KARLSRUHE. Im Falle der Jesidin Aschwak Talo, die in Deutschland ihrem IS-Peiniger begegnet sein soll, hat die Bundesanwaltschaft keine zielführenden Hinweise auf den mutmaßlichen Täter. „Anhand der Schilderungen der Zeugin ist es nicht gelungen, eine konkrete Person zu identifizieren. Auch dem genannten Namen Abu Humam konnte keine reale Person zugeordnet werden“, teilte eine Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit.
Dennoch ermittle die Behörde weiter wegen möglicher Verbrechen gegen das Völkerrecht. Die Bundesanwaltschaft hätte Aschwak dazu auch gerne ergänzend befragt. „Allerdings war die Zeugin bereits aus Deutschland ausgereist, als die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen im Juni 2018 übernommen hatte.“ Weitere Einzelheiten könnten aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht bekanntgegeben werden.
Von IS entführt, versklavt und mißbraucht
Aschwak war nach eigener Darstellung 2014 von der Terrororganisation „Islamischer Staat“ im Sindschar-Gebirge im Nordirak entführt, versklavt und mißbraucht worden. Zusammen mit weiteren Mädchen und Frauen sei ihr die Flucht gelungen, schilderte sie vor kurzem der kurdischen Nachrichtenseite Basnews.
Anschließend kam sie zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder nach Deutschland und wurde Teil eines Hilfsprogramms des baden-württembergischen Staatsministeriums. Das Land nahm rund 1.000 Jesiden, zumeist Mädchen und Frauen auf, brachte sie in 20 verschiedenen Gemeinden unter und betreute sie psychologisch.
„Es war Abu Humam, mit dem gleichen erschreckenden Bart“
Anfang dieses Jahres soll sie in Schwäbisch Gmünd bei Stuttgart auf offener Straße von ihrem Peiniger angesprochen worden sein. „Ich bin erstarrt, als ich ihn sah“, erzählte sie in einem Video von Basnews, nachdem sie drei Jahre in Deutschland gelebt haben soll. „Ich habe ihn mir genau angeschaut. Es war Abu Humam, mit dem gleichen erschreckenden Bart und seinem häßlichen Gesicht“. Es habe sie sprachlos gemacht, „als er plötzlich den Mund aufmachte und mich auf Deutsch fragte: ‘Du bist Aschwak, nicht wahr?’“ Die Polizei habe den Mann, der sie drei Monate lang mißbraucht haben soll, entgegen der Darstellung der Bundesanwaltschaft schließlich identifiziert.
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Wie die Behörde nun der JF mitteilte, soll diese Begegnung Ende Februar gewesen sein. Fünf Tage danach habe sie die örtliche Polizeistelle aufgesucht, die den Fall zunächst übernommen hatte. Mitte März übernahm laut Welt das Landeskriminalamt die Ermittlungen.
Die Bundesanwaltschaft befaßt sich seit 2014 in gesonderten Verfahren mit IS-Verbrechen. Bislang seien rund 100 Jesidinnen vernommen worden. „Das gestaltet sich durchaus schwierig, weil die Zeuginnen häufig schwer traumatisiert sind“, sagte die Sprecherin. Die Vernehmungen dienten der Beweissicherung, mit deren Hilfe es gelingen soll, die Verantwortlichen für die Übergriffe an der jesidischen Bevölkerung vor Gericht zu stellen. (ls)