BRÜSSEL. Geht es nach EU-Sozialkommissar László Andor, müßten deutsche Steuerzahler schon bald für die Arbeitslosen in anderen EU-Ländern aufkommen. „Ein Modell, in dem die Mitgliedsstaaten der Wirtschafts- und Währungsunion einen Teil der Kosten der Arbeitslosenversicherung teilen würden, wäre der logische nächste Schritt nach einer Bankenunion“, sagte Andor der Wirtschaftswoche.
Denkbar sei demnach ein einheitliches Arbeitslosengeld von 40 Prozent des letzten Einkommens aus der Gemeinschaftskasse. Laut einer Studie des französischen Finanzministeriums hätte Deutschland von 2000 bis 2012 mit dieser Regelung mehr als 20 Milliarden Euro an Arbeitslose in anderen EU-Mitgliedsstaaten überweisen müssen. Größter Nutznießer wäre Spanien mit 34,5 Milliarden Euro gewesen.
Heftige Kritik aus Deutschland
In der Bundesrepublik formiert sich nun Widerstand gegen die Pläne. „Eine Einheitslösung hilft niemandem. Man kann nicht von einem Land verlangen, daß es die Leistungen für andere Länder finanziert“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Es bestehe die Gefahr, daß Deutschland „zum Zahlmeister degradiert“ werde.
Auch das SPD-geführte Bundesarbeitsministerium zeigte sich skeptisch. „Gegen die Idee der Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung bestehen in der Bundesregierung Bedenken“, heißt es in einer Stellungnahme. Auch von den sogenannten „Wirtschaftsweisen“ kommt Kritik.
Frankreich und Italien als Unterstützer
„Wenn sich die Kosten der Arbeitslosigkeit auf die Nachbarländer abwälzen lassen, sinkt der Anreiz zu entsprechenden Reformen beträchtlich. Wer wie Frankreich einen hohen Mindestlohn hat und den auch noch subventioniert, der soll nicht andere dafür zahlen lassen“, betonte Wirtschaftsexperte Christoph M. Schmidt.
Unterstützung für die Pläne von Andor gibt es Medienberichten zufolge derzeit vor allem aus Italien und Frankreich. Beide Staaten kämpfen seit Jahren mit hoher Arbeitslosigkeit und Verschuldung. Angekündigte Strukturreformen blieben bisher weitgehend aus. (ho)