Im Rechtsstreit der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz geht es auch um den „ethnischen Volksbegriff“, den ihr dieser vorwirft. Droht nach der gerichtlichen Niederlage der Partei vergangene Woche in Köln nun das „deutsche Volk“ grundgesetzwidrig zu werden? Fragen an den renommierten Freiburger Verfassungsjuristen Dietrich Murswiek.
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Noch zum Folgenden:
In 1949 war die Frage, was denn (u.a.) diese gemeinsame Identität ausmacht, die jenes Staatsvolk konstituiert, daß da diese neue Republik namens Bundesrepublik Deutschland gründet, leicht zu beantworten:
Das waren genau diejenigen, die 1. soeben einen Krieg verloren hatten und einiges aufzubauen hatten und 2. sowohl die Alleinschuld am 14-45er Krieg hatten als auch die Schuld am Holocaust.
Als Angehöriger des Staats v o l k s kann nur gelten, wer dieses Erbe mit allen Konsequenzen annimmt.
„Das Volk, dem das GG die Souveränität zuspricht, ist nicht das ethnische, sondern das Staatsvolk. ….“
Das ist m.E. ein falsches Verständnis der Freistaat-Idee.
Ein echter Freistaat, der nicht um drei Ecken herum doch wieder ein Obrigkeitsstaat ist, wird durch ein Staatsvolk erst geschaffen.
Als erstes muß mal ein Staatsvolk da sein. Und nicht ein Grundgesetz.
Dieses Staatsvolk ist nicht notwendigerweise ethnisch homogen, es ist aber mental homogen: Es hat eine gemeinsame Identität, die dadurch entsteht, daß alle, die das Staatsvolk bilden, etwas Gemeinsames haben, nämlich, daß alle sich gegenseitig als Ihresgleichen ansehen.
Nur eine Gemeinschaft mit einer solchen Identität kann überhaupt einen gemeinsamen G r u n d konsens haben. Ohne einen solchen Konsens -d a n n schriftlich dokumentiert in seiner Verfassung- hat ein Freistaat keine Grundlage
Das Staatsvolk i s t (und bleibt) souverän, die Verfassung ist sein Geschöpf. Wie kann ein Geschöpf seinem Schöpfer irgendwas verleihen?
Das Staats v o l k hat natürlich die Freiheit, Minderheiten als Staats b ü r g e r (mit allen Rechten) hinzuzunehmen, auch wenn die an ihrer Identität festhalten und Assimilation verweigern.
Dem schleichenden Ersatz des Volks durch „Bevölkerung“ entspricht der Ersatz der „Bürger“ durch die „Menschen“.
Der Politikersprech ist dabei Vorreiter, die juristische Anpassung an den Zeitgeist wird sicherlich folgen.
Deswegen ist in den letzten Jahren auch so wenig von „Bürgerrechten“ die Regel gewesen. Dieses Wort hört man so gut wie nicht mehr.
Bürgerrechte werden zunehmend auf das – Entschuldigung – Ramschniveau der allgemeinen Menschenrechte zusammengekürzt.
Es ist Teil der Entdemokratisierungsbewegung.
Politische Teilhabe von Citoyens in einer Bürgergesellschaft, sofern sie nicht durch die großen Parteien zuvor in die gewünschten Bahnen kanalisiert wird, ist unerwünscht.
Das souveräne Gemeinwesen des mündigen Volks wird durch eine von Fachleuten („Experten“) und Technokraten zu betreuende „Bevölkerung“ ersetzt.
Bürgerrechte gelten heutzutage als unverdiente Privilegien, die Staatsbürger gegenüber Zuwanderern und deren Nachkommen genießen.
Sie werden als Unrecht empfunden, als Diskriminierung und Benachteiligung von Nichtstaatsbürgern.
Deswegen möchte man alle zufällig gerade hier lebenden Menschen einbürgern und gleichzeitig die Bürgerrechte inhaltlich aushöhlen.
… oder der Ersatz von „Deutschen“ durch „Menschen in Deutschland“.
Solch eine Formulierung würde sich heute noch nicht einmal mehr die CSU trauen. 🙂
„Das Volk, dem das Grundgesetz die Souveränität zuspricht, ist nicht das ethnische, sondern das Staatsvolk.“
Würde mich interessieren wo dies festgelegt ist oder ob es sich hier um die Ansicht des Professors handelt.
