BERLIN. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sind im Streit über längere AKW-Laufzeiten aneinandergeraten. So blockiert Lindner derzeit einen Gesetzentwurf, der den Streckbetrieb von zwei süddeutschen Atomkraftwerken regeln soll.
„Wenn man will, daß die Atomkraftwerke nach dem 31. Dezember noch Strom produzieren können, muß man jetzt den Weg dafür frei machen“, zeigte sich Habeck erzürnt. In seinem Entwurf ist vorgesehen, daß nur zwei Atomkraftwerke bis Ende des Frühjahrs in der Reserve gehalten werden. Die FDP hatte immer wieder gefordert, angesichts der Energiepreis-Explosion alle sechs noch funktionsfähigen Kernkraftwerke am Netz zu lassen.
Habeck warnt Lindner
Blockiert FDP-Chef-Lindner den Entwurf, um nach der verlorenen Landtagswahl Druck auf die Koalitionspartner auszuüben? Der Finanzminister ließ am Montag jedenfalls einen Beschluß zum sogenannten Streckbetrieb der zwei Kernkraftwerke bereits zum zweiten Mal scheitern. Intern soll er angekündigt haben, auch im Umlaufverfahren nicht zustimmen zu wollen.
Habeck warnte nun gegenüber dem Spiegel: „Die Zeit drängt.“ Es habe „feste Absprachen“ gegeben, an die sich alle in der Regierung zu halten hätten. „Man kann nicht längere Laufzeiten wollen und gleichzeitig verhindern, daß die Atomkraftwerke laufen können“, monierte der Wirtschaftsminister.
Petition auf Zielgeraden
Auch die AfD forderte am Dienstag einen Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke und ein Ende des Regierungsstreits. „Natürlich müssen jetzt alle vorhandenen Kraftwerkskapazitäten ans Netz, um die Strompreise zu drücken und das Blackout-Risiko zu senken“, forderte der wirtschaftspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Leif-Erik Holm. „Daß darüber in der Regierung überhaupt noch diskutiert werden muß, beweist, daß Wirtschaftsminister Habeck den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt hat und das grüne Parteiprogramm weiter über die Energiesicherheit Deutschlands stellt.“
Unterdessen ist eine Petition an den Bundestag, in der ebenfalls ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke gefordert wird, auf der Zielgeraden angekommen. Sie wurde von 19 Hochschulprofessoren eingebracht, hat bereits fast 38.000 Unterschriften und kann noch drei Tage gezeichnet werden. (ho)