Der Junge öffnet das Fenster seines Kinderzimmers. Er blickt nach Osten, auf den Westerwald. Er träumt sich in den „Wald und seine Geheimnisse hinein.“ Er treibt sich „auf Wiesen und Feldern, in den Scheunen und Stallungen der Bauernhöfe herum“. „Freiheit und Abenteuer“ sind es, die seine Kinderseele beflügeln, er ist „meistens Bandenführer, bei den Keilereien oft ganz vorne mit dabei“, und im Kindergarten wurde er oft auf einen Stuhl in der Ecke gesetzt, der „männlichen Draufgängern vorbehalten war“.
„Früh kam der Wunsch auf, an etwas Großem teilzuhaben“ bei dem AfD-Politiker Björn Höcke, der hier sein Leben in einem autobiographischen Buch („Nie zweimal in denselben Fluß“) schildert, das im vergangenen Jahr erschien. Es besteht aus einem langen Interview, das ein Journalist mit Björn Höcke geführt hat.
Seine Anhänger huldigen ihm wie einem Erlöser
Wie kein zweiter polarisiert Höcke seine Partei von Anfang an. Schnell wurde er nicht nur zur Haßfigur linker Medien und politischer Gegner, wurde er zum rechtsextremen Gottseibeiuns stilisiert. Auch innerparteilich scheiden sich die Geister an ihm. Seine teils schrägen Auftritte und großspurigen Reden sind irritierend. Seine Anhänger huldigen ihm hingegen wie einem Erlöser. Gütig lächelnd nimmt er mit ausgebreiteten Armen ihre Ovationen entgegen und genießt das rhythmische Skandieren seines Namens.
Die Empörung über Höcke erreicht ihren ersten Höhepunkt nach der später von ihm selbst als verunglückt bezeichneten Dresdner Rede im Januar 2017, in der er eine „dämliche Bewältigungspolitik“ geißelte und eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ forderte. Was soll eine 180-Grad-Wende bedeuten? Völliges Beschweigen der Verbrechen des Dritten Reiches? Es ist nur eines von vielen Beispielen, bei denen Höcke unfähig ist, den Ton zu treffen – womit er allerdings auch nicht allein ist.
Das linksextreme „Zentrum für politische Schönheit“ setzte im Frühjahr 2017 eine verkleinerte Kopie des Holocaustmahnmals auf das Grundstück, das Höckes Wohnhaus im thüringischen Bornhagen gegenüberliegt – eine perfide, menschenverachtende Aktion, die der thüringische Landtagspräsident Christian Carius treffend als „moralisch kaschierten Psychoterror“ kritisierte.
Schutzpatron aller, die die AfD in eine rechte Sackgasse manövrieren
Sein Buch soll nun den wahren Höcke zeigen. Wer ist aber dieser Mann, der andere Parteifunktionäre, die sich Sorgen machen über die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz, höhnisch als „politische Bettnässer“ bezeichnet? Der sich grundsätzlich nicht kritisch öffentlich zu Wort meldet, wenn sich AfD-Politiker eindeutig antisemitisch oder rechtsextrem äußern? Keinen Mucks hörte man von ihm zum baden-württembergischen Abgeordneten Wolfgang Gedeon oder zu Doris von Sayn-Wittgenstein.
Er wurde zum Schutzpatron und Guru aller, die die AfD in eine rechte Sackgasse manövrieren: So beim großen Treffen im schwäbischen Burladingen, wo sich Anfang Februar die durch Parteiausschlußverfahren bedrohten Oberchaoten der Partei (darunter Gedeon, Sayn-Wittgenstein, Stefan Räpple) trafen: Der Saal war passend mit riesigen Höcke-Porträts dekoriert.
Gegen Anfechtungen der feindlichen Welt empfiehlt Höcke „Gelassenheit“: Abendliche Kontemplation findet er, so erfährt man es in seinem Werk, beim „Schwelgen in Erinnerungen“ vor einem Kaminofen und dem daneben hängenden Kunstdruck von Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“, wenn sein Blick „zwischen den Flammen und dem Wanderer hin und her“ wechselt.
