BERLIN. FDP-Chef Christian Lindner hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für dessen Festhalten an der kalten Progression scharf kritisiert. „Hören Sie auf, sich an der ‘kalten Progression’ zu bereichern!“, heißt es in einem Brief an den CDU-Minister. „Steuerzahler mit Jahresgehalt zwischen 10.000 und 30.000 Euro würden um bis zu vierzehn Prozent entlastet, rechnen Experten.“
Lindner wies darauf hin, daß sowohl die Unionsparteien als auch die FDP bereits bei zwei Bundestagswahlen die Abschaffung der kalten Progression versprochen hatten. Mittlerweile hätten auch SPD und Gewerkschaften teilweise die Position der FDP übernommen. In der vergangenen Legislaturperiode war ein Vorstoß der damaligen schwarz-gelben Regierungskoalition im noch von Sozialdemokraten dominierten Bundesrat gescheitert.
Auch Bund der Steuerzahler kritisiert
Obwohl diesmal mehrere SPD-geführte Länder ihre Verhandlungsbereitschaft signalisierten, sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dennoch keinen Spielraum für einen Abbau der kalten Progression. Der Bund der Steuerzahler kritisierte diese Haltung. „Im Wahlkampf wurde versprochen, daß es keine Steuererhebungen geben soll“, zitiert der Focus Verbandspräsident Reiner Holznagel. „Dies muß freilich auch für heimliche Steuererhöhungen gelten.“
Die sogenannte kalten Progression ist ein Effekt in der Einkommensbesteuerung. Erhält ein Arbeitnehmer eine Lohnerhöhung, die lediglich die Inflation ausgleicht, wird sein Einkommen dennoch verhältnismäßig höher besteuert. Er muß also durch dieses Mißverhältnis einen realen Kaufkraftverlust hinnehmen. (FA)