WOLFSBURG. Im Hauptwerk von Volkswagen (VW), dem größten Automobilhersteller Europas, droht ein Fertigungsstop der verkaufsstärksten Modelle „Golf“ und „Tiguan“ sowie die Umstellung auf Kurzarbeit. Wie die Bild berichtet, könnten die Bänder in Wolfsburg wegen eines Mangels an Halbleitern bereits ab nächster Woche stillstehen.
Laut dem Blatt, das sich auf Konzernkreise beruft, habe VW noch genügend Chips für diese Woche. Nach dem Einbau dieser müsse die Produktion jedoch für einige Modelle gestoppt werden. Voraussichtlich würde zunächst der „Golf“, danach der „Tiguan“ davon betroffen sein.
VW-Produktionsstop geht auf Fehde mit China zurück
Auslöser für die Halbleiterknappheit ist der Streit um den niederländischen Chiphersteller Nexperia, der seine Produkte an Zulieferer schickt. Das Unternehmen gehört zum chinesischen Elektronikhersteller Wingtech Technology, der Chips für Nexperia in Gehäuse einbaut und diese aus China zurück nach Europa und die Welt exportiert.
Auf Druck der Vereinigten Staaten und unter Angabe von Sicherheitsgründen hatte die niederländische Regierung des parteilosen Ministerpräsidenten Dick Schoof Nexperia Anfang Oktober übernommen. Offenbar wurde auch befürchtet, die Firma könne nach China abwandern.
Im Zuge dessen wurde im niederländischen Nijmegen der chinesische Leiter der dortigen Nexperia-Werke, Zhang Xuezheng, durch den bisherigen Finanzchef des Unternehmens, Stefan Tilger, ersetzt. Daraufhin reagierte Peking mit Exportkontrollen und damit zusammenhängenden Ausfuhrbeschränkungen wichtiger Elektroteile nach Europa.
Europäische Autobranche steckt in tiefer Krise
Der durch die niederländische Regierung ins Rollen gebrachte Stop der Chipproduktion trifft die europäische Autobranche schwer. Laut der Bild habe VW bereits Kontakt zur Bundesagentur für Arbeit aufgenommen, um Kurzarbeit für Tausende Mitarbeiter auf den Weg zu bringen.
Insgesamt befindet sich die europäische Automobilproduktion seit Jahren auf Talfahrt, während die chinesische ihren Vorsprung ausbaut (JF berichtete). Demnach ging die Pkw-Produktion innerhalb der Europäischen Union seit 2015 um 20 Prozent zurück – von 14,7 auf 11,8 Millionen Fahrzeuge. In Deutschland sank die Fertigung in den vergangenen zehn Jahren um 29 Prozent, von 5,7 auf vier Millionen Autos. Zuletzt gab der Automobilzulieferer Bosch an, weitere 13.000 Stellen in Deutschland zu streichen (JF berichtete).
In China dagegen stieg die Automobilproduktion seit 2015 um 30 Prozent – von 21,1 auf 27,5 Millionen Pkw. (rsz)