Sollen solche auffällig übertrieben kitschigen Stellen dazu animieren, Höcke durch den Kakao zu ziehen? Andererseits – hat nicht gerade er wie kein anderer das Talent entwickelt, es in Populariät umzumünzen, wenn er von Medien als rechtsradikaler Hanswurst oder nationalromantischer Sektierer karikiert wird? Es scheint so, als ob er – oder seine Lektoren – diese Fährte immer wieder legen wollten.
In den Fußstapfen der größten Dichter
Bei einem seiner ihn selbst auszeichnenden edelsten Charakterzüge soll kein Geringerer als der Philosoph Martin Heidegger „direkt“ auf ihn „gewirkt“ haben: Seine „konservative Bescheidenheit“ will Höcke vom Meisterdenker vom Todtnauberg gelernt haben. Weder die von Höcke gepflegten Begriffe „Bescheidenheit“ noch „Demut“ hindern ihn aber daran, in den Fußstapfen der größten Dichter, Denker und Weltenlenker zu wandeln – nie scheinen ihm diese Schuhe zu groß zu sein.
Ob Friedrich der II. von Hohenstaufen, „der Flötenspieler von Sanssouci“, Bismarck oder Adenauer – kürzer darf die Elle nicht sein, an der sich Höcke messen lassen will, um sich von „mediokren Schweinchen-Schlau-Figuren der heutigen Parteiendemokratie“ abzusetzen. Sein inniger Wunsch: „Macht und Geist müssen einst wieder konvergieren.“
Während andere Politiker versagen, weil sie keine „sittlich gefestigten Menschen“ sind, weil ihr „Charakter und Horizont“ es nicht erlaubt, „sich dem destruktiven Strudel zu widersetzen“, räumt Höcke selbstkritisch ein, daß es auch bei ihm „immer wieder innere Kämpfe“ gebe, „aber in grosso modo“ könne er „bis heute in den Spiegel schauen.“
Und was sieht Höcke, wenn er in den Spiegel schaut? Offenbar einen kommenden, großen Staatsmann, der sein Volk wieder aus den Niederungen ins Licht führt. Er weiß, „daß am Ende die überschlauen Taktierer und Finassierer doch den Kürzeren ziehen werden, weil die Menschen instinktiv den integren Führungspersonen folgen.“ Und sinnierend stellt er fest, daß der alte Kaiser Barbarossa in der Höhle des Kyffhäuserberges schlafe, „um eines Tages mit seinen Getreuen zu erwachen, das Reich zu retten und seine Herrlichkeit wiederherzustellen“.
Ja, wir Deutschen sehnen uns „nach einer geschichtlichen Figur, welche einst die Wunden im Volke wieder heilt, die Zerrissenheit überwindet und die Dinge in Ordnung bringt, die tief in der Seele verankert sind“, ist Höcke überzeugt. Dreimal darf man raten, wer diese geschichtliche Erlöserfigur wohl sein wird.
Höcke will der einzige sein, der nicht korrumpierbar ist
Höcke sieht voraus, daß es zu einem umfassenden „Machtwechsel“ kommen wird, wenn sich das Blatt in unserem Land politisch wendet. Dann werden „ein paar Korrekturen und Reförmchen nicht ausreichen“. Da ist ja sogar was dran, aber nicht mit solchem grauenhafte Bilder weckenden Geraune: „Die deutsche Unbedingtheit wird der Garant dafür sein, daß wir die Sache gründlich und grundsätzlich anpacken werden. Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen.“ Prost Mahlzeit.
Obwohl das „politische Kurzpaßspiel“ derzeit ende und auf einen „robusten Kick-and-rush-Modus“ umgeschaltet werde, bittet Höcke die lieben Parteifreunde vorsorglich, nach „der Wende“ trotz aller Wut besonnen zu reagieren: „Etwaigen Rachegefühlen darf man dann keinen Raum geben“, das „christliche Vergebens- und Gnadengebot“ werde „vielleicht einmal viel von uns abverlangen“.
