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Kinder mögen Zuckerwatte

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Midas Dekkers gehört zu den Biologen, die mit dem ganzen Selbstbewußtsein einer „Leitwissenschaft“ ins akademische Leben getreten sind und denen nichts heilig ist – am wenigsten der Mensch. Das macht sich sehr positiv am amüsanten ironischen Stil bemerkbar, der ganz nebenbei von Fakten strotzt – grundlegenden und eher skurrilen Fakten zum Thema Kindheit. Verstörend wirkt es hingegen auf den ungeübten Leser – die Dekkers-Fans kann nichts mehr erschüttern, besonders nicht die Leser seiner Sodomisten-Bibel – , wenn hier das Larvenstadium von Insekten immer wieder in Parallele gezogen wird zu der ebenfalls abweichenden Daseinsform von ein-, drei- oder zehnjährigen Menschenkindern. Die Dreizehnjährigen ähneln schon eher den Puppen mit ihrer seltsamen Verkleidung an Haut und Haaren. Daraus schlüpfen dann die Käfer, Fliegen, Libellen, Schmetterlinge – oder eben der wahlberechtigte Staatsbürger mit erkennbar menschlichem Äußerem. Wollte man eine Raupe wie einen Schmetterling behandeln, dann stürbe sie binnen kurzem. Denn der Schmetterling braucht fast keine Nahrung, die Raupe frißt ohne Unterlaß. Zumindest seelisch-geistig verhungern Kinder, die wie Erwachsene behandelt werden. Statt ihnen so viele Sprachkenntnisse wie irgend möglich zukommen zu lassen, denn das junge Gehirn ist auf Sprachenlernen angelegt, überhäuft die Schule sie mit Geschichte und Literatur – Gebiete, die frühestens nach der Pubertät interessieren. Wer „die eigenen Kinder als Katzen betrachtet“ statt als Menschen, erklärt Dekkers, wird erheblich mehr Freude an ihnen haben. Verständnis ist gegenüber einem solchen Wesen fehl am Platz. Kinder wollen behandelt werden wie „Wesen einer anderen Art“. Sie wollen als Kinder geschätzt werden – zum Erwachsenwerden zwingen sie irgendwann schon die Hormone. Ein besonderes Anliegen von Dekkers ist die Bekämpfung von Freuds These von der kindlichen Sexualität. Das sind auch die einzigen Stellen, wo der Ton umschlägt. Kinder sind nicht „unschuldig“, aber sie sündigen mit mehr Abwechslung. Midas Dekkers: Von Larven und Puppen. Soll man Kinder wie Menschen behandeln? Karl Blessing Verlag, München 2003, 350 Seiten, 22 Euro

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