STOCKHOLM. Der schwedische Wirtschafts- und Erziehungsforscher Gabriel Heller Sahlgren hat sich für strengere Unterrichtsformen ausgesprochen. In einem konservativen Schulsystem würden Schüler bessere Leistungen bringen, sagte er im Interview mit dem Schweizer Tagesanzeiger.
Die früheren guten Pisa-Ergebnisse der finnischen Schüler hätten nicht mit modernen Lehrmethoden zu tun. Sie seien vielmehr die Spätfolgen einer traditionellen, autoritären Haltung. Daß die finnischen Pisa-Resultate in den vergangenen Jahren zurückfielen, sei der Umstellung auf moderne Unterrichtsmodelle geschuldet, schrieb Sahlgren in einer im April erschienenen Studie.
Zielkonflikt zwischen Kompetenz und kritischem Denken
Zwar sollten die Resultate nicht überbewertet werden, warnte Sahlgren, „aber kein anderes nordeuropäisches Land hat zwischen 2003 und 2012 so viele Punkte eingebüßt wie Finnland, und das muß doch zu denken geben“.
Jedoch seien moderne Erziehungsmethoden nicht grundsätzlich schlecht für die Schüler, sagte der Wissenschaftler. Sie stärkten die soziale Kompetenz, die Kreativität und das gegenseitige Vertrauen. „Aber diese Kinder werden schlechter abschließen in Mathematik, Chemie, Physik und Lesefertigkeit“, versicherte er. Es gäbe einen Zielkonflikt zwischen Kompetenz und kritischem Denken.
Mehr Drill in den Schulen
Lange Zeit sei das finnische Schulsystem konservativ aufgebaut gewesen, äußerte sich Sahlgren, ein autoritärer Lehrer habe den Schülern im Frontalunterricht das Wissen vermittelt. „Die Schülerinnen und Schüler mochten ihre Lehrer nicht, sie fühlten sich unglücklich an der Schule“, sagte der 29jährige, „aber sie erbrachten eine hohe Leistung und erreichten sehr gute Resultate.“
In den übrigen nordischen Ländern fühlten sich die Schüler zwar wohler, schnitten bei Vergleichstest aber schlechter ab als Finnland. Dabei müßten nicht alle Fächer nach der gleichen Lernmethode unterrichtet werden. Es spräche nichts dagegen, naturwissenschaftliche Fächer auf hergebrachte Art zu unterrichten, Sprachen oder Geschichte auf moderne.
Den Drill, mit dem asiatische Eltern ihre Kinder fördern, sieht Sahlgren nicht als einziges Ideal. Allerdings ist er der Meinung, „daß wir etwas mehr davon brauchen“. (eh)