KIGALI. Forscher des in Deutschland gegründeten Energieunternehmens „Dual Fluid“ haben in Ruanda einen Vertrag zum Bau eines Kernreaktors unterzeichnet. Der Geschäftsführer von „Dual Fluid“, Götz Ruprecht, zeigte sich zuversichtlich mit Blick auf die Umsetzung des Vorhabens. „Der Demonstrationsreaktor soll in zwei bis drei Jahren in Betrieb gehen.“ Der Reaktor werde „nur so groß wie eine Waschmaschine“ sein, die gesamte Anlage werde die Fläche von drei Tennisplätzen haben, prognostizierte Ruprecht.
Great news: Dual Fluid has today signed an agreement with the Government of Rwanda, represented by the Rwanda Atomic Energy Board, to build our first demonstration reactor in this country. This will show the groundbreaking Dual Fluid principle in reality for the first time. ⬇️ pic.twitter.com/7GxAH7bJwT
— Dual Fluid (@DualFluid) September 12, 2023
Der geplante Reaktor soll anders funktionieren als bisherige Modelle. Nach Plänen der Entwickler soll Atommüll künftig verbrannt und wiederverwendet werden. Damit entfiele das von Kernkraft-Gegnern oft angeführte Argument der riskanten Endlagerung. Zudem soll der Kernbrennstoff flüssig sein, statt wie bisher festen Brennstoffen zu verwenden. Der flüssige Brennstoff soll von flüssigem Blei ummantelt sein, so daß Wärme nach außen geleitet wird. Daher kommt der Name „Zwei-Flüssigkeiten-Reaktor“, auf Englisch „Dual Fluid Reactor“.
Das verwendete Uran soll einen Anreicherungsgrad von weniger als 20 Prozent haben und mit einer kleinen Menge Chrom vermischt sein. So lasse sich laut Geschäftsführer und Physiker Ruprecht „die Schmelztemperatur des Urans deutlich unter 1.000 Grad Celsius“ absenken.
Betreiber hoffen auf risikofreie Energie
Die Forscher sind davon überzeugt, daß sich der Reaktor dadurch selbst regulieren könne. Wenn die Temperatur in der Reaktorflüssigkeit ansteige, dehne sie sich aus und die Abstände zwischen den Atomen vergrößerten sich. Dadurch werde der Neutronenstrom reduziert und die Temperatur sinke wieder. Das soll verhindern, daß der Reaktor kaputtgehe und Katastrophen wie in Tschernobyl technisch unmöglich machen, wie sich die Unternehmer von „Dual Fluid“ erhoffen.
Zwei Jahre nach Inbetriebnahme des Kraftwerks soll der Reaktor in seine Einzelteile zerlegt werden, um eventuelle Sicherheitslücken zu entdecken und zu beheben. Im Anschluß soll das verwendete Uran auf zehn statt 20 Prozent angereichert werden, was eine weitere Minimierung des Unfallrisikos bedeuten würde. Sollte das funktionieren, könne das Kraftwerk „mit gewöhnlichem Reaktoruran, ja sogar abgereichertem Uran und Atommüllabfällen betrieben werden“, ist Geschäftsführer Ruprecht überzeugt.
Das Konzept für die neuartige Form der Energiegewinnung wurde in Berlin entwickelt. Aufgrund der in der Bundesrepublik weit verbreiteten Skepsis gegenüber Kernkraft entschied sich die Leitung von „Dual Fluid“ 2021, den Hauptsitz nach Kanada zu verlegen. Das Unternehmen hofft auf eine erfolgreiche Umsetzung in Ruanda, um auch in Kanada künftig Kraftwerke dieser Art betreiben zu dürfen. Unklar ist, ob das in Deutschland möglich wäre und ob es politisch gewollt ist. Anfang September hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Blick auf die aktuellen energiepolitischen Debatten gesagt, das Thema Kernkraft sei „in Deutschland ein totes Pferd“. (st)