BERLIN. Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sind zu den neuen Vorsitzenden der SPD gewählt worden. Der 67 Jahre alte Walter-Borjans erhielt auf dem Parteitag in Berlin von den Delegierten 89,2 Prozent. Die 58jährige Esken erzielte mit 75,9 Prozent ein deutlich schlechteres Ergebnis. Damit wird die Partei erstmals in ihrer Geschichte von einer männlichen und einer weiblichen Doppelspitze geführt.
Beide hatten für ihre Reden zuvor teils kräftigen Applaus erhalten. Die SPD müsse wieder die Partei der „Verteilungsgerechtigkeit“ werden, forderte Walter-Borjans. Wer ein hohes Einkommen und Vermögen habe, müsse auch einen entsprechenden Beitrag für das Gemeinwesens zahlen. „Wenn eine Rückkehr zur Partei Willy Brandts, und in meinem Fall aus langer gemeinsamer Geschichte auch Johannes Raus, ein Linksschwenk der Partei ist, dann bitte sehr, dann machen wir gemeinsam einen ordentlichen Linksschwenk.“
Urspünglich hatten Esken und Walter-Borjans in den Wochen ihrer Bewerbung für den Parteivorsitz einen möglichen Austritt aus der Großen Koalition in Berlin ins Spiel gebracht – für den Fall, daß sie gewählt würden. Mittlerweile deutet sich aber an, daß die SPD in der Regierung verbleiben möchte.
Kühnert: Sehe keine „Oppositionssehnsucht“
Auf dem Parteitag signalisierte Esken am Freitag, der Koalition mit der Union noch eine Chance zu geben. Der Leitantrag für den Parteitag ermögliche es der SPD, „in allem Respekt und auf anständigem Niveau“ mit CDU und CSU über einen Fortbestand zu verhandeln.
Sie sagte laut einem Bericht der Welt aber auch, Deutschland brauche notwendige Veränderungen: „Wir werden sehen, ob das möglich ist in dieser Koalition oder ob wir sie beenden müssen.“ Auch Walter-Borjans äußerte sich kritisch zum Bündnis mit der Union: „Wir glauben, daß diese Konstellation uns hindert, daß sie uns an vielen Stellen blockiert.“ Der Leitantrag für den Parteitag sei aber ein Kompromiß, um mit der Union über die für die SPD wichtigen Themen zu verhandeln.
Juso-Chef Kevin Kühnert und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sprachen sich ebenfalls für Verhandlungen mit der Union über eine Fortsetzung der Koalition aus. Es dürfe zwar kein „weiter so“ geben, mahnte Kühnert, er sehe aber auch keine „Oppositionssehnsucht“ in der Partei.
Zuvor hatte der Parteitag die Weichen für eine Erweiterung des Parteivorstands gestellt. Künftig soll es nicht wie bisher nur drei stellvertretende Vorsitzende geben, sondern fünf. So würde die Partei eine Kampfkandidatur zwischen Kühnert und Heil vermeiden, die sich beide für einen Posten als Vize bewerben. (krk)