Ich sehe es anders, ausgehend davon, dass den Schaffern des GG keine massiven Zuwanderungen aus Afrika & Nah- & Mittelost bekannt waren und historisch rückblickend abgesehen vom Industriezeitalter, das im 19 Jahrhundert viele Osteuropäer ins Ruhrgebiet trieb in Europa größere Veränderungen der „Völker“ vor allem durch Kriege und Grenzveränderungen stattfand, dabei jedoch durch die gleiche Kultur der Übergang unmerklich war.
Das vor und während des 1. & 2. Weltkriegs in Europa Massen von Afrikanern & Arabern verbreitet waren ist zumindest durch Fotos & Filmaufnahmen nicht belegbar. Selbst zeitgenössische Literatur berichtet davon nicht.
Man kann also davon ausgehen, dass verschiedene Völker als Staatsvolk für das GG nicht existent waren, sondern es um das eine deutsche Volk ging.
Mit Blick auf das maurische Spanien und mehrfachen Osmanen vor Wien hätte man bei hohen Moslemanteilen im Land wohl der Religionsfreiheit einer importierten Machtreligion auch Grenzen gesetzt.
„nicht das ethnische, sondern das Staatsvolk“
Ein ethnisch-„reines“ Volk, das deutsche ebenso wie alle anderen, war sowieso nie Realität sondern ein Hirngespinst. Darum geht es auch garnicht.
Es hat zu allen Zeiten das Phänomen der Assimilation gegeben. Assimilation ist kein Hirngespinst.
Assimilation ist jedoch -und das macht es kompliziert- etwas, das nicht so leicht beweisbar ist sondern mit einem „kann ja jeder sagen“ ausgehebelt werden kann.
Abgesehen von diesem Problem bedeutet „Staatsvolk“ die Gruppe der Menschen, die sich mit dem Staat identifizieren, in dem Sinne daß es ihre „Patria“ ist
Patria deutet schon auf das Ethnische, jedoch erweitert auf Assimilierte, also mental zur Abstammungsgemeinschaft gehörende.
Ich sehe immer wieder „Staatsvolk“ und „Staatsbürger“ in synonymer Verwendung. Das muß m.E. getrennt werden.
Die Bevölkerung (Merkels „Hierlebende“) sind die de-jure-Staatsbürger plus die-ohne-Paß. Die genießen die Menschenrechte. Die Staatsbürger genießen die Bürgerrechte
Die Staatsbürger setzen sich jedoch zusammen aus dem Staatsvolk plus „Minderheiten“, die etwas „eigenes“ sein wollen(!).
Der Staat „gehört“ dem Staatsvolk, es darf nicht Minderheit werden.
„Verfassungsrichter sind heute anders geprägt“…ist eine nachdenkeswerte Überschrift! Klar man macht mit, macht Macht und im Zweifel distanziert man sich! Machthuren nenne ich solche Juristen wie z.B. Theodor Mauz, Otto Koellreutter und ganz besonders Carl Schmitt. Nach oben werden sie trotzdem oder gerade fallen. So wie Globke unter Adenauer oder Frau Borchardt (nicht dass immer alten weißen Männer verdächtigt werden), welche es von der DDR Richterin zu Verfassungsrichterin im Rechtsstaat brachte. Wobei ich es gelassen sehen würde, wenn sie oder die anderen bis zum Rentenalter Scheidungsurteile an Amtsgerichten gefällt hätte. Soziale Unterstützung wäre nämlich nicht angebracht! Das Hamsterrad der Amtshuren muss offensichtlich im historischen Gleichlauf bleiben!
„Verfassungsrichter sind heute anders geprägt“
Das wundert auch wenig, denn bei uns existiert die Gewaltenteilung ja nur noch auf dem Papier.
An der Spitze des Verfassungsgerichts wurde der CDU-Parteisoldat Stephan Harbarth installiert, und unsere langjährige Bundeskanzlerin kungelte öffentlich mit den Richtern bei einem Abendessen im Kanzleramt.
Solange wie die CDU noch vorgaukelte, eine konservative und patriotische Partei zu sein, fiel der Mangel nicht weiter auf, aber seit auch sie sich dem „Kampf gegen Rechts“ verschrieben hat und es ihr bloß noch um das „Wohl“ ihrer Partei als Machtmaschine geht, ist die Maske gefallen.
Japan und Israel (ich glaube auch Dänemark) – um nur drei Beispiele zu nennen –
wollen ihre Völker in ihrem ethnischen Bestand erhalten.
Diese Staaten wären gemäß Verfassungsschutz und einiger Verwaltungsgerichte
keine demokratischen Staaten.
Die Beziehungen zu diesen rechtsextremistischen Staaten müßten ja dann abgebrochen
werden.
