BERLIN. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat vor einem verlangsamten Tempo bei der Energiewende durch einen Fachkräftemangel gewarnt. Deutschland brauche mehr Zuwanderung, um die Produktivität beim Ausbau erneuerbare Energien zu sichern, sagte er am Dienstag laut der Nachrichtenagentur Reuters.
„Wir haben heute 390.000 offene Arbeitsplätze und erwarten einen Hochlauf auf bis zu einer Million und drüber“, mahnte der Grünen-Politiker weiter. Wenn Deutschland diese Lücke nicht schließe, könne das Land schwerwiegende Probleme bekommen. Bereits jetzt klagten viele Branchen vom Handwerk bis zur Industrie über zu wenige entsprechend ausgebildete Beschäftigte.
Habeck: Neben Zuwanderung auch Weiterbildung fördern
Um die Lücke zu schließen, müßten künftig mehr Migranten in allen Berufsfeldern eingesetzt werden. Zudem plädiere er dafür, Weiterbildungen intensiver zu fördern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten.
Am Montag hatte bereits Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor einer „dauerhaften Wachstumsbremse“ durch einen Mangel an Fachkräften gewarnt. So fehlten etwa in der Pflege qualifizierte Beschäftigte. Er werde sich als zuständiger Minister dafür einsetzen, die Möglichkeiten zur Weiterbildung zu verbessern und Deutschland zu einer „Weiterbildungsrepublik“ zu machen.
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) legte am Mittwoch überdies Berechnungen über ausländische Arbeitskräfte in Deutschland vor. Diesen zufolge stammt jeder vierte Berufskraftfahrer aus einem anderen Land. In keiner anderen Branche sei der Anteil so hoch. Am zweithäufigsten arbeiten Einwanderer in der Bundesrepublik als Gastronomiefachkräfte. „Ohne Migration funktioniert die Fachkräftesicherung in Deutschland nicht mehr“, machte IW-Ökonomin Annika Jensen gegenüber dem Evangelischen Pressedienst deutlich.
FDP will 500.000 Migranten pro Jahr aufnehmen
Die FDP hatte sich noch vor der Bundestagswahl dafür ausgesprochen, jährlich 500.000 Migranten nach Deutschland zu holen, um den derzeitigen wirtschaftlichen und sozialen Standard zu halten. Deutschland könne es sich nicht leisten, daß Asylbewerber nicht arbeiten dürften, kritisierte der Fraktionsvorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr im Juni. Er sehe auch keine Gefahr, daß Flüchtlinge anderen hierzulande die Arbeitsplätze wegnehmen könnten.
Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag bereits eine Reform des Einwanderungsrechts in Aussicht gestellt. SPD, Grüne und FDP planen unter anderem, künftig schneller Arbeitserlaubnisse auszustellen und abgelehnten Asylbewerbern durch den Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis doch noch das Bleiberecht in Deutschland zu ermöglichen. (zit)