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COVID-19: Öffnungsdiskussionsorgien und vielleicht ein Sommermärchen

COVID-19: Öffnungsdiskussionsorgien und vielleicht ein Sommermärchen

COVID-19: Öffnungsdiskussionsorgien und vielleicht ein Sommermärchen

3M-Maske
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3M-Maske Foto: picture alliance/ZUMA Press
COVID-19
 

Öffnungsdiskussionsorgien und vielleicht ein Sommermärchen

Die Diskussionen über einen sicheren aber auch klar strukturierten Übergang in eine schrittweise Normalität werden im Kanzleramt offensichtlich als wenig legitime politische Ausschweifung angesehen. Doch wie ist die reale internationale COVID-19 Lage? Ein Überblick.
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Im Kanzleramt muß Frau Merkels Wortneuschöpfung „Öffnungsdiskussionsorgien“ wohl so gefallen sein. Im Kontext dazu äußerte sie: „Wir dürften keine Sekunde leichtsinnig werden, keine Sekunde uns in Sicherheit wiegen“. Die notwendigen Diskussionen über einen sicheren aber auch klar strukturierten Übergang in eine schrittweise Normalität werden offensichtlich als wenig legitime politische Ausschweifung angesehen. Das paßt ganz gut zu den USA; dort löscht Facebook Aufrufe zu kritischen Positionen und Protesten; vorgeschriebene Kontroll- Apps sollen helfen, Corona zu kontrollieren.

Wie aber ist die reale internationale COVID-19 Lage? In der westlichen Welt zeichnet sich weiter eine Entspannung  beim Anstieg der Neuinfektionen ab. Selbst in den USA scheint wohl der Gipfel der Neuerkrankungen erreicht, ähnlich wie in England. In Spanien, Italien Frankreich und auch in Deutschland sinken die Zahlen der Neuerkrankungen. In Spanien verminderte sich die Zahl der Todesfälle von Anfang April mit mehr als 900 Opfern täglich auf jetzt 399.

Die österreichische Regierung kann sich unter bestimmten Bedingungen eine Öffnung der Grenzen für Sommerurlauber aus Deutschland vorstellen. Mögliche Fortschritte im Tourismus hingen natürlich von der Entwicklung der Corona-Pandemie in Deutschland und Österreich ab. Frankreichs Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye hingegen hat den Bürgern beim Buchen ihres Sommerurlaubs zur Zurückhaltung geraten.

Negative Entwicklung in Singapur

Ein Konzeptpapier zum Neustart des Flugverkehrs unter den Führungen deutscher Fluggesellschaften und Flughäfen sieht vor, daß Passagiere Schutzmasken zumindest für die Phase der „Wiederaufnahme“ tragen sollen.

Im Gegensatz zu den vom Grundsatz her positiven Daten äußerte sich  der Berliner Virologe Christian Drosten eher kritisch. Verschleppte einzelne Fälle – zum Beispiel durch Reisen, Besuche oder Treffen aus Ausnahmegründen – könnten wieder zu steigenden Zahlen führen. Höhere Altersgruppen könnten zunehmend betroffen sein, „weil eben doch man sich im Freundeskreis hier und da noch mal weiter trifft“ oder weil Großeltern eben doch besucht würden. Diese Diffusionseffekte wären fast zwangsläufig.

Daß die global positive Entwicklung keine Einbahnstraße darstellt, zeigt das vorbildliche Singapur. Hier wurde ein Sprung von 1.425 neuen Fällen verzeichnet und damit liegt der 5,8 Millionen Einwohner zählende Stadtstaat  jetzt mit 8.014 bestätigten Fällen an der Spitze in Südostasien. Das Gesundheitsministerium teilte mit, die meisten neuen Fälle beträfen Bewohner von Unterkünften für ausländische Arbeiter.

Angesichts nahezu 800.000 bestätigten Infektionen und mehr als 40.000 Toten infolge einer Covid-19-Erkrankung drängt Präsident Trump die US-Bundesstaaten zu mehr schnellen Tests, um die Einschränkungen für die Wirtschaft und das öffentliche Leben lockern zu können – doch sowohl republikanische als auch demokratische Gouverneure beklagen einen Mangel an flächendeckenden Tests. Gleiches gälte für Schutzmaterialien wie Atemmasken.