Höcke nimmt in Kauf, in Ton und Wortwahl abgründige und abstoßende Assoziationen zu wecken – weil er sich absichtlich unklar ausdrückt. So formuliert er, daß mit der bald ins Haus stehenden „Wendephase … harte Zeiten“ bevorstünden, denn: „Um so länger ein Patient die drängende Operation verweigert, desto härter werden zwangsläufig die erforderlichen Schnitte werden, wenn sonst nichts mehr hilft.“
Die politische Führung habe dann „schwere moralische Spannungen auszuhalten“: „Sie ist den Interessen der autochthonen Bevölkerung verpflichtet und muß aller Voraussicht nach Maßnahmen ergreifen, die ihrem eigenen moralischen Empfinden zuwiderlaufen.“ Bei einem notwendigen „großangelegten Remigrationsprojekt“ ließen sich „menschliche Härten und unschöne Szenen nicht vermeiden, für die „wohltemperierte Grausamkeit“ notwendig sei, ein Begriff den Höcke sicherheitshalber bei Peter Sloterdijk ausgeliehen hat.
Höcke verschweigt, daß Sloterdijk mit seiner Formulierung zuvor Empörung und Mißverständnisse ausgelöst hatte. Der Philosoph hat wenigstens unter Verweis auf Kanada und Australien erklärt, welche Einwanderungspolitik seiner Meinung nach „grausam“, also hart und dennoch rechtsstaatlich sei. Höcke spielt stattdessen mit dem Begriff ohne Erklärung und provoziert absichtlich neue Mißdeutungen – auf Kosten seiner Partei.
Ein rotes Tuch
Wie geht nun Höcke aber damit um, daß er nicht nur bei politischen Gegnern auf schärfste Ablehnung stößt? Eine repräsentative Insa-Umfrage im Auftrag der JUNGEN FREIHEIT ergab Anfang 2018, daß Höcke bei AfD-Anhängern mit Abstand die schlechtesten Zustimmungswerte hat und die Mehrheit der AfD-Wähler sich eine stärkere Abgrenzung vom rechten Rand wünscht. Wie kommt es also dazu, daß „ausgerechnet“ er „auf viele wie ein rotes Tuch“ wirke, obwohl sich doch seine politischen Aussagen „kaum“ von denen anderer AfD-Politiker unterschieden, fragt sich Höcke? Ja, warum bloß?
Ihn habe das „anfänglich auch überrascht“, gesteht Höcke. Doch dann ist er der Sache auf den Grund gegangen: Die „politische mediale Klasse“ habe – „mehr unbewußt als bewußt“ – erkannt, daß er (scheinbar als einziger in der gesamten Führungsriege der AfD) „nicht einfangbar“ sei, daß er (im Gegensatz zu allen anderen?) „durch Verlockungen des Establishments nicht korrumpierbar“ sei. Nur bei ihm sei klar: „Ein wie auch immer geartetes Arrangement wird es mit mir nicht geben.“
Jene anderen „Mitstreiter“ in der AfD, die dem „Dauerbombardement“ von Medien und Gegnern nicht standhalten, verlören offenbar die Nerven. Höcke: „Ja, als Notventil fangen einzelne dann mit hektischen Abgrenzungen und Distanzierungen an. Ich kann nur wiederholen: wir müssen gelassen bleiben.“
Höcke will es nicht bei einer kleinkarierten politischen Wende belassen: Die erforderliche „großräumige Renovation“ schwebt ihm „im Kontext einer ganzen Geschichtsepoche“ vor. Die Tatsache, daß das 1947 von den Alliierten aufgelöste Preußen „von elementarer Bedeutung für die Erneuerung unseres Gemeinwesens“ war führt zum Horizont der „vollkommen falsch angelegten Globalisierung, die … beendet werden muß.“ Den Königsweg zum künftigen Höckeland ebnet der politische Theologe: Nur eine „erneute Reformation in Deutschland“ garantiert „die Sicherstellung des Ansiedelungs- und Gestaltungsmonopols eines Volkes in seinem Land“.
