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Massenmigration aus Afrika: Wie Lampedusa den totalen Kontrollverlust erlebt

Massenmigration aus Afrika: Wie Lampedusa den totalen Kontrollverlust erlebt

Massenmigration aus Afrika: Wie Lampedusa den totalen Kontrollverlust erlebt

Die italienische Küstenwache versucht den Strom afrikanischer Migranten zu ordnen
Die italienische Küstenwache versucht den Strom afrikanischer Migranten zu ordnen
Vor kurzem auf der italienischen Mittelmeerinsel angekommene Migranten aus Afrika Foto: Hinrich Rohbohm
Massenmigration aus Afrika
 

Wie Lampedusa den totalen Kontrollverlust erlebt

Dramatische Szenen auf Lampedusa. Täglich erreiche 1.000 Migranten – fast alles junge afrikanische Männer – die italienische Mittelmeerinsel. Die Situation ist dramatisch, die Einwohner gehen auf die Barrikaden. Die JF ist vor Ort.
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Ausnahmezustand auf Lampedusa. Tausende Migranten befinden sich derzeit auf Italiens südlichster Mittelmeerinsel, die sich gerade einmal 150 Kilometer vor der Küste Tunesiens befindet. Sonniges Wetter und günstige Windverhältnisse sorgen seit fünf Tagen unentwegt dafür, daß mehr als tausend Migranten pro Tag die 22 Quadratkilometer kleine Insel selbst mit kleineren Booten erreichen.

Den 6.000 Einwohnern Lampedusas droht der Kontrollverlust. Phasenweise befanden sich über 9.000 Migranten auf der Insel. Nahezu stündlich kommen neue Schiffe der italienischen Küstenwache oder der Guardia Finanza in den Hafen gefahren, voll beladen mit neuen Migranten.

An der hierfür vorgesehenen Anlegestelle herrschen chaotische Zustände. Die unerwarteten Massen-Ankünfte sorgen für einen Menschenstau an der Hafenmole. Es fehlt an Toiletten, die Migranten verrichten ihre Notdurft an der Kaimauer, rundherum stapelt sich im Hafen der Müll. Dutzende Migrantenboote liegen dicht an dicht im Hafen, viele davon vollkommen verrostet. In ihrem Inneren liegen Rettungsringe und Benzinkanister herum.

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Völlig überfülltest Migranten-Camp

Kräne heben die Boote aus dem Wasser, verladen sie auf LKWs für den Abtransport, um im Hafen Platz zu schaffen und die dramatischen Zeugnisse der Massenmigration zu entschärfen. Diese sind jedoch wenige Kilometer außerhalb der Stadt ungebrochen sichtbar.

Denn schon hunderte Meter vor dem Eingangstor zum Hotspot im Landesinneren der Insel ist der Weg übersät mit auf dem Boden sitzenden Migranten, fast ausschließlich junge afrikanische Männer aus Ländern südlich der Sahara. Der Grund: Das dortige Migrantencamp mit einem Fassungsvermögen für gerade einmal 400 Personen ist vollkommen überfüllt, viele müssen außerhalb der Einrichtung bleiben. Pausenlos bahnen sich Busse des Roten Kreuzes ihren Weg durch die Menge. Sie sollen die Migranten zum Fähranleger bringen, von wo sie per Schiff aufs Festland gebracht werden.

Polizei völlig überfordert

Die Stimmung unter den Migranten ist gedrückt. Mürrische Blicke, kaum einer will reden. Sie hoffen, einen der Plätze für die Busse zu bekommen, die sie zum Fähranleger bringen sollen. Polizisten und zivile Helfer versuchen, die Menge zu beruhigen, versichern, daß genug Busse kommen werden, um alle mitzunehmen. Vergeblich. Nach einer Weile des Sitzens und des Wartens, erheben sich die ersten, setzen sich in Marsch Richtung Innenstadt. Hunderte Folgen. Die Polizei schaut hilflos zu, hat nicht die Kapazitäten, um dieser Eigendynamik etwas entgegenzusetzen. Ein Kontrollverlust.

