LEIPZIG. Der Leipziger Soziologe Gert Pickel hat davor gewarnt, auf die schweren linksextremen Ausschreitungen in Leipzig mit mehr Polizeipräsenz zu reagieren. Es dürften zwar keine rechtsfreien Räume zugelassen werden, aber eine „Massierung der Polizei“ würde von der linksextremen Szene als Provokation verstanden, sagte der Religions- und Kirchensoziologe, der auch am Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus und Demokratieforschung der Universität Leipzig arbeitet, der Nachrichtenagentur dpa.
„Der Feind ist die Polizei als uniformierte sichtbare Präsenz des Staates“, gab Pickel zu bedenken. Statt mehr Polizei schlug er vor, sich mit gemäßigten Personen aus der Szene an einen Tisch zu setzen. Diese könnten die radikalen Kräfte am ehesten erreichen.
Am vergangenen Freitag hatten etwa hundert vermummte Linksextremisten in Leipzig Barrikaden errichtet, Autoreifen angezündet sowie das Bundesverwaltungsgericht und das amerikanische Konsulat angegriffen. Auch mehrere Fahrzeuge wurden beschädigt oder zerstört. Der Schaden beläuft sich laut Polizei auf mehrere zehntausend Euro.
Polizei plant Soko gegen Linksextremismus
Allein in diesem Jahr war es schon zu mehreren teils heftigen Attacken von Linksextremisten auf Einrichtungen des Staats gekommen. So griffen beispielsweise im Januar rund 50 vermummte Linksextremisten eine Polizeiwache mit Steinen und Brandsätzen an. Nach den jüngsten Ausschreitungen plant die Leipziger Polizei nun die Gründung einer Sonderkommission gegen Linksextremismus.
Seit Jahren beklagen Innenexperten einen starken Anstieg linksextremer Gewalt. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) räumt der Bekämpfung des Linksextremismus jedoch keine wichtigen Stellenwert ein. Entsprechende Förderprogramme wurden von ihr zu Beginn ihrer Amtszeit mit der Bemerkung gestrichen, Linksextremismus sei ein aufgebauschtes Problem. (krk)