Höcke weiß gar nicht, was er will
Mag sein, daß es eine Klientel gibt für solche Träume von der ganz großen Keule, die ausgepackt werden muß, um „das System“ zu zerschlagen und alles neu aufzubauen. Aber selbst diejenigen, die Höcke auf diesem Weg zu folgen bereit wären, dürften irritiert sein, daß er wie schon in seinen öffentlichen Auftritten, so auch in seinem Buch immer wieder Rückzieher macht und plötzlich als ganz harmlos dastehen möchte. Wer nämlich von Höcke den großen Revolutionsplan erwartet, stellt am Ende des Buches fest, daß der Tiger als Bettvorleger landet.
Auf fast dreihundert Seiten stilisiert Höcke sich als Inbild des künftigen Politikers, der nicht simpler Reflex des Wahlvolkes zu sein habe, sondern ihm als Lehrer und Zuchtmeister die „wahren Werte“ beibringen solle. Als elastischer Wiedergänger des Goetheschen „Wilhelm Meister“ schwingt er sich in die Veredelungs-Loipe des deutschen Entwicklungsromans und läßt uns teilhaben an den Irrungen und Wirrungen seines Lebens- und Bildungsgangs. Kein Detail bleibt unbeleuchtet.
Warum ihm die Heilige Schrift wenig bedeutet? „Die biblischen Geschichten waren für mich Begebenheiten aus einer zu fernen Welt – es gab da zuviel Wüste und zuwenig Wald.“ Wem auch immer an Höcke etwas liegt, der hätte wenigstens diese absurde Äußerung gestrichen. Andersrum wird nämlich ein Schuh daraus: Der Religionsphilosoph Hans-Joachim Schoeps hat auf eine tiefere Verwandtschaft Preußens und Israels hingewiesen: In beiden Fällen, bei der Wüste des Nahen Ostens und bei der norddeutschen Tiefebene, handele es sich um ungeschützte Räume, in denen zum Schutz gemeinschaftlichen Lebens das Gesetz aufgerichtet wurde, damit der innere Halt den Mangel des äußeren kompensiere.
Im Grunde weiß Höcke gar nicht, was er will. Einmal erklärt er das Gewissen zur entscheidenden politischen Urteilsinstanz, dann ist es plötzlich die Suche nach Kompromissen; einmal will er aus Verantwortung für das eigene Volk handeln, dann aber plädiert er für „Wirklichkeitsverachtung“ – beides auf einer Seite. Einerseits will er die „Grenze des Sagbaren immer wieder mit kleinen Vorstößen“ erweitern, andererseits empfiehlt er eine „allgemeine Mäßigung im Ton“.
Einmal erklärt er den Begriff „völkisch“ für untunlich, nur um dann aber das Grundgesetz selbst als „völkisch“ zu bezeichnen. Einerseits will er die AfD „von einem dämonisierten Außenseiter zum Teilnehmer an der demokratischen Normalität“ mit kompromißbereiter Regierungsverantwortung machen, andererseits lehnt er jeden Ausgleich mit der politischen Klasse, den „herrschenden Obernichtsen“, ab und beschwört den Volksaufstand. Ja, was denn nun?
Kein Konservativer, sondern ein ideologisches Irrlicht
Höcke lehnt es ab, als rechts oder auch nur als konservativ bezeichnet zu werden. Was zu dem wenigen wirklich Überzeugenden in diesem Buch zählt. Denn sein Gerede von der Notwendigkeit, „Bewegungspartei“ zu bleiben, sowie die „Degeneration“ und „Verknöcherung der Oligarchisierung“ aufzuhalten, verrät, daß er die Bedeutung von Institutionen nicht verstanden hat und seine Beschwörung von Ordnung nicht ernst zu nehmen ist. Er ist ein ideologisches Irrlicht: Er polemisiert ausdrücklich gegen jene Konservativen, die immer noch die Ordnung verteidigten, obwohl doch längst klar sei, daß alles fallen müsse, bevor man an den Wiederaufbau gehen könne.
