HANNOVER. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat Bundesinnenminister Horst Seehofers (CSU) vorgeworfen, mit seiner Ankündigung, sich für ein Ende des Abschiebestopps nach Syrien einzusetzen, die Realität zu ignorieren. Ein entsprechender Schritt sei derzeit nicht möglich. Seehofer wisse das, wolle aber „in populistischer Weise punkten“, kritisierte Pistorius am Donnerstag gegenüber dem Tagesspiegel.
Seehofer hatte Ende November angekündigt, sich bei der nächsten Innenministerkonferenz im Dezember dafür einzusetzen, künftig zumindest Gefährder und Straftäter wieder nach Syrien abzuschieben. Anlaß dafür war der Mord an einem Touristen in Dresden Mitte Oktober. Ein 20 Jahre alter Syrer, der als Flüchtling nach Deutschland gekommen war, hatte den Mann erstochen und dessen Begleiter schwer verletzt.
Kein EU-Land schiebe nach Syrien ab
Den Informationen des Auswärtigen Amts zufolge, herrsche in Syrien aber weiter Krieg, mahnte Pistorius. Die Situation habe sich nicht verbessert. Zudem fehlten die praktischen Voraussetzungen. Deutschland habe seit 2012 keinerlei diplomatische Beziehungen mit dem Land und keinen Kontakt zur „Assad-Diktatur“. Kein einziges EU-Land schiebe derzeit nach Syrien ab.
Seehofer führe somit „Phantomdebatten“. Die Mehrzahl der Gefährder stamme zudem gar nicht aus dem Land, sondern komme aus anderen Staaten. „Hier bleibt der Bundesinnenminister weitgehend tatenlos. Ich würde es sehr begrüßen, wenn hier beispielsweise über die Visavergabe oder die Kürzung von Finanzmitteln deutlich mehr Druck gemacht würde“, bekräftigte der niedersächsische Innenminister. (zit)