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Die Türkei als Sprengsatz für die Union

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Die Türkei als Sprengsatz für die Union

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Kürzlich habe ich eine Konferenz im türkischen Bodrum besucht und dabei den Eindruck gewonnen, daß sich sowohl Gegner als auch Befürworter eines türkischen EU-Beitritts ein allzu simples Bild vom Land am Bosporus machen. Im Vergleich mit manchen Stadtvierteln in Berlin oder Frankfurt mutet Bodrum fast schon „europäisch“ an. Im Hafen, der von einer mächtigen Burg der Kreuzritter beherrscht wird, liegen Hunderte von großen, dezent luxuriösen Holz-Yachten vor Anker. Die Ober- und Mittelschicht, die im Sommer Bodrum frequentiert, ist weltoffen und gebildet und hält zugleich fest an ihren traditionellen und familiären Werten – eine Solidität, die im deutschen Bürgertum nicht mehr selbstverständlich ist.

Wäre die Türkei eine Bereicherung für die EU? In mancher Hinsicht ja. Es fehlt das, was wir als europäische Dekadenz empfinden. Die Bevölkerung wächst um gut 1,3 Prozent per annum, das Durchschnittsalter beträgt 27,7 Jahre, die Wirtschaft besitzt (trotz hoher Auslandsverschuldung) erhebliches Wachstumspotential, die Stimmung ist optimistisch, vital und selbstbewußt.

Einiges ähnelt den deutschen Zuständen (so das Instrument der Parteienverbote), manches verhält sich spiegelbildlich (so der Umgang mit der nationalen Vergangenheit). Hier darf der Völkermord nicht negiert, dort nicht behauptet werden. „Wie glücklich, daß ich ein Türke bin“, ist in übergroßen Schriftzügen auf Bergrücken in der inneren Türkei zu lesen. Da kann man als Deutscher nur staunen.

Der von den Militärs gehütete Kemalismus ist mit der herrschenden EU-Ideologie ebensowenig vereinbar wie die islamische Renaissance unter der Regierung Erdoğan. Wer als überzeugter Europäer in dieser EU einen Irrweg sieht, muß sich eine türkische Mitgliedschaft geradezu herbeiwünschen: Sie würde zum Sprengsatz für die Union. Wissen die Bürokraten in Brüssel überhaupt, daß von den sechs Verfassungsgrundsätzen Atatürks drei unabänderlich sind? Nämlich Nationalismus, Säkularismus und Etatismus, wobei unter letzterem die staatliche Lenkung der Wirtschaft zu verstehen ist.

Wie eigentlich soll eine auf „Nationalismus“ eingeschworene Türkei in das supranationale Konstrukt EU passen? Wahrscheinlich enden die für die Türkei demütigenden Beitrittsverhandlungen irgendwann damit, daß Ankara dankend auf die Mitgliedschaft im europäischen Club verzichtet, die außer finanziellen Vorteilen nichts einbringen würde.

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des Finanzdienstes „Gold & Money Intelligence“.

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Marc Jongen, ESN Fraktion
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