BERLIN. Berechnungen des Ökonomen Martin Werding haben ergeben, daß die Deutschen künftig von ihren Löhnen und Gehältern noch einmal deutlich mehr in die Sozialsysteme zahlen müssen, als jetzt schon. Grundlage ist die neue Bevölkerungsvorausrechnung des Statistischen Bundesamts. Werding gehört zu den Wirtschaftsweisen und ist Professor für Sozialpolitik und Öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum.
Laut Statistischem Bundesamt wird die Erwerbsbevölkerung stärker schrumpfen als bisher angenommen. In seiner morderatesten Annahme geht es bis 2070 von rund zehn Millionen weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter aus als heute.
Dies könne auch eine mutmaßlich geringere Zuwanderung in die Sozialsysteme nicht ausgleichen, so der Wirtschaftsweise. Vor allem der demografische Wandel werde die Sozialabgaben in die Höhe schrauben. In seiner Berechnung für den Spiegel geht Werding davon, daß die Summe der Sozialbeiträge bis 2050 auf 53 Prozent steigen werde.
Mit Steuern bleibt vom Gehalt kaum etwas übrig
Im Spitzensteuersatz würden den Leistungsträgern dann weniger als zehn Prozent des Gehaltes netto übrig bleiben. Sollten auch folgende Bundesregierungen wie aktuell das Kabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU) weiterhin jede Reform verweigern, würden bis 2080 alle Sozialbeiträge zusammen sogar auf 60,1 Prozent wachsen.
Gemeinsam mit den zu zahlenden Einkommensteuern bliebe vielen dann vom Gehalt so gut wie gar nichts mehr übrig. Bisher war aufgrund der älteren Bevölkerungsprognosen von 57,9 Prozent an Sozialbeiträgen ausgegangen worden.
Wirtschaftweiser geht von keinerlei Reformen aus
Seine Projektion der Beitragssätze könne auch etwas höher oder etwas niedriger ausfallen, sagte Werding. „Bei allen Unsicherheiten ist allerdings klar: Die Demografie stellt uns vor massive Probleme.“ Die hohen Sozialabgaben würden „drastische Rückwirkungen auf Wachstum und Beschäftigung haben,“ so der Wirtschaftsweise.

Werding ist bei seinen Berechnungen von „geltendem Recht“ ausgegangen – er nahm also an, in der Gesetzgebung für Rente, Pflege und gesetzliche Krankenversicherung werde sich nichts ändern. Allerdings hat er das schwarz-rote Rentenpaket dabei noch nicht berücksichtigt. Die „Haltelinie“ und die „Mütterrente“ so wie das beibehaltene Renteneintrittsalter dürften die Kosten jedoch weiter in die Höhe treiben. (fh)






