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Buchrezension: Mit glühendem Zorn gegen die bunte Republik

Buchrezension: Mit glühendem Zorn gegen die bunte Republik

Buchrezension: Mit glühendem Zorn gegen die bunte Republik

Das Bild zeigt eine Hauswand, auf der „1984“ gemalt ist. Es ist ein Symbolbild für einen Text zu einem Buch über bunten Totalitarismus.
Das Bild zeigt eine Hauswand, auf der „1984“ gemalt ist. Es ist ein Symbolbild für einen Text zu einem Buch über bunten Totalitarismus.
Die Zahl „1984“ in Anlehnung an den berühmten Dystopie-Roman auf eine Hauswand gemalt: Neues Buch knöpft sich bunten Totalitarismus vor. Foto: picture alliance / dpa | Etienne Laurent
Buchrezension
 

Mit glühendem Zorn gegen die bunte Republik

Mit seinem „Wörterbuch des bunten Totalitarismus“ rechnet der langjährige Publizist und alt-68er Rudolph Bauer knallhart ab mit der modernen Linken. Mal spöttisch geschrieben, mal wütend – doch nie langweilig.
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Grundrechtseinschränkungen in der Corona-Zeit, woker Umbenennungsfuror von Straßen oder Trusted Flagger, die gegen die grundgesetzmäßig garantierte Meinungsfreiheit repressive Hausdurchsuchungen in Gang setzen. Was herauskommt, wenn einem ehemaligen Vertreter der 68er-Protestgeneration der Geduldsfaden reißt, kann man aktuell im „Wörterbuch des bunten Totalitarismus“ von Rudolph Bauer nachlesen, dessen vierter und letzter Band nun erschienen ist.

Rudolph Bauer, Jahrgang 1939, ist emeritierter Professor für Sozialpädagogik und Wohlfahrtspolitik an der Universität Bremen. Mit einer gehörigen Prise Humor bürstet er in seinem alphabetisch geordneten Wörterbuch eine Vielzahl neuer wie altbekannter Begriffe gegen den Strich und setzt sie collagehaft miteinander in Beziehung: Von T wie Trusted Flaggers („Staatlich gefördertes Autodafé – ‘Ketzergericht’ – verfemter Aussagen im Netz“) über Unabhängige Justiz („Schönwort; schön wär’s“) bis Z wie Zentrum Liberale Moderne („Olivgrüner Zwei-Personen-‘Think-Tank’ mit reichlicher Personalausstattung, der nicht zuletzt mit Hilfe staatlicher Fördermittel die Meinungs- und Pressefreiheit angreift, und sich als Ukraine-freundlicher und russophob-transatlantischer Verfassungsschutz 2.0 geriert“).

„Systemisch basiert der bunte Totalitarismus auf Elementen der Scheindemokratie“

Aus den ausgewählten begrifflichen Mosaiksteinen zeichnet der Autor allenthalben das Bild einer neuen Variante altbekannter totalitärer Herrschaft. Was dem italienischen Schriftsteller Ignazio Silone die Schreckensvision einer Wiederkehr des Faschismus im Tarngewand des Antifaschismus gewesen ist, sieht Rudolph Bauer im neuen bunten Totalitarismus heraufziehen. „Systemisch basiert der bunte Totalitarismus auf Elementen der Scheindemokratie, der digitalen Überwachung, des sich ‘freiwillig’ gleichschaltenden Mainstream-Journalismus, der multikulturellen Schein-Vielfalt sowie des Unterdrückens von sozialem und politischem Widerstand durch Polizeigewalt, die Berufung auf Experten (follow the science) und eine herrschaftskonforme Justiz“.

Dies ist die durchaus zugespitzte Grundthese, die in vier Heften von insgesamt rund 400 Seiten in zahlreichen Stichworten ausgeführt wird. Insbesondere die staatlich beförderte Untergrabung der Meinungsfreiheit wird immer wieder in unterschiedlicher Form thematisiert und angeprangert. Mit einer an George Orwell angelehnten doppeldeutigen Dekonstruktion von Begriffen wie „Alliance für Cybersicherheit“, „Demokratieförderung“, „Netzwerkdurchsuchungsgesetz“ und den „Meldestellen gegen Haßkriminalität im Netz“ wird für Bauer der Weg in einen neuen Faschismus beschritten. Neben der Analyse der innenpolitischen Auswirkungen des bunten Totalitarismus richtet sich im weiteren der Fokus auf den internationalen Kontext. In Stichworten wie Bilderberger, Big Data und Great Reset wird der globale Rahmen analysiert. Abgerundet wird das Wörterbuch durch ein weiterführendes Literaturverzeichnis, so daß es wie ein klassisches Lexikon genutzt werden kann.

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Der Tenor der Darstellung freilich weit von der berühmten Maxime des römischen Historikers Tacitus entfernt, der sich in seinen Annalen vornahm „ohne Zorn und Eifer“ („sine ira et studio“) zu schreiben. Bauer hingegen wird von einem untergründig glühenden Zorn gegen die bunte Republik getragen. Seine kritischen Perspektiven entstammen gewiß der Sichtweise eines enttäuschten Antiautoritären, der sich den neuen Autoritarismus unserer Zeit in dieser fulminanten politischen Kampf- und Anklageschrift vorknöpft.

Aus der JF-Ausgabe 49/25.

Die Zahl „1984“ in Anlehnung an den berühmten Dystopie-Roman auf eine Hauswand gemalt: Neues Buch knöpft sich bunten Totalitarismus vor. Foto: picture alliance / dpa | Etienne Laurent
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