DUISBURG/DÜSSELDORF. Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat rund zwei Monate nach der Schießerei auf dem Hamborner Altmarkt Ermittlungsverfahren gegen 49 Personen eingeleitet, die zusammen 146 Vorstrafen aufweisen. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der AfD im Landtag hervor, die der Jungen Freiheit vorliegt.
Anfang Mai hatten sich rund 100 Personen aus dem kriminellen Rocker- und Clanmilieu in Duisburg getroffen. Während der folgenden Auseinandersetzung wurden 28 Schüsse durch mindestens drei Menschen abgefeuert. Vier Beteiligte kamen mit Verletzungen in Krankenhäuser, doch „weitere Verletzte aus dem Umfeld der beiden Gruppen werden vermutet“, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Die Scheiben eines Ladenlokals, welches Clanmitgliedern zuzuordnen ist, seien von Hells Angels-Mitgliedern zerstört worden, zudem wurden Gegenstände in das Lokal und auf dort anwesende Gäste geworfen, gab die Behörde weiter bekannt.
Hintergrund der Vorkommnisse war laut Angaben Bild-Zeitung ein Streit bei den Duisburger „Hells Angels“. Ein Libanese soll andere Rocker bei der Polizei angeschwärzt haben. Nach seinem Rausschmiß habe er eine Aussprache gefordert, die in der Schießerei endete.
Schießerei in Duisburg Hamborn 04.05.2022 pic.twitter.com/LaM74nGw3Q
— G.F. (@GordonF25790752) May 4, 2022
AfD: „Regierung muß endlich aufwachen!“
Der innenpolitische Sprecher der AfD im Landtag von Nordrhein-Westfalen (NRW), Markus Wagner, kritisierte die Landesregierung scharf: „Dieser Vorfall zeugt nicht nur von der Eskalationsstufe einer Gewalt, die sich zunehmend in den öffentlichen Raum verlagert. Er macht auch deutlich, daß es trotz intensivierter Bemühungen nicht gelungen ist, die Clankriminalität in Nordrhein-Westfalen wirksam einzudämmen.“
Das habe laut Wagner drei Hauptursachen: Erstens erhielten die Clans über die ungesicherten Grenzen immer neuen Nachwuchs. Zweitens reagiere der Staat viel zu lasch, wenn es um Parallelgesellschaften und harte Urteile gehe. Und drittens: Deutschland und Nordrhein-Westfalen versagten beim Abschieben.
„Die Landesregierung muß jetzt endlich aufwachen. Daß der neue grüne Justizminister Clans nicht mehr Clans nennen will, ist dafür leider kein gutes Zeichen.“ Auch die sogenannten Nadelstiche mit medial begleiteten Razzien müßten endlich mit weiteren Maßnahmen unterfüttert werden. Wagner forderte von der Landesregierung eine „konsequente Abschiebeoffensive“ für ausländische Clan-Kriminelle und eine „harte Hand des Rechtsstaates“, denn das seien die einzigen Abschreckungsmaßnahmen, die von diesen Leuten auch verstanden würden.
Viele der Verdächtigten sind vorbestraft
Die AfD hatte der Landesregierung eine Anfrage gestellt mit der Bitte, neben dem Tathergang auch die Tatverdächtigen, deren Vorstrafen, sowie die jeweiligen Straftatbestände offenzulegen. Auch nach deren Staatsbürgerschaften sowie den Vornamen der mutmaßlich beteiligten deutschen Tatverdächtigen wurde gefragt.
Das Innenministerium von NRW berief sich bei seiner Antwort auf die Erkenntnisse der Duisburger Oberstaatsanwaltschaft: Von den bisher 49 Beschuldigten sind nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen 22 Personen der Rockergruppe „Hells Angels“ angehörig. Bei drei Beschuldigten ist eine Zuordnung zu einer Gruppe „noch fraglich“. Die übrigen Beschuldigten kommen aus dem nicht genauer spezifizierten Clan-Milieu. Bei einigen der Beschuldigten liegen laut Oberstaatsanwaltschaft auch Hinweise für Überschneidungen zwischen Rocker-und Clan-Szene vor.
Von den bisherigen 49 Tatverdächtigen sind 23 deutsch, fünf besitzen eine doppelte Staatsbürgerschaft, 21 sind Ausländer, inklusive einem Staatenlosen. Viele von ihnen sind vorbestraft, einige mehrfach. Beleidigung, sexuelle Nötigung, Betrug, Fahren ohne Fahrerlaubnis, auch versuchter Mord finden sich unter den Delikten. Ein verdächtigter Deutsch-Türke wurde bereits vor der Schießerei von Duisburg polizeilich gesucht.
Duisburg alleine hat 216 polizeibekannte Clan-Mitglieder
Die Staatsanwaltschaft Duisburg gab zudem an, von der öffentlichen Nennung der Vornamen der beteiligten deutschen Staatsbürger werde abgesehen, „um Rückschlüsse auf die Identität der Beschuldigten und die Zuordnung von Vorbelastungen zu vermeiden“.
Alleine in Duisburg soll die Anzahl polizeibekannter Clan-Mitglieder bei 216 liegen. Für den Tatort Hamborner Altmarkt gab das Innenministerium bekannt, über den Zeitraum von einem Monat eine Videoüberwachung per Kamera beauftragt zu haben. Die Frage der AfD, wie viele Clankriminelle aus Duisburg innerhalb der vergangenen fünf Jahre abgeschoben worden seien, wurde ebenfalls beantwortet: „Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht.“
Die Clankriminalität zumeist arabischer Großfamilien beschäftigt die Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen bereits seit mehreren Jahren. Immer wieder versucht die Polizei, mit Razzien gezielt gegen die Strukturen vorzugehen. 2019 mußte das zuständige Landeskriminalamt einräumen, daß es statt der bislang vermuteten 50 Clans rund 100 an Rhein und Ruhr gebe. (st)