Ich bin Jahrgang 1947, bin in Thüringen geboren und lebe dort. Und ich erlaube mir den Luxus einer eigenen Meinung. Um es etwas überspitzt zu sagen: Hätte ich 1961 an Ulbrichts Stelle gestanden, hätte ich die Grenze auch geschlossen. Im Schnitt liefen täglich rund 700 Leute weg. Und das waren gut ausgebildete Leute, die auf Kosten der DDR ihre Ausbildung erhalten hatten und im Westen mit offenen Armen empfangen wurden. Im Westen wunderte man sich bereits, warum die DDR unter diesen Umständen die Grenze nicht schließt. Damals war ich noch ein junger Bursche, mich tangierte das nicht. Später war das die Normalität. Eingesperrt? Habe ich mich nie gefühlt. Unterdrückt? Kann ich nicht sagen. Die DDR ermöglichte mir ein Ingenieurstudium und die Promotion zum Dr.-Ing. Im Urlaub reisen? Aber ja doch. Unsere Welt erstreckte sich Richtung Osten und endete in Wladiwostok. Das genügte. Nun schreibt der Autor, daß die Menschen, die die Grenzsicherungsanlagen überwinden wollten, um in die „Freiheit“ zu gelangen, ermordet wurden. Die wurden nicht ermordet. An der Grenze waren deutlich sichtbare und klar lesbare Warnhinweise angebracht. Betreten verboten.