ROM. Nachdem zuletzt tausende Bootsflüchtlinge täglich auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa angekommen waren, hat der Rückstau der Migrantenkolonne im Rest des Landes zu teils chaotischen Zuständen geführt. Im Hafen der sizilianischen Kleinstadt Porto Empedocle beispielsweise kam es zu Ausschreitungen, als die Migranten aus ihren Notunterkünften ausbrachen.
„Die Hafenanlage kann diese große Zahl von Migranten nicht aufnehmen, sie ist für 200 ausgelegt, aber es sind 2.000“, sagte der Bürgermeister der Küstenstadt, Calogero Martello, am Dienstag im Gespräch mit der italienischen Tageszeitung Il Giornale. Die Migranten seien in die Stadt eingedrungen, wo es zu Spannungen mit Einwohnern und Ladenbesitzern gekommen sei. „Giorgia Meloni komm hierher“, appellierte der Stadtvorsteher an die italienische Ministerpräsidentin.
Polizeigewerkschaft: „Die Situation ist äußerst explosiv“
Auch der Vorsitzende der Unabhängigen Italienischen Polizeigewerkschaft (COISP) Domenico Pianese warnte vor der unkontrollierbaren Situation in der Hafenstadt. „In den vergangenen Stunden ist die Lage in Porto Empedocle äußerst explosiv geworden. Seit gestern Abend befinden sich rund 1.300 Migranten am Kai. Nur 20 Polizisten sichern das Gebiet“, mahnte der Polizist.
Bei dem jüngsten Ausbruchversuch sei ein Polizist verletzt worden. „Die kontinuierlichen Anlandungen werden zu einem der Hauptprobleme des Landes, da sie nicht nur unser Aufnahmesystem in die Knie zwingen, sondern auch viele Polizisten von ihrer eigentlichen Arbeit abhalten“, erläuterte der Beamte.
Bürgermeister warnt vor Protesten gegen weitere Migranten
Auch in anderen Teilen des Landes wurden Stimmen laut, die sich über den wachsenden Migrationsdruck besorgt zeigten. „Wenn wir so weitermachen, werden die Migranten bald überall ankommen. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Hier schicken sie uns weiterhin Hunderte binnen eines Tages, obwohl wir gar keinen Platz mehr haben“, sagte der Bürgermeister von Prato bei Florenz, Matteo Biffoni, am Dienstag der Zeitung La Repubblica.
Die Zeltstädte, die derzeit in Italien entstünden, seien „beängstigend“. Der Bürgermeister der Stadt Ventimiglia in der Nähe von Genua, Flavio Di Muro (Lega), warnte indes vor den Protesten der einheimischen Bevölkerung. „Die Bürger fühlen sich angegriffen.“ Allein in seiner Stadt kampierten hunderte von Migranten, die darauf warteten, die Grenze nach Frankreich zu überqueren. „Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“
Noch im Juni hatte der Innenminister Italiens, Matteo Piantedosi (parteilos), versichert, daß keine neuen Zeltstädte zur Unterbringung von Migranten errichtet würden. Die JF war kürzlich mit einem Reportteam in Lampedusa und hat die dramatischen Zustände vor Ort dokumentiert.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
(fw)