ROM. Nach stabilen Hochrechnungen ist das Rechtsbündnis um die Fratelli d’Italia als klarer Sieger aus den Parlamentswahlen in Italien hervorgegangen. Laut Berechnungen des Staatssenders RAI entfallen 114 bis 126 der 200 Sitze auf die Allianz aus Matteo Salvinis Lega, Silvio Berlusconis Forza Italia und den von Giorgia Meloni angeführten „Brüder Italiens“.
Die 45jährige wird nun wahrscheinlich nächste Ministerpräsidentin des Landes. Auf die Fratelli d’Italia entfielen demnach 26,1 Prozent der Stimmen (Stand: Montag, 10:00 Uhr), was sie zur stärksten Kraft macht. 2018 hatte die Partei noch bei 4,4 Prozent gelegen. Meloni rief ihren Anhängern in der Wahlnacht zu: „Was passieren wird? Der Spaß ist vorbei!“ Italien werde jetzt wieder seine „nationale Interessen“ vertreten.
Melonis Gewinne von fast 22 Prozentpunkten konnten die Verluste der Lega, die nur noch 8,9 Prozent erreicht und der Forza Italia (8,3 Prozent) mehr als ausgleichen. Außerdem bevorteilt das italienische Wahlsystem Bündnisse, so daß die Rechtsallianz trotz lediglich 43,4 Prozent der Wählerstimmen die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament gewonnen hat.
5 Sterne-Bewegung ist klarer Verlierer
Klarer Wahlverlierer ist die linke 5-Sterne-Bewegung, die ihren Stimmenanteil mehr als halbierte und nur noch bei 15,4 Prozent landete. Den zweiten Platz hinter Giorgia Melonis Partei erreichten mit 19,0 Prozent die Sozialdemokraten. Sie erkannten den Sieg des rechten Lagers bereits an und erklärten, in die Opposition gehen zu wollen.
Das Medienecho und die Reaktionen aus der EU-Kommission sind verheerend. Vielfach ist die Rede von der „rechtesten Regierung Italiens seit Mussolini“. Noch vor Schließung der Wahllokale am Sonntag um 23 Uhr hatte die Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), in der Welt gewarnt, Melonis „wahlkampftaktisches Lippenbekenntnis für Europa“ könne nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie eine Gefahr für das konstruktive Miteinander in Europa darstelle.
EU-Sanktionen gegen Italien?
Mögliche Sanktionen gegen die dritte größte Volkswirtschaft der EU hatte zuvor bereits Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) angedroht. „Wir werden das Ergebnis der Abstimmung in Italien sehen. Wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln, haben wir Instrumente wie im Fall von Polen und Ungarn“, sagte sie.
Dagegen jubelt die AfD, daß zum zweiten Mal innerhalb von kurzer Zeit ihr nahestehende Parteien als Sieger aus Wahlen in EU-Staaten hervorgehen. Die Schwedendemokraten hatten zuletzt in dem skandinavischen Land triumphiert. „Wir jubeln mit Italien!“, twitterte die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch. Sie ergänzte: „Schweden im Norden, Italien im Süden: Linke Regierungen sind so was von gestern.“
Und der forschungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Malte Kaufmann, schrieb: „Ein guter Tag für Italien – ein guter Tag für Europa.“ Auch Politiker des französischen Rassemblement National von Marine LePen der polnischen PiS freuten sich über den Wahlsieg der Fratelli d’Italia .
Mehr als 50 Millionen Italiener waren am Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen. Doch offenbar fiel die Wahlbeteiligung auf den niedrigsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg. Weniger als zwei Drittel sollen ihre Stimme abgegeben haben.
Zuletzt hatte eine Allparteien-Regierung unter dem ehemaligen EZB-Chef Marion Draghi Italien regiert. Nur die Fratelli d’Italia blieben von der Koalition ausgeschlossen. Das hat offenbar auch dazu beigetragen, daß sie nun ihr Ergebnis im Vergleich zu 2018 versechsfachten. (fh)