Am späten Nachmittag sammeln sich in Tübingen die ersten Demonstranten gegen das geplante Streitgespräch zwischen Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) und AfD-Landeschef Markus Frohnmaier. Für 19 Uhr ist die Diskussion angesetzt.
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Die Teilnehmer fordern unter anderem ein Verbot der AfD. Auf Transparenten und in Sprechchören wird dies deutlich. Eine Trommelgruppe rief „Wir, wir sind der Verfassungsschutz“. Angemeldet waren rund 1.500 Protestierende. Vor Ort sind neben Gruppen wie „Omas gegen Rechts“ auch Anhänger der Antifa.

Die Polizei sichert das Veranstaltungsgelände mit Hamburger Gittern und einer Reiterstaffel ab. Besucher müssen den Protestbereich passieren, um zur Halle zu gelangen. Parkplätze in der Umgebung sind mit dutzenden Einsatzfahrzeugen belegt.
OB Palmer und AfD-Landeschef Frohnmaier liefern sich Rededuell
In der Hermann-Hepper-Halle laufen derweil die Vorbereitungen für das Streitgespräch zwischen Oberbürgermeister Palmer und AfD-Landeschef Frohnmaier auf Hochtouren (JF berichtete). Die öffentliche Debatte ist ausgebucht. 750 Tübinger haben sich Karten gesichert, dazu kommen 100 reservierte Plätze für AfD-Mitglieder. Weitere Interessenten stehen auf der Warteliste.
Das Podium ersetzt eine ursprünglich von der AfD geplante Kundgebung. Palmer hatte im Juli mit der Partei vereinbart, auf eine Versammlung in der Innenstadt zu verzichten. Als Ausgleich bot er das Rededuell an. Das Regierungspräsidium erklärte das Format für zulässig, das Verwaltungsgericht Sigmaringen wies zwei Klagen dagegen ab.
Die Diskussion folgt einem festen Ablauf. Sechs Themenblöcke sind vorgesehen, darunter Meinungsfreiheit, Migration, Klimaschutz und Demokratie. Palmer und Frohnmaier wechseln sich bei den Auftaktstatements ab. Auch das Publikum darf sich mit vorbereiteten Fragen beteiligen. Moderiert wird die Veranstaltung vom Tübinger Rhetorikprofessor Joachim Knape, meldet der SWR.
Tübingens Polizei rüstet für Demonstrationen
Für den Abend sind mehrere Gegendemonstrationen angemeldet. Rund 1.500 Teilnehmer werden erwartet, berichtet der Sender. Die Polizei hält auch deutlich höhere Zahlen für möglich. Das Bündnis „Gemeinsam und Solidarisch gegen Rechts“, Fridays for Future und Gewerkschaften rufen zum Protest auf. Das Motto lautet: „Keine Bühne für die AfD“.

Daher kündigte die Stadt strenge Sicherheitsauflagen an. Besucher müssen sich auf Taschen- und Ausweiskontrollen einstellen. Verboten sind Waffen, Pyrotechnik, Lärminstrumente, auch Glasflaschen sind untersagt. Straßen rund um den Veranstaltungsort werden gesperrt, Buslinien umgeleitet. Das Polizeipräsidium Reutlingen sprach gegenüber der JUNGEN FREIHEIT von einem „adäquaten Kräfteansatz“.
Streitgespräch bringt Linke auf die Palme
Das Streitgespräch ist politisch umstritten. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Luigi Pantisano sprach von einem Tabubruch. Unterstützung erhielt Palmer hingegen vom früheren Grünen-Abgeordneten Rezzo Schlauch, der erklärte, bloße Ausgrenzung habe die AfD bislang nicht geschwächt. Palmer selbst hatte Ende 2024 im Magazin Cato erklärt, die Brandmauer gegen die AfD sei gescheitert.
Frohnmaier sagte der JUNGEN FREIHEIT, er gehe nicht in das Duell, um Palmer bloßzustellen. Es gehe darum, Gemeinsamkeiten und Unterschiede klar herauszuarbeiten und zu zeigen, daß eine zivilisierte Debatte möglich sei. Die Aufmerksamkeit bezeichnete er als großartige Werbung für seine Partei.

Weitere Rückendeckung erhielt Palmer von Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU), CDU-Fraktionschef Manuel Hagel und dem Grünen-Politiker Cem Özdemir. Nopper nannte Palmer einen rhetorisch sehr versierten Politiker. Hagel erklärte, er werde das Streitgespräch sehr gut führen. Özdemir sprach von einer verantwortungsvollen Lösung vor Ort.
Baden-Württemberg sucht neuen Ministerpräsidenten
Özdemir will – ebenso wie Frohnmaier – nach der Landtagswahl 2026 Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden. Am 8. März soll gewählt werden. Amtsinhaber Winfried Kretschmann (Grüne) tritt nach 15 Jahren nicht mehr an. Nach einer Umfrage von Infratest Dimap für SWR und Stuttgarter Zeitung vom Mai liegt die CDU mit 31 Prozent klar vorn, gefolgt von Grünen mit 20 Prozent und AfD mit 19 Prozent. SPD (zehn Prozent), Linke (sieben Prozent), FDP (fünf Prozent) und BSW (vier Prozent) folgen mit deutlichem Abstand.

Das Streitgespräch zwischen Palmer und Frohnmaier um 19.00 Uhr wird parallel im Livestream übertragen. Die Stadt verweist darauf, daß nur das Podium zu sehen sein wird. Schnittbilder ins Publikum sind ausgeschlossen, Kommentare im Netz nicht möglich. Das Ende ist gegen 21.10 Uhr vorgesehen.