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AfD und Verfassungsschutz: „Wir werden durch alle Instanzen gehen“

AfD und Verfassungsschutz: „Wir werden durch alle Instanzen gehen“

AfD und Verfassungsschutz: „Wir werden durch alle Instanzen gehen“

Der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand, Alexander Wolf, gibt sich trotz des Verfassungsschutz-Urteils kämpferisch Foto: picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt
Der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand, Alexander Wolf, gibt sich trotz des Verfassungsschutz-Urteils kämpferisch Foto: picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt
Der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand, Alexander Wolf, gibt sich trotz des Verfassungsschutz-Urteils kämpferisch Foto: picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt
AfD und Verfassungsschutz
 

„Wir werden durch alle Instanzen gehen“

Laut Urteil des Verwaltungsgerichts Köln darf der Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall einstufen. Der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand, Alexander Wolf, äußert sich gegenüber der JUNGEN FREIHEIT zu der Entscheidung und die Folgen für die Partei.
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Laut Urteil des Verwaltungsgerichts Köln darf der Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall einstufen. Der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand und Vize-Vorsitzender der Partei in Hamburg, Alexander Wolf, äußert sich gegenüber der JUNGEN FREIHEIT zur Entscheidung des Gerichts.

Im Oktober vergangenen Jahres sagten Sie, die AfD könne „auf einen großen Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Köln hoffen“. Diese Hoffnung war offensichtlich trügerisch … 

Alexander Wolf: Ja, leider. Auch wenn wir teilweise obsiegt haben. Denn es wurde auch festgestellt: Die AfD ist nicht erwiesen extremistisch; der Ex-„Flügel“ ist nicht gesichert extremistisch. Und die Schätzung von 7.000 (Ex-)„Flügel“-Anhängern innerhalb der AfD durch den Verfassungsschutz war und ist rechtswidrig.

Aber: In der Hauptfrage, ob der Verfassungsschutz (VS) uns als sogenannten Verdachtsfall einstufen und beobachten darf, haben wir erst mal verloren – und das ist bitter, das hätte ich angesichts unseres intensiven und dichten Vortrags so nicht unbedingt erwartet, auch wenn ich mit der Möglichkeit natürlich rechnete – vor Gericht und auf hoher See …

„Wir müssen diszipliniert bleiben“

Mit über tausend Seiten Schriftsatz und 29 Aktenordnern Anhang haben Ihre Anwälte auf die Vorwürfe des Bundesamts für Verfassungsschutz reagiert. Nun urteilten die Richter, die AfD habe „lediglich pauschales Bestreiten entgegengesetzt“. Hat sich dieser – auch finanzielle – Aufwand also überhaupt gelohnt? Oder haben nicht vielmehr jene innerparteilichen Kritiker Ihres Vorgehens recht, die fatalistisch meinten, die VS-Beobachtung komme sowieso?  

Wolf: Diese Aussage der Richter – „lediglich pauschales Bestreiten entgegengesetzt“ – ist so was von abwegig. Wir haben nicht nur die Arbeitsweise des politisierten VS kritisiert. Wir sind zugleich auf jede einzelne Behauptung des VS eingegangen – nicht nur mit unserem historischen Riesenschriftsatz von rund 1.400 Seiten samt Anlagen, sondern auch mit mehreren weiteren Schriftsätzen – im Februar nochmals auf über 500 Seiten. Diese Behauptung des Gerichts ist derart haltlos, als wenn man Sisyphos vorwerfen würde, er tue nichts.

Der Aufwand hat sich gelohnt – denn wir zwingen den VS zur Rechtfertigung. Und auch wenn wir hier in dieser ersten Instanz unterlegen sind, so ist damit das letzte Wort noch lange nicht gesprochen.

Die Behauptung, die VS-Beobachtung komme sowieso, ist falsch. Denn zum einen haben wir immer noch einen funktionierenden Rechtsstaat, bei dem wir beispielsweise Versammlungslokale erfolgreich einklagen. Vor allem ist die Behauptung hochgefährlich, denn sie bedeutet im Ergebnis: „Jetzt können wir die Sau rauslassen.“

Wir müssen aber diszipliniert bleiben, dürfen uns nicht von Hasardeuren und bezahlten Provokateuren von unserem erfolgreichen Kurs einer bürgerlich-konservativen Partei abbringen lassen.

Salopp formuliert haben die Richter den „Flügel“ ent- und die Gesamtpartei belastet. Das ist doch Wasser auf die Mühlen derjenigen, die behaupten, die ganze „Abgrenzeritis“ bringe überhaupt nichts. Hat das Urteil vielleicht etwas Gutes, indem es die AfD zusammenschweißt? 

Wolf: Das sind ganz unterschiedliche Punkte. Ja, es schweißt uns sicher – so hoffe ich jedenfalls – zusammen. Und nein, „Abgrenzeritis“ ist ein negativer Kampfbegriff, der polemisch verwandt wird. Ohne „rote Linien“ sind wir zum Scheitern verurteilt, wie viele andere Parteiprojekte rechts der Union in der Geschichte der Bundesrepublik.