Vielen Dank für dieses klärende Interview eines ausgewiesenen Fachmanns. Aus dem geht m. E. hervor, daß der nur am Staatsvolk orientierte, ansonsten beliebig dehnbare Volksbegriff des BVerfG’s unhaltbar ist. Hier geht es um die grundlegende Frage eines Gemeinwesens überhaupt: Wer gehört dazu, und welches Selbstverständnis hat diese Kollektivsublekt? Früher war es selbstverständlich, daß eine Verfassung für das Volk da ist. Heute ist das Volk für die Verfassung da. Das ist eine Perversion, die keine wie immer gearteten Wurzeln in der deutschen Verfassungsgeschichte hat und auch durch die Geschichte widerlegt wird. Verfassungern sind gekommen und gegangen, das deutsche Volk aber blieb bis heute bestehen, wenn auch immer mehr überfremdet und „von innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi verdünnt“. Das Ziel der Bundesregierungen seit Bk Schröder ist die Auflösung des deutschen Volkes in einer amorphen multikulturellen Gesellschaft, in der jede andere Nationalität ihre Identität entfalten kann. Daß in einem Urteil von 2001 extra festgestellt werden muß, was selbstverständlich ist, zeigt die Verdrehtheit der rotgrünen Ära.
1)“Früher war es selbstverständlich, daß eine Verfassung für das Volk da ist. Heute ist das Volk für die Verfassung da.“
Hier muß man im Auge behalten, daß der Begriff „Volk“ in zweierlei Zusammenhängen verwendet wird, mal in Perspektive auf den „klassischen“ Obrigkeitsstaat, mal in Bezug auf den auf Ideen der Aufklärung beruhenden Freistaat (Republik).
Ein Obrigkeitsstaat hat garkeine Verfassung. Weil er keine braucht.
Alle Staatsgewalt im Obrigkeitsstaat (typischerweise ein sich religiös „von Gottes Gnaden“ legitimierender Gottesstaat) geht vom „Herrscher“ aus. Diese Gewalt wird ungeteilt ausgeübt. Warum? Weil er es kann. Darum ist er ja der Herrscher. Und umgekehrt.
Im Obrigkeitsstaat ist „Volk“ alles, was nicht der Herrscher zuzüglich seiner Entourage (Prinzen, Große-des-Reiches, Heerführer, …) ist. Und dem Herrscher untertan ist, weil im Machtbereich (Staatsgrenzen) des Herrschers lebend.
Im Freistaat gehts anders herum.
Jeder Mensch ist frei „und wär er in Ketten geboren“. Individuen stehen aber in Konkurrenz zueinander und schlagen sich gegenseitig tot. Darum schließen sich Individuen, die „sich untereinander als Ihresgleichen ansehen, zu einem „Volk“ zusammen.
2) Dieses „Volk“ als Zusammenschluß der Freien hat den Vorteil, daß man sich nicht mehr gegenseitig totschlagen muß, sondern sich zusammen gegenüber anderen Zusammenschlüssen behaupten kann (freilich auch zusammen andere attackieren kann).
Wie kommt dieses „sich einander als seinesgleichen ansehen“? Zunächst einmal durch Verwandschaft (Familie, Sippenverband), schließlich aber durch über Generationen sich entwickende gemeinsame Kultur. Und natürlich Sprache (bindet Einheimische und grenzt Fremde aus)
Ein Volk hatte früher immer einen Herrscher.
Die Idee des Freistaats besagt jedoch, daß ein Volk der Freien sich einen Staat se l b e r schaffen kann. Da es den Staat selber erschafft, bleibt es in diesem Staat sein eigener Herr. Alle Gewalt geht weiterhin vom Volke aus.
Jeder Staat braucht eine Regierung. Das soll aber nicht gleich wieder ein Herrscher sein. Darum wählt das Volk sich Repräsentanten, die Gesetze beschließen und eine Regierung, die alles im Einklang mit den Gesetzen organisiert. Schließlich die Dritte Gewalt, die die Gesetze für die Einzelfälle interpretiert.
3) Da die Repräsentanten mit Mehrheit entscheiden müssen, würde die jeweilige Minderheit rechtlos werden.
Darum hat jeder Bürger Grundrechte, die ihm nicht per Gesetz entzogen werden können. Diese Grundrechte stehen in der Verfassung. Außerdem die Staatsidee und noch verschiedenes.
Die Verfassung und die Grundrechte sind der quasi überzeitliche G r u n d konsens des den Freistaat tragenden Volkes. Dieser Konsens besteht, weil die Angehörigen des Staats-Volkes sich untereinander als ihresgleichen ansehen. Sind unter den Staatbürgern welche, die sich „als etwas anderes“ ansehen, dann sind sie nicht mehr Träger des Konsenses und haben sich damit de facto aus dem Staatsvolk „entfernt“.
