Achtundsechzig Jahre nach der Zwangsvereinigung der SPD mit der KPD und gerade mal 25 Jahre nach dem Mauerfall ist es nun also soweit: Die Thüringer SPD macht den Steigbügelhalter und verhilft einem kommunistischen Ministerpräsidenten von der SED-PDS-„Linken“ in den Sattel.
Man könnte das mit der Springer-Presse als „demokratische Normalität“ abtun, wäre diese „Normalität“ nicht so eine dreist einseitige. Das einstimmige Votum des Thüringer SPD-Landesvorstands für eine rot-rot-grüne Koalition ist in der Logik der Parteipolitiker kein „Tabubruch“ und kein „Sündenfall“, es entspricht dem „antifaschistischen Grundkonsens“, den die politische Klasse aus der Erbmasse der „DDR“ übernommen und an die Stelle des antitotalitären Grundkonsenses gesetzt hat. Die CDU, die daran eifrig mitgewirkt hat, braucht sich über die Folgen heute nicht zu beklagen.
Das Jammern der CDU ist heuchlerisch
Das Umarmen von Linksextremisten und ihren parlamentarischen und parteipolitischen Ablegern ist in dieser Logik allenfalls eine läßliche Sünde, recht eigentlich aber fortschrittlich, weil die ja auf der richtigen Seite stehen. In unverschämt selbstgerechter Plattheit vertritt diese dialektische „DDR“-Denke die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi, die eben noch im Chor mit CDU-Griesgram Wolfgang Schäuble ein „breites Bündnis“ zur „Ächtung“ der AfD gefordert hat, die wegen Europafeindlichkeit und so „für niemanden als Koalitionspartner in Frage kommen“ könne – und uns heute erklärt, im Bund wolle die SPD erst mal nicht mit den Kommunisten koalieren, wegen Differenzen in Sachen EU und transatlantischer Gefolgschaftstreue, aber auf Landesebene sei das ja was ganz anderes.
Und wen kümmern schon die unreifen linksextremen Früchtchen und unbelehrbaren Stasi-Zuträger in der Fraktion des West-Linken Ramelow mit der biederen Maske, wenn es um die Macht geht? Für SPD-Chef Sigmar Gabriel ist das Erfurter Votum nur ein weiterer Schachzug auf dem Weg zur Kanzlerschaft an der Spitze einer Linksaußen-Koalition, da kann seine Generalsekretärin heucheln, was sie will.
Selbstmord aus Angst vor dem Tod
Fragt sich nur, welche Perspektive sich die Thüringer SPD-Führung da ausrechnet, wenn sie aus dem eigenen Mißerfolg in der Koalition mit der Union in die Arme der Kommunisten flüchtet und damit sozusagen Selbstmord aus Angst vor dem Tod begeht. Als zweite Geige unter „Linken“, die sich als wahrer Hüter des sozialdemokratischen Erbes inszeniert, wird sich die SPD jedenfalls noch weniger profilieren können als in ihrer bisherigen Rolle als Juniorpartner der Alles-geht-CDU.
Die Basis-Abstimmung über die Entscheidung des Parteivorstands, spätestens aber die Abstimmung im Landtag über den künftigen Ministerpräsidenten wird zeigen müssen, ob es in der Thüringer SPD noch Sozialdemokraten gibt – oder ob die Sozialdemokratie auf eine zweite Vereinigung mit den Kommunisten zusteuert. Freiwillig, diesmal.