Farhad Manjoo ist Kolumnist der New York Times. Im Februar 2020 veröffentlichte er einen Text über Einfamilienhäuser in Kalifornien. Daß sich über ein Jahr später zahlreiche Schüler aus Deutschland via Twitter über diesen Text beschwerten, dürfte den Autor allerdings verwirrt haben.
Was Manjoo nicht wußte, seine Kolumne wurde als ein Prüfungstext für die diesjährigen Abiturprüfungen in Nordrhein-Westfalen ausgewählt. Doch der Stil und insbesondere einige nicht alltäglichen und umgangssprachlichen Vokabeln sorgten bei den Jugendlichen an Rhein und Ruhr für Kopfzerbrechen.
New York Times-Autor gibt Nachhilfe via Twitter
Frustriert über den aus ihrer Sicht zu komplizierten Text, ließen sie ihrem Ärger freien Lauf. „Dein Artikel hat meine Abschlußprüfung ruiniert.“ „Du magst keine Einfamilienhäuser, aber ich muß auf der Straße leben, wenn ich mein Abitur nicht schaffe.“ So dramatisch äußerten einige der Schüler ihre Verzweiflung.
Ur article fucked my final exams thank you for nothing
— ✨ (@XAylosch) April 23, 2021
Andere wollten für die Schimpftiraden immerhin noch Anerkennung dafür, daß sie angeblich so eloquent in den sozialen Medien kommentierten. Das Bildungsministerium sollte demnach berücksichtigen, daß die Schüler in der Lage seien, auf Twitter ihren Frust auf Englisch zu äußern.
The German education ministry should really take into account how many students are leaving comments on your Twitter/IG and that we are, quite frankly, able to communicate our frustration in English
— anja (@anzudemja) April 24, 2021
Manjoo selbst nahm sich des Ärgers seiner unvermuteten Leserschaft an. So bemühte er sich in einigen Fällen, Vokabelfragen zu beantworten. Nachhilfe via Twitter. Mangelnden Willen, sich seinen jungen Kritikern zu stellen, kann ihm nicht vorgeworfen werden.
Aber das Meckern klappt
Wie viele Schulabschlüsse in Nordrhein-Westfalen Manjoo auf dem Gewissen hat, wird sich wohl nicht so leicht feststellen lassen. Angesichts der wortgewaltigen und emotionalen Ausbrüche sei jedoch eine Frage gestellt: Warum wählten die Schüler nicht einfach den anderen Prüfungstext?
Wie eine Lehrerin der JF bestätigte, stand noch „Kleingärten können Welterbe sein“ von Christa Hasselhorst aus der FAZ zur Auswahl. Dieser war sogar auf Deutsch. Offenbar sprach das Thema die vermeintlich nun Geschädigten nicht so sehr an, wie US-amerikanischer Häuserbau. Aber immerhin klappt das Schimpfen und Meckern auf Englisch ganz gut.