Daher sein Plädoyer, mit der Linken zusammenzuarbeiten, um zu einer „kapitalismusüberwindenden Position“ zu gelangen und einen nationalen Sozialismus zu schaffen, den er natürlich nicht so nennt, sondern „solidarischen Patriotismus“ mit – Achtung Carl Schmitt! –„Investitionsverbot raumfremden Kapitals“.
Und dann kommt das klägliche Ende: Wenn er abschließend sagen soll, was er konkret im Rahmen seines umfassenden gesellschaftlichen Umbaus ändern wolle, produziert er nichts als heiße Luft: „Die Details eines Neubaus sollten und können nicht von oben verordnet, sondern in einer großen, gemeinsamen Aussprache ermittelt werden.“ Stuhlkreis? Flipchart, Cluster mit Klebepunkten? Höcke: „Es gibt viele Ideen und Ansätze zu diskutieren, zu bewerten und abzuwägen, bevor sich eine Entscheidung herauskristallisiert. Bei der Umsetzung wird man nach dem Prinzip ‘Trial an Error’ verfahren, manches wird funktionieren, anderes nicht.“ Besser hätte es Angela Merkel auch nicht sagen können.
Nichts Originäres oder wenigstens Orginelles hat dieser redselige, weitschweifige „metapolitische“ Möchtegern-Vordenker zu bieten. Nicht einmal irgend etwas Konsistentes. Auf die Frage nach seinem etwaigen politischen Scheitern antwortet Höcke mit einem Rat seines Vaters: „Am Ende bleibt immer noch ein guter Wein und die Philosophie.“
Was für eine Scheinalternative!
Im Vorwort bejubelt Alt-68er und Tumult-Herausgeber Frank Böckelmann Höcke und erkennt die „entscheidende“ Frage darin, „ob man im Wesentlichen auf ein Arrangement unter den politischen Kräften in ihrer gegenwärtigen Konstellation hofft oder der Realität, der absehbaren Entwicklung, die bessere Überzeugungsarbeit zutraut“. Was für eine falsche, was für eine Scheinalternative! Mit ihr begründen Akteure von Höckes „Flügel“ regelmäßig ihre demonstrative Disziplinlosigkeit und verbale Rücksichtslosigkeit, die sie auch noch als politische Tugend verkaufen.
All jene in der AfD, die sich nicht auf den Weg der am Ende unpolitischen Selbstradikalisierung begeben, in Parallelwelten isolieren und in Endzeit- oder Erlösungsphantasien ergehen wollen, stehen vor der Frage, ob sie diesen Weg in den eskapistischen Untergang mittragen und sich in eine falschverstandene Solidarität zwingen lassen sollen.
Höcke kümmert es nicht, daß nicht wenige der von ihm selbst erwähnten „Menschen mit Sachverstand“, mit „beruflichen Erfahrungen im normalen bürgerlichen Leben abseits des Politikbetriebs“, die AfD längst wieder verlassen haben – oder, wenn sie noch da sind, nicht wegen, sondern trotz Höcke weitermachen und jedenfalls keine Lust haben, an einem Umsturz „des Systems“ teilzunehmen, selbst wenn der in Gestalt eines Stuhlkreises daherkommt, um mit der „Nach-Moderne“ die „wirklich neue Ära vorzubereiten und einzuläuten“.
An seinen Eltern lobt Höcke die Art und Weise, wie sie mit seinem „unbändigen Drang nach Freiheit und Abenteuer“ umgingen: „Sie ließen mir hier großen Freiraum und akzeptierten auch die damit verbundene Disziplinlosigkeit.“ Im Rückblick wünschte er sich, seine Eltern hätten „mir hier und da nachdrücklichere Grenzen aufgezeigt, denn manches Versäumnis aus der Kindheit und Jugend läßt sich später kaum korrigieren“. Womit er zweifellos recht hat.
> Björn Höcke / Sebastian Hennig: Nie zweimal in denselben Fluß. Björn Höcke im Gespräch, Manuscriptum 2018, broschiert, 304 Seiten, 18,90 Euro.
JF 10/19