft). Ein Kommentar von Thomas Fasbender.
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Ist Ihnen schon was aufgefallen? Fake News kommen immer nur von rechts. Ist ja auch klar: Linke lügen nicht, die irren sich nur (leider viel zu oft). Und die Merkel-Anbeter, die ihren Kopf im Mainstream über Wasser halten, sind so reinen Herzens, daß die Wahrheit ihnen alternativlos erscheint.

Nun kann, das wußte schon Schillers Tell, der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Bis vor kurzem gab es von der Sorte nur einen, den Putin Wladimir in seinem Moskauer Eis- und Schneepalast. Seit Jahren säen seine dick bepelzten Trolle, von Wodka und Pervitin befeuert, Zwietracht in die europäischen Herzen.

Und die Saat ging auf, eine Teufelssaat. Töchter glauben ihren Müttern nicht mehr, Söhne nicht mehr den Vätern. Die Leser mißtrauen den Zeitungen, die Zuschauer dem TV (sogar dem öffentlich-rechtlichen). Der Herr Pfarrer ist längst abgeschrieben, inzwischen auch die Bundeskanzlerin.

Trommelfeuer der Fake News aus Ost und West

Das Schlimmste: Gab es bislang nur einen bösen Nachbarn, sind es seit kurzem zwei. Einer im Osten – der Putin Wladimir – und einer im Westen – das Trumpeltier Donald. Und in der Mitte Deutschland, einst stolzes und Heiliges Römisches Reich, irgendwann immerhin noch Vaterland, heute Territorium mit Bevölkerung. Keine Geschichte mehr, die es zu erzählen gibt, kein Bild von uns selbst, nur noch Dasein. Zersplittert in Neben- und Parallelgesellschaften, glaubenslos im Trommelfeuer der Fake News aus Ost und West, harren wir der Vollendung der Geschichte entgegen.

Genug des Spotts. Was sind das überhaupt: Fake News, Alternative News? Ganz sicherlich sind es Behauptungen zu Ereignissen, oder angeblichen Ereignissen, die sich nicht auf tatsächliche Vorgänge beziehen oder diese unzureichend beziehungsweise unangemessen wiedergeben. Als Beispiel der Klassiker vom 1. Januar 2016: „Die Polizei Köln zieht Bilanz. Wie im Vorjahr verliefen die meisten Silvesterfeierlichkeiten auf den Rheinbrücken, in der Kölner Innenstadt und in Leverkusen friedlich.“

Nicht identisch mit Lügen

Warum Klassiker? Weil Fake News eben nicht identisch mit Lügen sind. Lügen sind billig; jeder Feigling lügt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Fake News sind mehr, sind synthetische Wirklichkeit. Fake News vermischen das, was hätte sein sollen, mit dem, was war. Fake News verbrämen die Wahrheit mit dem Wünschenswerten.

Bleiben wir in Köln: Natürlich hätten die jungen Männer, übrigens mehrheitlich Gäste der deutschen Bundeskanzlerin, sich in der Silvesternacht 2015 nicht massenhaft, tausendfach und grenzenlos enthemmt über deutsche Frauen hermachen sollen. So hatten sich auch die Gutmenschen, die Willkommenskulturisten und Flüchtlingshelfer das nicht vorgestellt. Auch nicht das Kanzleramt. Dennoch war geschehen, was geschehen war.

Halten wir inne. Das mit den Fake News sollte klar sein. Falls es noch Fragen gibt – der Kölner Polizeibericht vom 1. Januar 2016 gibt Antwort. Kommen wir nun zu den Alternative News. Was steckt dahinter?

Konjunktivische Form der Wahrheit

Prominenz erlangt hat der Begriff, nachdem die US-Präsidentenberaterin Kellyanne Conway das Einreiseverbot für Bürger einer Reihe überwiegend islamischer Länder wie folgt verteidigte: „Ich wette, daß es den Leuten völlig neu ist, daß Präsident Obama einen sechsmonatigen Einreisestopp für irakische Flüchtlinge verfügte, nachdem zwei Iraker in dieses Land kamen, sich radikalisierten und zu den Drahtziehern des Massakers in Bowling Green wurden.“

In der Tat hatten zwei Iraker vor Jahren versucht, von Bowling Green, Kentucky, aus Geld und Waffen an die Terrororganisation al Qaida im Irak zu schicken. Daraus wurde nichts, die beiden sitzen heute noch, und ein Massaker hat es in Bowling Green, wo man eher der Langeweile erliegt als einem Terroranschlag, nie gegeben.

Das macht aber nichts. Immerhin beleuchtet das Beispiel den Unterschied zwischen Fake News und Alternative News. Fake News, das hatten wir schon, betreffen Ereignisse, die nicht geschehen sind (oder die geschehen sind), aber geschehen hätten sollen – oder nicht geschehen hätten sollen. Alternative News hingegen betreffen Ereignisse, die geschehen hätten können. Alternative News sind die konjunktivische Form der Wahrheit – Realität als versäumte Möglichkeit.

Die Wirklichkeit nicht wörtlich nehmen

Übersetzt in die Welt: zwei Iraker, Waffen, Geld, eine Stadt in Kentucky – da war ein Massaker so gut wie programmiert. Daß es nicht dazu kam … ja mei. Man darf die Wirklichkeit nicht wörtlich nehmen. Mitunter ist die Wahrscheinlichkeit, also das, was zu erwarten gewesen wäre, viel bedeutender, als was am Ende wirklich passiert.

Das Ganze ist kompliziert. Ein anderes Beipiel: die besagten Zweifel, die Skepsis unter dem Volk, die wachsende Distanz zu den Eliten. Schon träumen die Ersten vom Umsturz. Da ergibt es Sinn, aus Sicht derer da oben, prophylaktisch vorzusorgen. Umsturz – wenn so etwas je geschehen sollte, sind Putins Trolle schuld, die besagten Eingepelzten. Nicht unser braves Volk jedenfalls, alles gute, anständige Leute. So läuft es immer. Das letzte Mal hatten Fake und Alternative News vor 100 Jahren Konjunktur, 1917, in Rußland und auf russisch. In Deutschland vor 1848. In Paris um 1830. Und 1789. Fake News und Alternative News gab’s schon im alten Rom.

US-Präsident Trump als Trumpeltier auf dem Mainzer Rosenmontagsumzug Foto: picture alliance/dpa
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