Umdenken bei Schutzmasken

Offensichtlich kommt es in Deutschland nach und nach zu einer Maskenpflicht. Wurde noch im Februar vom Gesundheitsministerium, dem RKI und diversen Fernsehvirologen vorgetragen, daß das Tragen von Schutzmasken nicht zweckdienlich sei und Schutzkleidung, Desinfektionsmittel als auch Sprühgeräte an chinesische Behörden verschickt wurden, die diese Schutzmaterialien ihrerseits für zweckdienlich hielten, kam es offensichtlich zu einem Umdenken. Zufälligerweise sind in Deutschland Schutzmasken jetzt wieder besser erhältlich.

Die Bundeskanzlerin persönlich empfiehlt, in Bus und Bahn oder beim Bäcker doch besser eine Maske zu tragen. Masken der Güteklasse „FFP-2“ oder „FFP-3“, die die eigenen Viren und die anderer Menschen abhalten können, sind jedoch dem medizinischen Personal vorbehalten. Die klassische einfache OP-Maske hingegen ist bei Operationen dafür gedacht, offene Wunden vor infektiösen Tröpfchen aus der Atemluft der Operateure zu schützen. Da diese einfachen Masken nicht eng genug anliegen, kann beim Einatmen Luft samt Erreger auf die Schleimhäute gelangen.

Bei den sogenannten Community-Masken oder Alltagsmasken, die man selbst nähen kann, ist eine Schutzwirkung laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht nachgewiesen. Lediglich „die Geschwindigkeit des Atemstroms oder Speichel-Schleim-Tröpfchenauswurfs würde reduziert und als physische Barriere vor größeren Tröpfchen und dem Kontakt der eigenen kontaminierten Hände mit der Mund-Nasen-Schleimhaut schützen – also besser als nichts.

Sars-Cov-2 reagiert empfindlich auf Wärme

Die Regeln: Die Alltagsmasken sollen aus festem, engmaschigem Gewebe bestehen. Vor dem Anziehen sollten die Hände gewaschen, die Maske nicht an der Innenseite angefaßt werden und Mund, Nase und Wangen eng anliegend bedeckt sein, damit so wenig Luft wie möglich über die Seiten eindringt. Beim Ausziehen der Maske sollte die Außenseite möglichst nicht berührt werden, da sich dort Viren befinden könnten.

Möglicherweise hilft der Sommer gegen Covid-19. Sars-Cov-2 reagiert empfindlich auf Wärme. Wie ein Team um Alex Chin der Universität Hong Kong berichte, überlebten bei vier Grad auch nach zwei Wochen 20 Prozent der ursprünglichen Viren; bei 37 Grad war schon nach einem Tag lediglich ein Promille übrig. Es ist allerdings unwahrscheinlich, daß Sars-Cov-2 in der warmen Jahreszeit von allein verschwinden wird, wie es Grippe- und Erkältungserreger alljährlich tun denn auch in den Tropen stecken sich Menschen mit dem neuen Coronavirus an.

Allerdings: Die Länder mit vielen Covid-19-Toten und Erkrankten finden sich ungefähr in kühleren Regionen nördlicher Breite. Jenseits davon, besonders in den Tropen und auf der Südhalbkugel, scheinen die Fallzahlen vergleichsweise moderat. Das kann an Temperatur und Luftfeuchtigkeit liegen oder daran, daß wohlhabende Länder viel mehr testen und so schneller mehr Fälle detektiert werden. Auf dem afrikanischen Kontinent steigen die offiziellen Fallzahlen teilweise deutlich, ebenso in Südamerika oder Australien. Doch es ist gut möglich, daß Sars-CoV-2 bei uns im Sommer deutlich weniger ansteckend sein wird, und das wäre ja fast ein Sommermärchen.

3M-Maske Foto: picture alliance/ZUMA Press
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