Zehn Millionen Kurzarbeiter, dreihunderttausend neue Arbeitslose. Das ist die vorläufige Zwischenbilanz des staatlich verordneten Stillstands der deutschen Volkswirtschaft zum „Tag der Arbeit“. Für eine wachsende Zahl von Arbeitnehmern wird der 1. Mai in diesem Jahr zum Tag der Angst um den eigenen Arbeitsplatz.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der noch vor sechs Wochen versprach, die Corona-Krise werde „keinen einzigen Arbeitsplatz“ kosten, ist schon jetzt als ahnungsloser Schönschwätzer diskreditiert. Das böse Erwachen kommt aber erst noch. Der Einzelhandel rechnet mit 50.000 Insolvenzen, der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga, der 225.000 Betriebe mit 2,4 Millionen Beschäftigten vertritt, sieht ein Drittel seiner Mitglieder pleitegefährdet. Je länger der Zwangsstillstand andauert, desto größer der Tsunami an Insolvenzen und Arbeitslosigkeit, der darauf folgt.
Noch wiegen die Deutschen, glaubt man den Umfragen, sich in ihrem fatalen Hang zur Obrigkeitsgläubigkeit in trügerische Sicherheit. Der Staat, der Sozialstaat, werde es schon richten. Und hat die Regierung nicht eben sogar das Kurzarbeitergeld erhöht?
Vermeintliches Wundermittel
Die Zuversicht ist doppelt trügerisch. Zum einen, weil das vermeintliche Wundermittel „Kurzarbeitergeld“ selbst nicht so funktioniert, wie bräsige Regierungspolitiker das gerne hinstellen. Die ersten Unternehmen können die Gehälter schon nicht mehr zahlen und müssen Insolvenz anmelden, weil sie das Kurzarbeitergeld erst mit vielwöchiger Verspätung auszahlen können, kein Geld zum Vorstrecken in der Kasse ist und die Banken auch die Kreditlinien nicht ausweiten.
Unternehmen, die vorher schon angeschlagen waren, trifft es zuerst; wessen Geschäftsmodell vorher schon nicht tragbar war und nur durch billiges Kreditgeld durchgeschleppt wurde, hat in der Krise die geringsten Überlebenschancen. Mancher nimmt das Kurzarbeitergeld noch gern mit, andere nutzen die Gelegenheit, ohnehin beabsichtigte Entlassungen endlich durchzuziehen.
Kein Staat kann die Gesetze der Ökonomie dauerhaft außer Kraft setzen. Es kann nicht gutgehen, wenn zehn Millionen Menschen, fast ein Drittel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, aus der Staatskasse bezahlt werden statt aus dem, was sie durch ihre Arbeitskraft erwirtschaften. Das sind, nüchtern betrachtet, Zustände wie in der Spätphase sozialistischer Staatswirtschaft.
Was der Staat den Bürgern gibt, muß er ihnen nehmen
„Der Staat“ aber hat selbst kein Geld. Was immer die öffentliche Hand an die Bürger verteilt, muß sie den Bürgern, denselben oder anderen, wegnehmen. Entweder gleich über Steuern und Abgaben, oder später, wenn die vom Staat mit leichter Hand aufgenommenen Schulden durch neue Steuern, Geldentwertung oder andere Formen der Konfiskation bezahlt werden müssen.
Wie man es auch dreht und wendet, nicht nur die Krise selbst, die eine globale ist, sondern auch die Art und Weise, wie die Bundesregierung damit umgeht, wird Deutschland und die Deutschen ärmer machen. Jede Woche Stillstand, warnen die Wirtschaftsverbände, kostet die deutsche Volkswirtschaft einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag an Wertschöpfung.
Was nicht da ist und nicht geschaffen wurde, kann auch durch Geldschöpfung aus der Luft nicht ersetzt werden. Es fehlt – für künftige Innovationen und Investitionen, für den privaten Wohlstand und Konsum, für den Sozialstaat, auch für das Gesundheitswesen. Spätestens wenn die Rechnung kommt, stellt sich unbarmherzig die Frage, ob die radikale Zwangsvollbremsung der deutschen Volkswirtschaft und der penetrante politische Unwille, den Stillstand so rasch wie möglich wieder zu beenden, wirklich die weiseste Strategie im Kampf gegen die Corona-Pandemie war.