MÜNCHEN. Ein unter anderem wegen Versklavung, Vergewaltigung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord angeklagter Iraker hat sich über die Haftbedingungen in der Justizvollzugsanstalt Gablingen beschwert. Am Montag sollte der Prozeß gegen den 43jährigen Twana H. S. und seine Ehefrau Asia R. A. beginnen. Der Generalbundesanwalt wirft den beiden vor, „zwischen Oktober 2015 und Dezember 2017“ in Syrien und im Irak gewesen zu sein und als Terroristen des Islamischen Staats (IS) zwei jesidische Mädchen versklavt, vergewaltigt und erniedrigt zu haben.
Bevor der Prozeß vor dem Oberlandesgericht München am Montag mit der Verlesung der Anklage beginnen konnte, wurde dieser für eine Dreiviertelstunde unterbrochen. Der Angeklagte gab an, zu krank für die Verhandlung zu sein und daher weder zuhören noch sprechen zu können. In der Untersuchungshaft sei er „zusammengeschlagen, unter Drogen gesetzt“ und „monatelang“ in einer Zelle im Keller eingesperrt worden – ohne persönliche Gegenstände und ohne Kontakt zu seinem Strafverteidiger.
Keine Belege für die Behauptungen
Die Behauptungen des Irakers ließen sich nicht belegen. Auch der Senat wußte nichts davon, wie Gerichtssprecher Laurent Lafleur gegenüber der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Weder der Tatverdächtige noch seine Anwälte hätten diese Vorwürfe zuvor geäußert. Der Senat werde der Sache nachgehen, betonte Lafleur. Gegen Mitarbeiter des Gefängnisses wurden zuletzt tatsächlich immer wieder Foltervorwürfe erhoben.
H. S. und seiner Ehefrau wird vorgeworfen, im Dienste des IS in Syrien und im Irak schwerste Verbrechen begangen zu haben. So sollen sie ab Ende 2015 ein damals fünfjähriges und ab Oktober 2017 ein damals zwölfjähriges Mädchen als Sklavinnen gehalten haben. Bei den beiden Opfern handelt es sich um Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden.
Iraker gaben Kinder als Ware an IS-Terroristen weiter
Twana H. S. soll beide Kinder mehrfach vergewaltigt haben, seine Ehefrau Asia R. A. soll dafür das Zimmer hergerichtet und die Mädchen geschminkt haben. Zudem sollen sie die Mädchen zu Hausarbeit und Kinderbetreuung gezwungen haben. Auch brutale körperliche Gewalt soll an der Tagesordnung gewesen sein. Twana H. S. habe die damals zwölfjährige mit einem Besenstiel geschlagen, Asia R. A. soll der damals fünfjährigen mit heißem Wasser die Hand verbrüht haben.
Manchmal mußten die Kinder eine halbe Stunde lang nur auf einem Bein stehen. Sie durften ihren Glauben nicht praktizieren, sondern mußten islamische Gebete und Regeln befolgen. Als die beiden IS-Terroristen im November 2017 Syrien verließen, übergaben sie die Mädchen als Sklavinnen an andere IS-Mitglieder, ist sich der Generalbundesanwalt sicher.
Dem irakischen Ehepaar werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen sowie die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen. (st)