BERLIN. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die Lebenserwartung der Bevölkerung zu koppeln. Zudem schlug der Volkswirt vor, Anreize für Mehrarbeit zu schaffen. „Wir sollten darüber nachdenken, es Rentnerinnen und Rentnern einfacher zu machen, wenn sie neben der Rente weiterarbeiten wollen“, sagte er in einem Interview mit dem Tagesspiegel.
Nagel zufolge werde Deutschland in einer alternden Gesellschaft den Wohlstand nicht erhalten können, ohne Veränderungen vorzunehmen. Demnach würden in den kommenden zehn bis zwölf Jahren allein in der Bundesbank 40 Prozent der Mitarbeiter in den Ruhestand gehen: „Ich glaube, an dieser Stelle sind Reformen unumgänglich.“ Nagel betonte, Deutschland müsse „grundsätzlich“ dafür sorgen, daß alle, die gerne arbeiten würden, auch arbeiten könnten, zum Beispiel durch den Ausbau der Kinderbetreuung.
Neben Rentenreformen hält Nagel auch Zuwanderung für wichtig
Zudem nannte der Bundesbank-Chef die Zuwanderung „wichtig“. „Sonst werden wir die Fachkräftelücke nicht schließen können“, mahnte er. Dabei beklagte er, im Ausland „oft gefragt“ zu werden, ob Investitionen in Deutschland möglich seien. In diesem Zusammenhang bekannte sich Nagel dazu, an den Winterprotesten gegen die AfD teilgenommen zu haben. „Als das Geheimtreffen zur ‘Remigration’ bekannt geworden ist, bin ich wie viele auf die Straße gegangen und habe mich zum ersten Mal in meinem Leben einer Demonstration angeschlossen.“
Nagel wurde 2022 zum Nachfolger von Jens Weidmann als Präsident der Bundesbank ernannt. Kraft seiner Position ist er zudem Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank. Er engagiert sich in der SPD, für dessen Vorstand er zwischen 1994 und 1997 als Referent für Wirtschafts- und Finanzpolitik gearbeitet hatte. (kuk)