BEESKOW. Für die Stichwahl um den Landratsposten im brandenburgischen Kreis Oder-Spree hat die zur Neutralität verpflichtete Kreisverwaltung massiv in den Wahlkampf eingegriffen. Am Sonntag tritt der im ersten Wahlgang siegreiche AfD-Kandidat Rainer Galla gegen den SPD-Bürgermeister der Kreisstadt Beeskow, Frank Steffen, an.
In einer vom dienstlichen Account versandten E-Mail, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, hat eine Mitarbeiterin über einen großen Verteiler der Behörde zur Wahl Steffens aufgerufen. Brisant: Sie ist der Personalamtsleiterin im Landratsamt unterstellt. Und diese Dame ist die Ehefrau des SPD-Kandidaten.
AfD-Kandidat: „Angriff auf unsere Demokratie“
Doch damit nicht genug: Die E-Mail-Schreiberin ist gleichzeitig die Tochter des SPD-Fraktionsvorsitzenden in der Stadtverordnetenversammlung in Beeskow – also jener Stadt, die Steffen regiert und von der aus er nun den gesamten Landkreis übernehmen möchte.
AfD-Kandidat Galla zieht „parteipolitische Verstrickungen“ und „Filz-Denken“ als Motivation für die E-Mail in Betracht. Sollte dies so sein, handele es sich wegen des Neutralitätsgebotes um einen „veritablen Angriff auf unsere Demokratie“, sagte er.
„Herrn Galla wollen wir uns nicht vorstellen“
In der E-Mail an den großen Verteiler des Landratsamtes heißt es: „Wir können nicht einfach abwarten, was am 14. Mai passiert.“ Außerdem schreibt sie: „Herrn Galla können/wollen wir uns nicht vorstellen. Es ist auch die Partei an sich, aber keinesfalls nur.“ Dem Volljuristen, der als Justitiar arbeitet, wirft die Absenderin vor, keine innovativen Ideen zu haben und „nicht von hier“ zu kommen, sondern fast sein ganzes Leben in den alten Bundesländern verbracht zu haben.
Dann folgt ein direkter Wahlaufruf der Mitarbeiterin der Ehefrau des SPD-Kandidaten: „Was mich jetzt sehr bewegt und veranlaßt, mich an Sie zu wenden, ist die Angst, daß die Menschen einfach nicht zur Wahl gehen.“ Sie fordert von den Empfängern: „Andere motivieren und selbst wählen gehen!“ Gern wolle sie „weitere Aktionen planen und durchführen“ und bietet an, sich ihr anzuschließen.
SPD-Kandidat mit Korruptionsvorwürfen belastet
Der so unterstützte SPD-Kandidat Steffen hatte in seiner Funktion als Beeskower Bürgermeister bereits im März mit schweren Vetternwirtschafts- und Korruptions-Vorwürfen zu tun. Die Freien Wähler sagten, Steffens Schwager und sein Kämmerer kauften von der Stadt Wassergrundstücke weit unter Wert. Der Sozialdemokrat wies das zurück.
Am Sonntag entscheidet sich, ob er oder Galla neuer Landrat wird. Gewinnt Galla, wäre er der erste AfD-Politiker in Deutschland, der in dieses Amt gewählt wird. (fh)