Migranten im Rot-Kreuz-Zelt auf Lampedusa
Migranten im Rot-Kreuz-Zelt auf Lampedusa am 16. September 2023 Foto: Hinrich Rohbohm

Und die Reaktionen der Politiker bleiben nicht aus. Für den heutigen Sonntag haben sich Italiens Premierministerin Georgia Meloni und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als Besucher auf der Insel angekündigt.

Tags zuvor spielen sich am Abend vor dem Fähranleger dramatische Szenen ab. Hunderte Migranten sitzen unter Zelten des Roten Kreuzes oder unter LKW-Anhängern. Vor ihnen: Ein Eisengitterzaun, der den Weg zur Fähranlegestelle versperrt. Ein schmaler Eingang führt einem Nadelöhr gleich hindurch Richtung Anlegestelle.

Afrikaner streifen unkontrolliert über Lampedusa

Migranten auf Lampedusa erhalten Armbänder
Migranten auf Lampedusa werden von der Behörden mit Armbändern versehen Foto: Hinrich Rohbohm

Immer wieder bricht Unruhe aus. Migranten erheben sich, drängen in Richtung des schmalen Tores. Helfer und Polizisten drängen sie wieder zurück, bitten darum, ruhig zu bleiben, es sei noch nicht so weit. Doch die Migranten wissen: Wer es auf die Fähre schafft, der schafft es auf das europäische Festland. Und schafft es damit in aller Regel, dauerhaft in Europa zu bleiben. Sie wissen auch: Nicht jeder wird auf diese Fähre kommen. „Nur, wer ein mit Nummer versehenes Armband bekommen hat, darf mitfahren“, erklärt eine Helferin der JF. Die Migranten würden einzeln nach Nummer aufgerufen, dürfen erst dann jeweils durch das kleine Tor zum Anleger.

Nicht jeder von ihnen hat diese Nummer. Nur diejenigen, die mit Rotkreuz-Bussen vom Hotspot-Camp hergebracht worden sind. Unter den Wartenden befinden sich aber auch jene Migranten, die sich auf eigene Faust Richtung Fährhafen aufgemacht haben. „Deswegen kommt es immer wieder zum Streit zwischen einzelnen Gruppen“, schildert die Helferin.

Wütende Einwohner blockieren Zeltlieferungen

Und während sich die Migranten darüber streiten, wer auf die Fähre kommt, streiten die Einwohner Lampedusas mit der italienischen Regierung darüber, was von der Fähre runter auf die Insel darf. Knapp 500 Bürger haben sich vor der breiteren Torausfahrt des Anlegers, nicht einmal 20 Meter von den Migrantengruppen entfernt, versammelt. Von hier aus fahren die Autos von der Fähre.

„Wir haben gehört, daß neue Zelte für die Migranten mit an Bord sein sollen. Das würde bedeuten, daß die Migranten hier länger bleiben. Wir wollen das nicht“, erzählt einer der Demonstranten der JF. Die Bürger kündigen an, das Tor zu blockieren, sollten die Zelte abgeladen werden. Polizei mit Schutzschilden marschiert auf, die Lage droht zu eskalieren. Die Fähre soll planmäßig um 18:37 Uhr anlegen. Doch sie kommt nicht, hat kurz vor der Hafeneinfahrt gestoppt. Dann Entwarnung. Die Politik hat eingelenkt, die Zelte werden nicht ausgeladen.

Bürger setzen sich vorerst durch

Doch die Demonstranten bleiben skeptisch, harren vor dem Fähranleger aus. Bis das Schiff schließlich anlegt. Erste Autos fahren heraus, die Menschentraube teilt sich, bildet eine Gasse für die Fahrzeuge. Zumindest so lange, bis ein erster Lkw herausfährt. Es wird lauter, die Stimmung angespannter. Die Demo-Verantwortlichen geben Zeichen. Alles in Ordnung, der Lkw hat keine Zelte geladen.

Dann aber kommt ein Militärlastwagen aus dem Bauch des Schiffes heraus. Wieder wird es unruhig, es soll sich um das Fahrzeug mit den Zelten handeln. Tatsächlich bleibt der Truck am Anleger stehen, fährt nicht durch das Tor. Lampedusas Bürger haben sich gegen die Politiker durchgesetzt. Vorerst.

Vor kurzem auf der italienischen Mittelmeerinsel angekommene Migranten aus Afrika Foto: Hinrich Rohbohm
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