KÖLN. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die AfD als sogenannten Verdachtsfall einstufen. Das entschied das Verwaltungsgericht Köln am Dienstag abend. Es seien ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD vorhanden, teilte das Gericht mit.
Die Partei hatte dagegen vergeblich argumentiert, sie propagiere keinen ethnischen Volksbegriff. Auch sei polemische Kritik der AfD an anderen Parteien oder der Bundesregierung keine Kritik am parlamentarischen System.
Dem hielt das Gericht in seiner Urteilsbegründung entgegen, in der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) und dem formal aufgelösten rechten „Flügel“ sei ein ethnisch verstandener Volksbegriff zentrales Politikziel. Das steht laut Urteil im Gegensatz zum Volksbegriff des Grundgesetzes. Außerdem würden „Umvolkungs“-Vorwürfe erhoben. Zudem befinde sich die AfD in einem Richtungsstreit, in dem sich die verfassungsfeindlichen Bestrebungen durchsetzen könnten.
AfD-Chef Chrupalla überrascht und enttäuscht
AfD-Chef Tino Chrupalla zeigte sich überrascht und enttäuscht von dem Urteil. „Uns hat das Urteil zur Einstufung als Verdachtsfall überrascht. Wir teilen die Auffassung des Kölner Verwaltungsgerichts nicht. Wir hatten uns ein anderes Ergebnis erhofft; immerhin konnten wir uns mit zwei Anträgen durchsetzen.“ Er werde jetzt die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Danach soll entschieden werden, ob „weitere Rechtsmittel eingelegt werden“. Die Fraktionschefin der AfD im Bundestag, Alice Weidel, erklärte gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, die AfD werde sich „selbstverständlich weiter juristisch zur Wehr setzen“. Die „Suppe ist wahrlich dünn, die der Verfassungsschutz in Köln aufgetischt hat“, so Weidel gegenüber der JF.
Einen Teilerfolg konnte die AfD mit ihrer Klage gegen die Einstufung des rechten „Flügels“ als „gesichert extremistische Bestrebung“ erringen. So sei die Bewertung als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz zwar gerechtfertigt. Nach der Auflösung des „Flügels“ ist eine darüber hinausgehende Einstufung jedoch unzulässig, urteilten die Richter.
Denn aufgrund der vom Inlandsgeheimdienst vorgelegten Quellen sei ungewiß, ob der „Flügel“ als parteiinterner Zusammenschluß noch existiere. Daher darf der Verfassungsschutz demnach auch nicht mehr öffentlich mitteilen, die Organisation sei als eine „gesichert extremistische Bestrebung“ eingestuft worden. In einer weiteren Klage gab das Verwaltungsgericht der Partei ebenfalls recht und untersagte dem Verfassungsschutz, öffentlich zu behaupten, der „Flügel“ habe 7.000 Mitglieder.
Die Klage der AfD gegen die Einstufung der Jungen Alternative (JA) als Verdachtsfall wurde hingegen abgelehnt. Gegen die heutigen Urteile können die Kontrahenten Berufung einlegen. Darüber muß gegebenenfalls das Oberverwaltungsgericht Münster entscheiden. (ag)