TUTZING. Die Einladung Thilo Sarrazins zu einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie Tutzing ist auf Kritik gestoßen. Die Mitorganisatorin der geplanten Tagung „Gehört der Islam zu Deutschland?“, Paula-Irene Villa, kündigte an, die Veranstaltung zu boykottieren, berichtet die taz.
„Es wäre mir unerträglich“, schreibt die Soziologin, wenn „rassistische, also menschenfeindliche und dezidiert anti-aufklärerische Stimmen weitere Aufmerksamkeit erlangen.“ Daß dem „Rassisten und gewissenlosen Populisten“ ein Podium geboten werde, sei schockierend und „bar jeder politischen Urteilsfähigkeit“.
Unterstützung für ihren Aufruf, Sarrazin auszuladen, erhält sie von der Parteivorsitzenden der Grünen, Claudia Roth. In einem Offenen Brief appelliert die Politikerin an die Veranstalter, Schaden von der Akademie abzuwenden. Man müsse verhindern, daß die Thesen Sarrazins salonfähig würden.
Roth bemängelte, Sarrazin leiste mit seinem „zurecht hoch umstrittenen“ Buch „Deutschland schafft sich ab“ keinen seriösen Beitrag zur Meinungsbildung. Ihm ginge es nicht um Integration, sondern um Ausgrenzung und Ressentiments mittels „rassistischer“ Positionen. Auch der Landesvorsitzende der Hamburger Grünen, Dieter Janecek, warnte: „Da wird nicht so diskutiert, daß etwas Vernünftiges herauskommt“.
Linken-Abgeordnete kritisiert Förderung durch Bundeszentrale
Die Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke (Linkspartei) kritisierte die Förderung der Veranstaltung durch die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB). Deren Aufgabe sei es, Demokratie und Toleranz und nicht „kulturrassistische Stereotype zu bedienen“. Die Bundeszentrale solle die Fördergelder daher zurückziehen.
Gohlke, die auch Mitglied im Kuratorium der Bundeszentrale ist, warf der Evangelischen Akademie vor, sich nicht um den Dialog mit den Muslimen zu bemühen, sondern Werbung für „krude Hetze gegen Muslime“ zu betreiben. Sarrazin sei ein „ausgewiesener Rassist“, der auf dem „Niveau mittelalterlicher Kreuzzüge“ argumentiere.
Rückendeckung erhielt Sarrazin vom ehemaligen Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). „Es macht überhaupt gar keinen Sinn, Sarrazin totzuschweigen und zu sagen: Mit dem reden wir nicht“, sagte Eichel. Einer Handvoll Protestnoten stünden im Übrigen zudem mehr als 500 Anmeldungen gegenüber. Von den Grünen habe er gedacht, sie seien an einer offenen Diskussion interessiert.
Die Tagung soll vom 18. bis 20. März stattfinden. Neben Sarrazin sind unter anderem der Publizist Henryk M. Broder, die SPD-Politiker Lale Akgün, Heinz Buschkowsky und Sebastian Edathy, der ehemalige nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) sowie der Imam der vom Verfassungsschutz beobachteten islamischen Gemeinde Penzberg, Bajrambejamin Idriz, eingeladen. (ho)