Ein filmreifer Eklat im Bundestag, aber dann nur Schweigen im Walde. So einfach wollte AfD-Bundestagsabgeordneter Stephan Brandner den Bundestagsvizepräsidenten Omid Nouripour und seine Grünen dann doch nicht davon kommen lassen. „Hier wird doch mit zweierlei Maß gemessen“, sagt Brandner am Telefon gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. „Wenn wir uns das geleistet hätten, dann wäre das skandalisiert worden.“
Was hat sich denn nun wer geleistet? Rückblick: 4. Juni im Plenarsaal des Bundestags. Erst einmal wirft Präsidentin Klöckner die Linken-Abgeordnete Cansin Köktürk raus, weil die ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Palestine“ trägt. Köktürk mag derlei Provokationen. Einige Wochen zuvor stolzierte sie mit einem Palästinenser-Tuch durch den Plenarsaal. Klöckner nennt als Grund für den Rausschmiß, daß politische Bekenntnisse auf der Kleidung grundsätzlich nicht erlaubt seien. Doch damit kehrt keine Ruhe ein – ganz im Gegenteil.
„Man trägt Verantwortung für seine Gäste“
Als Außenminister Johann Wadephul (CDU) den Abgeordneten Rede und Antwort steht, beginnt eine Frau auf der Besuchertribüne hysterisch zu kreischen. „Free Palestine“ ist irgendwann zu verstehen und „Blut, Blut, Blut an Euren Händen“. Polizisten in Zivil greifen ein, versuchen die Frau mit guten Worten nach draußen zu komplimentieren. Doch sie mag nicht, da führen Beamte die zappelnde Besucherin ab.
@dieterstein3 Linksextreme Israelhasserin brüllt im Bundestag und muss von der Tribüne gezerrt werden. #Israel #Bundestag #Linke #Palästina ♬ Originalton – Dieter Stein
Und was hat das mit Nouripur zu tun? Nun, die Zuschauerin, die einer Marktschreierin gleich von der Tribüne pöbelte, gehörte zu einer Besuchertruppe, die von Nouripour eingeladen worden war. „Vom Bundestagsvizepräsidenten“, sagt Brandner. „Man sollte doch seine Gäste unter Kontrolle haben. Es war von Nouripour sicher nicht gewollt, daß so etwas passiert, gleichwohl trägt man ja Verantwortung für die Besuchergruppen. Wir haben das ja vor fünf Jahren selbst mal mit ein paar unserer Gäste erlebt.“
Der Eklat hat keine Folgen
Was Brandner allerdings ehrlich erstaunte, sagt er, das sei der Umgang mit diesem Pöbel-Zwischenfall im Ältestenrat. „Wir treffen uns immer donnerstags um 13.30 Uhr. In der vorletzten Sitzung war ich verhindert, da soll über den Zwischenfall gesprochen worden sein, in dem Sitzungsprotokoll stand allerdings nicht drin, wem diese Besuchergruppe zugeordnet war, nämlich dem Bundestagsvizepräsidenten. Da habe ich das Thema vorgestern noch einmal angesprochen, unter Verschiedenes.“ Dies schien einigen Mitgliedern, so Brandners Eindruck, nicht gepaßt zu haben. Insgesamt besteht der Ältestenrat aus 28 Abgeordneten.
„Es wäre doch alles bekannt“, hieß es. Nouripour war übrigens selber nicht zur Sitzung anwesend, weil er als Bundestagsvizepräsident zu dem Zeitpunkt eine Sitzung leitete. „Für Nouripour gibt es keine Konsequenzen. Ich hätte mir jedenfalls eine öffentliche Erklärung von ihm gewünscht.“ Übrigens hat sich Alexander Gauland damals für das unmögliche Benehmen der Gäste zweier AfD-Bundestagsabgeordneter als Fraktionsvorsitzender entschuldigt. Ob diesmal der Name Nouripour im Protokoll vermerkt wird, will Brandner sich genau ansehen. „Das kriegen wir aber erst kurz vor der nächsten Sitzung.“