Solche sind aber noch keine Verfassungsfeinde. Dazu müßten sie eine Vereinigung bilden um so stark zu werden, daß sie die Träger des Staatskonsenses „rauskicken“ können.
Die AfD und ihr „Kosmos“, das sind ja offenbar nicht die, die sich aus dem Staatskonsens entfernt haben.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die gesellschaftliche Macht liegt bei denen, die sich aus dem Konsens von 1949 entfernt haben.
DIE sind die Verfassungsfeinde, die jetzt die Anhänger des 1949er Konsenses „rauskicken“ wollen.
Wenn also politisch Verfolgte, zB aus dem Balkan, nur lange genug aushalten,, gilt der § 73 (Die Gewährung von Asyl endet mit Wegfall des Fluchtgrundes.) nicht mehr ? Ein Gummiparagraph wie das Passgesetz oder das Grundgesetz (Art16a(2) ) ? Das nennt ihr dann Rechtsstaat ?
Stellen wir uns vor, Honecker hätte seine obersten Richter zum Essen und Austausch ins Staatsratsgebäude geladen – Von dem (berechtigten)Geschrei aus dem Westen hätten wir noch heute Ohrenschmerzen.
Noch eine Bemerkung : Solange in der BRD, wie in Nordkorea und noch ganz wenig anderen Staaten, die Staatsanwälte weisungsgebunden sind (GVG 146,147), erkenne ich die Rechtsstaatlichkeit dieses Landes nicht an. So bekommen wir immer den politischen Gegner, nicht aber zB Dr.Merkel vor ihre Richter. Ich hoffe, das überlebt die Moderation.
Ja, Deutsche sind jetzt verfassungswidrig.
Insbesondere gilt das für Siebenbürger Sachsen, Wolgadeutsche, Sudetendeutsche, aber auch Deutsch-Brasilianer oder Deutsch-Amerikaner.
Denn die können sich bei ihrer Selbstbezeichnung ja nicht auf ihre Staatsbürgerschaft herausreden!
Die Präambel des Grundgesetzes muß dringend geändert, also vom Kopf auf die Füße gestellt werden.
Erstens ist dort noch von einem „Gott“ die Rede (welch Anachronismus!), und dann auch noch diese Geschichtsverdrehung, ein „deutsches Volk“ habe „sich das Grundgesetz gegeben“. So als ob es sich um einen demokratischen statt autoritären Akt gehandelt hätte.
So wird ein Schuh draus:
Die Götter hießen Alliierte.
Ihr Grundgesetz hat von oben das deutsche Volk gegründet. Und zwar als Staatsvolk. Das waren schlicht alle Menschen, die zum Stichtag 23. Mai 1949 auf dem Gebiet der drei Besatzungszonen herumliefen, sofern sie nicht bereits über eine andere Staatsbürgerschaft verfügten.
(P.S. Erst beim Schreiben dieser ironischen Zeilen fiel mir auf, wie nah tatsächlich die gründeutsche Geschichtsinterpretation an der „Reichsbürger“-Ideologie inhaltlich dran ist. Der Unterschied liegt lediglich in der Bewertung.)
„Das waren schlicht alle Menschen, die zum Stichtag 23. Mai 1949 auf dem Gebiet der drei Besatzungszonen herumliefen, sofern sie nicht bereits über eine andere Staatsbürgerschaft verfügten.“
Diese so definierte „Gruppe von Menschen“, das waren damals die, die deshalb keine andere Staatsbürgerschaft hatten, weil alle anderen Menschen mit „denen“ nichts zu tun haben wollten.
Damals hätte man die Grenzen nicht kontrollieren müssen. Abgesehen von ein paar Zuzüglern gemäß Artikel 116 (2) wäre da niemand gekommen.
Warum nicht: „Die“ hatten gerade den Krieg verloren, und es gab bei „denen“ nichts zu holen. Außerdem, wer wollte denn „einer von denen“ sein, die „am Holocaust schuld sind“.
Ganz anders heute …
Obwohl, „am Holocaust schuld“ sind weiterhin nur Die Deutschen. Es ist also nicht so wie Özuguz meinte, daß „Deutsche, mit Ausnahme der Sprache, als Gruppe nicht erkennbar“ seien.
Als Adressat von Ansprüchen, da braucht man „diese Gruppe“, aber deren Staat soll Allen Menschen gehören.
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