Nach Berlin, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz institutionalisiert sich „Die Freiheit“ nun auch in Hamburg und Schleswig-Holstein.
Gut 80 Mitglieder hat die islamisierungs-kritische Partei „Die Freiheit“ zum Gründungsparteitag in der Freien und Hansestadt Hamburg. Zum Vergleich: Die letzte bürgerlichen Protestformation in Hamburg „Rechte Mitte – Heimat Hamburg“ des ehemaligen Justizsenators Roger Kusch hatte zur heißen Wahlkampfzeit 2008 gerade einmal 100 Mitglieder und erreichte 0,5% der Wählerstimmen, die Schill-Partei 2001 allerdings 1.200 Mitglieder und 19,4% Wähleranteil.
Viel, wenn nicht gar alles, wird also von der erhofften Dynamisierung nach einem eventuellen Erfolg in Berlin abhängen. Denn, ob die ehrenwerten und durchweg sympathischen Mitglieder und neugewählten Vorstände eigenständig über ein Splitterparteidasein hinaus kämen, erscheint zweifelhaft. Noch fehlt es an Organisations- und speziell Parteierfahrung.
Erfolg ohne Stadtkewitz nicht vorstellbar
Der von vielen bisher Parteilosen und CDU-/FDP-Karteileichen gut gemeinte Aufbau-Elan muß kanalisiert, die heterogene Herkunft des Parteivolkes aufgefangen und in produktive Bahnen gelenkt werden. Ohne den Gründer und die Gallionsfigur René Stadtkewitz ist die Partei respektive die Option auf eine erfolgreiche deutschlandweite Etablierung nicht vorstellbar. Die inneren Widrigkeiten, wie auch der Druck von Außen, den alle Parteineugründungen – insbesondere im nicht-linkem Spektrum – erfahren müssen, kann nur durch tatsächliche Erfolge ohne existenzbedrohende Wirkung bleiben.
In Hamburg hatte man keinerlei Schwierigkeiten. Keine Antifa vor der Tür und auch von Querulanten, Parteihoppern und Extremisten hinter der Tür keine Spur. Der komplette Vorstand wurde ebenso einstimmig gewählt, wie die Satzung abgesegnet. Der designierte Vorstand hatte die Mitglieder im Vorfeld so ausführlich über Personalvorschläge und Satzung informiert, daß nicht einmal Nachfragen oder der Wunsch nach einer Vorstellung der Kandidaten artikuliert wurden. Interessant ist die Zusammensetzung des Vorstandes trotzdem.
Mit Jens Eckleben als Vorsitzenden und dem Beisitzer Holm Ay sind die beiden einzigen Vorstandsmitglieder mit parteipolitischem Vorleben nicht etwa Ex-CDU’ler oder „Schillianer“ sondern ehemalige Grüne. Landesvize Ferdinand Storm, Schriftführer Claus Döhring, Schatzmeister Arno Willemer und Beisitzer Dr. Rainer Brorsen waren in ihrem Leben bisher ohne Parteibuch ausgekommen.
500.000 Euro Wahlkampfbudget
In Schleswig-Holstein kann die Partei mit dem Ahrensburger Stadtverordneten Steffen Rotermund an der neu gewählten Spitze hingegen auf kommunalpolitische Erfahrung rekurrieren. Nach 27 Jahren in der CDU hatte sich Rotermund schon im Sommer letzten Jahres mit Stadtkewitz und Marc Doll in Verbindung gesetzt und die Gründung des Landesverbandes vorbereitet. Mit bisher 70 Mitgliedern liegt allerdings noch eine gewaltige Wegstrecke vor dem neugewähltem Vorstand, um für die vorgezogenen Landtagswahlen 6. Mai 2012 kampagnenfähig zu werden. Auch hier muß die Partei auf die Abgeordnetenhauswahlen in Berlin und damit René Stadtkewitz hoffen.
Stadtkewitz äußerte sich in Hamburg auch zur Lage der Partei. Knapp 2.000 Mitglieder – davon 340 in Berlin, habe die Partei mittlerweile. Für die Abgeordnetenhauswahlen am 18. September seien 77 von 78 Wahlkreisen besetzt, „den einen freien Wahlkreis haben wir in Absprache absichtlich unbesetzt gelassen, um einem (Partei-)Freund aus der CDU den Einzug zu ermöglichen“.
Auch die finanziellen Vorbereitungen scheinen getroffen. Das Wahlkampfbudget läge „bei knapp 500.000 Euro und sei durchfinanziert“. Vier Großveranstaltungen seien geplant. Zu der bereits bekannten Veranstaltung mit Geert Wilders am 3. September kämen definitiv auch Oskar Freysinger (SVP) sowie möglicherweise „eine ganz große Überraschung, zu der ich aber noch nicht einmal eine Andeutung machen will“.
Abgrenzung nach Rechtsaußen
Mit Jan Timke (BIW) stehe er in einem sehr engen und freundschaftlichen Kontakt. Nach den Wahlen in Berlin will man sich zusammensetzen. Das Bremen bisher nicht unter den zu gründenden Landesverbänden der „Freiheit“ auftaucht ist wohl ein Wink mit dem Zaunpfahl. Die noch offenen Landesverbandsgründungen – vor allem in NRW und Niedersachen, sollen bis spätestens Ende September erfolgen.
Auch zur Abgrenzung nach rechtsaußen positionierte sich Stadtkewitz: „Mit ihrer unsäglichen Personalpolitik disqualifizieren sich ‚pro NRW‘ und ‚pro Deutschland‘ selbst“ und spielt damit auf die übergangslose Aufnahme von NPD-Funktionären bei „pro NRW“ an. Gegen einfache Parteimitglieder aus dem sich abzeichnenden Bündnis von pro und Republikanern habe man nichts und will eine Aufnahme im Einzelfall prüfen. Jedoch ziele man auch bei der Rekrutierung von Mitgliedern auf die „bürgerliche Mitte“, so daß die Abgrenzung gegenüber Mitgliedswünschen von ganz rechtsaußen bisher in der Praxis kaum Anwendung finden mußte.
Offen blieb die Frage nach dem Stand der Sammlung von Unterstützungsunterschriften. Mit „es läuft gut an, aber Zahlen habe ich nicht“ hielt sich Stadtkewitz zur Erfüllung der maßgeblichen formellen Voraussetzung für den Wahlantritt freundlich bedeckt. 2.200 Unterschriften für die Landesliste, je 185 für die zwölf Bezirksversammlungen und je 45 für die 77 Direktkandidaten müssen inklusive eines Sicherheitspuffers von ca. zehn Prozent gesammelt werden. Etwa 8.700 Unterschriften also, und am 12. Juli 2011 ist Abgabeschluß.