Wir können Deutschland nur retten, mitgestalten, wenn wir für breite bürgerliche Wählerschichten wählbar sind. Gefährlich sind wir für die Altparteien nicht, wenn wir möglichst lautstark mit der Keule um uns schlagen und Fundamentalopposition betreiben. Das macht es denen nur leicht, uns in eine radikale Ecke zu stellen. Viel gefährlicher sind wir für CDUSPDGRÜNEFDP, wenn wir mit dem Florett und den besseren Argumenten die Wähler überzeugen.

„Für unser Grundgesetz ist das deutsche Volk zentral“

Ungemütlich wird es jetzt für Beamte in der Partei. Haben Sie eine spezielle Strategie, um deren Abwanderung zu verhindern? 

Wolf: Nein, es wird nicht „ungemütlich“ für Beamte. Eine Verdachtsfall-Beobachtung – und nur um die geht es hier – hat keinerlei negative Auswirkungen. Und im Übrigen kommt es auf jeden einzelnen selbst an. Wir haben dazu bereits vor längerer Zeit ein Gutachten erstellen lassen, und den Beamten eine konkrete „Handreichung“ mitgegeben. Diese haben wir bereits vor einiger Zeit und jetzt nochmals rund um den Gerichtstermin zirkuliert und beraten auch.

Das Wichtigste ist jetzt, Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu verfallen. Denn das wollen die Altparteien und die Mainstreammedien doch nur – daß wir uns ins Boxhorn jagen lassen, die Gemäßigten die Partei verlassen und dann ein Prozeß der Selbstradikalisierung eintritt. Aber diesen Gefallen werden wir ihnen nicht erweisen!

Eine zentrale Rolle spielt bei der Entscheidung der „Ethnische Volksbegriff“. Wie bewerten Sie diese Argumentation und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? 

Wolf: Für unser Grundgesetz ist das deutsche Volk zentral; das „Deutsche Volk“ hat sich dieses Grundgesetz gegeben. Das ist etwas anderes als die „Bevölkerung in den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland“.

Artikel 116 Grundgesetz spricht ausdrücklich – neben der Staatsangehörigkeit – auch von deutscher Volkszugehörigkeit. Und für unser Staatsangehörigkeitsrecht war bis zum Jahr 2000 die Abstammung zentral.

Das Problem ist, daß die politische Klasse seit Jahren dieses Verständnis des Grundgesetzes auf den Kopf stellt, und daß die Gerichte, das politisierte Bundesverfassungsgericht und weitere Gerichte, dem folgen. So erklärte das OVG Berlin-Brandenburg Mitte letzten Jahres, daß ein Festhalten an Unterschieden zwischen den Völkern gegen Artikel 1 des Grundgesetz, die Menschenwürde, verstoße. Das ist offenkundig absurd, ja verfassungswidrig – und wird zugleich von den Gerichten als geltendes Recht angewandt.

Wir müssen einerseits rechtsstaatlich darauf hinwirken, daß diese Fehlinterpretation des Grundgesetzes korrigiert wird. Und zugleich müssen wir angesichts dieser Rechtsprechung Reizbegriffe wie „Umvolkung“ und „Volkstod“ vermeiden – ohne uns zu verbiegen. Wir können alles so ausdrücken, daß bei Herrn Haldenwang und seinen Helfershelfern beim VS die Korken knallen – oder so, daß sie das nicht tun. Das ist die Verantwortung, der wir gerecht werden müssen.

„Am Ende gewinnt, wer den längeren Atem hat“

Welche Folgen hat die Entscheidung für den internen Richtungskampf der Partei? 

Wolf: Das ist schwer absehbar. Der VS, die Vertreter der Altparteien und die Mainstreammedien hoffen natürlich unverhohlen, daß sich die Bürgerlich-Gemäßigten geschwächt sehen, viele von ihnen austreten, und daß sich so radikalere Tendenzen in der AfD durchsetzen. Ebenso gibt es einzelne Destruktive, die hoffen, von einer solchen Radikalisierung zu profitieren – Stichwort: „Beutegemeinschaft“.

Ich denke, diesen Gefallen sollten und werden wir ihnen nicht tun. Ich bin überzeugt, daß die große bürgerlich-konstruktive Mehrheit der AfD auch weiterhin die Partei führen und prägen wird.

Sie sprachen einmal davon, die juristische Abwehr sei ein „Marathonlauf“. Was sind jetzt die nächsten Etappen? Wird die AfD sich juristisch weiter wehren? 

Wolf: Selbstverständlich werden wir uns auch juristisch weiter wehren. Wir haben die erste Instanz verloren. Berufung ist zugelassen. Ich bin mir sicher, daß der Bundesvorstand diese unrichtige Entscheidung der ersten Instanz nicht hinnehmen wird. Dazu ist der Rechtsweg da.

Wir gehen in die Berufung zum Oberverwaltungsgericht, die zweite Instanz – und notfalls geht es auch danach noch weiter. Bloß weil eine Schlacht verloren ist – auch wenn es eine bittere Niederlage ist – geben wir nicht auf. Am Ende gewinnt den Marathonlauf derjenige, der den längeren Atem hat.

Der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand, Alexander Wolf, gibt sich trotz des Verfassungsschutz-Urteils kämpferisch Foto: picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt
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