Nach dem desaströsen Ende des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr schwante Politikern und Sicherheitsfachleuten Böses mit Blick auf den Krisenherd Mali. In dem westafrikanischen Staat sind ebenfalls deutsche Streitkräfte im Einsatz, seitdem der Bundestag sie 2013 dorthin schickte.
Sie sollen dort zusammen mit weiteren westlichen Truppen den islamistischen Terrorismus bekämpfen und das Land stabilisieren. Insgesamt sind dort Einheiten aus 36 Staaten im Einsatz, darunter belgische, französische, italienische und dänische Einheiten sowie aus diversen afrikanische Staaten.
Dennoch ist die Lage in Mali nach wie vor höchst unsicher. Laut Quartalsbericht der Vereinten Nationen vom August dieses Jahres hat die Gewalt gegen Zivilisten in Mali von April bis Ende Juni stark zugenommen, berichtete das Bundeswehr-Journal unter Berufung auf den Report. So seien in den drei Monaten dort 527 Menschen getötet, verletzt oder entführt worden. Dafür seien radikalislamische Gruppen, die malische Armee und regionale Milizen verantwortlich.
AfD fordert Ende der Mali-Mission
Die Bundeswehrsoldaten, die als Teil der internationalen Minusma-Mission vor Ort sind, wurden selbst wiederholt das Ziel von Angriffen. So gerieten sie im vergangenen Juni ins Visier eines Attentäters. Bei dem Autobombenanschlag wurden 15 deutsche Soldaten verletzt, drei davon schwer.
Nach einer Mandatsverlängerung durch den Bundestag soll der Einsatz nach aktuellem Stand bis zum 31. Mai 2022 andauern. Das Parlament hat eine Obergrenze von 1.100 Soldaten für die Mission festgelegt.
Angesichts des unrühmlichen Endes der 20 Jahre Bundeswehrpräsenz in Afghanistan warf der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen, der Bundesregierung vor, auch in der Sahelzone keine „erkennbare Strategie im deutschen Interesse“ zu verfolgen. Der Abzug der Bundeswehr aus Mali sei längst überfällig.
Högl will Einsatz überdenken
Am Mittwoch ließ Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer dann aufhorchen. Auf Twitter schrieb sie: „Sollte sich die Zusammenarbeit von Mali mit Söldnergruppen bestätigen, stellt das die Grundlagen des Mandats der Bundeswehr für Minusma und EUTM in Frage und gemeinsam mit dem Bundestag müßten wir Konsequenzen ziehen.“
Sollte sich die Zusammenarbeit von #Mali mit russischen Söldnergruppen bestätigen, stellt das die Grundlagen des Mandats der #Bundeswehr für #MINUSMA und #EUTM in Frage und gemeinsam mit dem Bundestag müssten wir Konsequenzen ziehen. 1/2
— A. Kramp-Karrenbauer (@akk) September 15, 2021
Zuvor war bekannt geworden, daß die malische Militärregierung mit der russischen Wagner-Gruppe darüber verhandeln soll, Mitarbeiter des Privaten Sicherheitsunternehmens zur Ausbildung malischer Einheiten und zum eigenen Personenschutz ins Land zu holen. Laut der Nachrichtenagentur dpa bestritt Rußland, daß es Verhandlungen über eine militärische Präsenz vor Ort gebe.
Derweil stieß auch die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe ins gleiche Horn wie die Verteidigungsministerin. „Die Berichte über einen möglichen Einsatz russischer Söldner in Mali werfen Fragen auf. Sollte es dazu kommen, müssen wir mit den internationalen Partnern und im Verteidigungsausschuss über mögliche Konsequenzen sprechen.“ Dann stelle sich die Frage, ob es noch realistisch sei, in dem Land für Stabilität zu sorgen.
Wird das afrikanische Abenteuer beendet?
Die Wagner-Gruppe, offiziell ein eigenständiges Sicherheitsunternehmen, das unter anderem in Syrien, Libyen und zentralafrikanischen Staaten im Einsatz gewesen sein soll, steht immer wieder im Verdacht, Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Es soll eng mit dem Nachrichtendienst des russischen Militärs zusammenarbeiten.
Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Erfolgsaussichten der Bundeswehrmission in Mali und der Furcht im politischen Berlin vor einem neuerlichen Scheitern, scheint das mögliche Wagner-Engagement den Verantwortlichen nicht ungelegen gekommen. So böte das Auftauchen russischer Söldner womöglich den willkommenen Anlaß, sich aus dem afrikanischen Abenteuer zurückzuziehen.