BERLIN. Die Justizverwaltung in Berlin hat einen ersten Gesetzesentwurf für straffreies Schwarzfahren angefertigt, der in den Bundesrat eingebracht werden soll. „Eine entsprechende Vorlage befindet sich im Senat in der internen Abstimmung“, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder der Berliner Morgenpost.
Sollte die Neuregelung Gesetzeskraft erlangen, müßten Fahrgäste der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der S-Bahn, die ohne Ticket erwischt werden, zwar weiterhin ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ von 60 Euro zahlen. Wer aber kein Ticket kauft, soll damit keine Straftat mehr begehen, sondern nur noch eine Ordnungswidrigkeit. Wiederholungstäter erhielten somit keine zusätzliche Geldbuße, keinen Gerichtsprozeß und keine Haftstrafe mehr.
Kritik von der CDU
„Schwarzfahren legalisieren zu wollen, bedeutet eine gefährliche Verlotterung unseres Rechtssystems“, kritisierte der rechtspolitische Sprecher der Berliner CDU, Sven Rissmann. Skeptisch ist auch die BVG. „Die Menschen wären auch empört, wenn jemand ein Brötchen stiehlt und das nicht mehr bestraft werden sollte“, teilte BVG-Sprecherin Petra Reetz mit. „Wir befürchten, daß die Schwarzfahrerquote dadurch deutlich steigen wird.“
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte bereits im November Sympathien für eine Straffreiheit des Schwarzfahrens bekundet. Der Aufwand der Behörden stünde „in keinem vernünftigen Verhältnis“ zur Tat. Auch Innensenator Andreas Geisel (SPD), der lange Zeit für die Beibehaltung der bestehenden Gesetze plädiert hatte, will sich einer Gesetzesänderung nicht mehr in den Weg stellen.
Die Quote der in Berlin erwischten Schwarzfahrer schwankt zwischen 2,5 und acht Prozent aller kontrollierten Fahrgäste. Verurteilt wird allerdings nur ein Bruchteil. Schwarzfahren wird bundesweit geregelt. Eine Änderung müßte daher nicht nur vom Bundesrat, sondern auch durch den Bundestag beschlossen werden. (ha)