Auf Verlangen von Union und SPD hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) den alten Bundestag noch einmal reaktiviert. Seit 12 Uhr debattierte er in erster Lesung den von Christ- und Sozialdemokraten eingebrachten Gesetzentwurf zu Änderungen am Grundgesetz, um den Weg für neue Schulden in hundertfacher Milliardenhöhe, womöglich mehr als eine Billion Euro, freizumachen. Die Grünen und die noch einmal zurückgerufene FDP hatten eigene Vorschläge eingereicht. Abschließend entschieden wurde am Donnerstag nicht: Der Entwurf von Union und SPD wurde in den Haushaltsausschuß verwiesen, der sich schon am späteren Nachmittag damit befasst. Für den 18. März ist dann die Schlußabstimmung geplant.
16:03: Hiermit beendet die JUNGE FREIHEIT ihren Liveticker. Selbstverständlich werden wir auch in den kommenden Tagen über die historischen Schuldenpläne von Union und SPD berichten.
16:02: Nach Heils Rede schließt Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas die Debatte. Sie stellt fest, daß Einigkeit über die Überweisung der Gesetzentwürfe in die Ausschüsse bestehe, wo nun weiter beraten wird. Die nächste Sitzung beruft sie für den 18. März ein.
16:00: Als letzter Redner tritt Sozialminister Hubertus Heil (SPD) nach vorne. Er appelliert noch einmal an die „Kollegen der demokratischen Mitte“, gemeinsame Lösungen zu finden. „Es ist nicht an der Zeit, im Wahlkampf zu beharren und darüber nachzudenken, was da war.“ Vielmehr sei die Zeit für Kompromisse.
15:55: Nach dem fraktionslosen Abgeordneten Johannes Huber hebt der Einzelabgeordnete des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), Stefan Seidler, hervor, er habe wegen des engen Zeitplans Bauchschmerzen. Zugleich betont er, er sei mit seinen Bedenken auf „verständnisvolle Reaktionen“ gestoßen.
15:47: Der SPD-Abgeordnete Brian Nickholz, der dem nächsten Parlament nicht angehört, gibt Merz einen mit: „Ich bin froh, daß ich den nächsten deutschen Bundeskanzler nicht mitwählen muß“. Merz lacht. Auf Nickholz folgt Robert Farle, heute fraktionslos, früher AfD. „Merz kann gar nichts, er kann noch nicht einmal die Lage richtig einschätzen.“ Bundestagspräsidentin Magwas schaltet Farle das Mikro ab, weil er wieder einmal die Redezeit überzieht. Auch die fraktionslose frühere AfD-Abgeordnete Joana Cotar übt deutliche Kritik an den Verschuldungsplänen: „Einen Vorschlag von Frau Esken, Herr Merz: Wie tief wollen Sie noch sinken?“ Deutschland hätte einen Kanzler mit Rückgrat gebraucht, meint sie. „Bekommen hat es einen kleinen Mann, der es verrät.“ Dafür bekommt Cotar auch Applaus von ihren ehemaligen Fraktionskollegen.
15:37: Auch eine Reihe fraktionsloser Abgeordneter hat Reden angemeldet, darunter Ex-AfD-Mann Thomas Seitz. Er nutzt die Gelegenheit für einen englischsprachigen Appell an Donald Trump: „Mr. President, please free Shlomo Finkelstein!“ Damit bezieht er sich auf einen inhaftierten rechten YouTuber, der unter dem Pseudonym Shlomo Finkelstein auftritt. Die JUNGE FREIHEIT berichtete.
15:28: AfD-Mann Hilse wird jetzt zu einer Kurzintervention zugelassen. Er will wissen, ob Wagenknechts Partei in den Landesregierungen gegen die Kreditaufnahme stimmen werde. Ihre Antwort: „Natürlich.“ Finden die Koalitionäre auf Landesebene keinen Konsens, enthalten sie sich im Bundesrat. In dieser gemeinsamen Ländervertretung muß eine Grundgesetzänderung auch mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden.
15:26: Sahra Wagenknecht tritt ans Rednerpult im Bundestag – ein letztes Mal? Auch die Parteigründerin wirft Union und SPD vor, die Demokratie zu verachten. Sie prangert „Wahlbetrug“ an. Es sei ein „Schurkenstück“. Im Plenum wird es leerer. Der AfD-Abgeordnete Karsten Hilse ist jedoch noch da – inklusive Friedenstaube am Sakko – und möchte eine Zwischenfrage stellen. Wagenknecht lehnt ab: „Lieber nach meiner Rede.“ „Nein zu diesen Kriegskrediten“, sind die abschließenden Worte Wagenknechts.
15:22: Nach Reichinnek spricht die SPD-Abgeordnete Lucia Schanbacher. Sie ist erst am 1. Januar in den Bundestag nachgerückt und gehört zugleich dem neu gewählten Bundestag nicht mehr an.
15:18: Merz hört Reichinnek nicht zu. Er tauscht sich stattdessen mit Parteikollege Jens Spahn aus. Dem CDU-Vorsitzenden kann die Heldin der Linkspartei „kein Vertrauen“ entgegenbringen. „Was Sie hier liefern, ist eine Mißachtung des Parlaments.“ Dies habe es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Sie lobt die Grünen, für ihre Pressekonferenzen. Allerdings kritisiert sie, daß auch die Grünen für weitere Verteidigungsausgaben sind. Der Union hätten die „lieben Kolleg:innen der Grünen“ einen „Blankocheck“ hingelegt. Reichinnek legt einen Forderungskatalog vor: Sozialer Wohnungsbau, Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Belangen von Frauen und Kindern in den Fokus rücken. „Die Schuldenbremse, die weder Naturgesetz noch gottgegeben ist, muß weg“, fordert sie. Union und SPD hätten gezeigt „das Geld ist da“.
15:13: Von der Linkspartei spricht Heidi Reichinnek. Das Vorgehen von Union und SPD sei „zutiefst undemokratisch“, meint sie. Reichinnek fordert die Einberufung des neuen Bundestages bereits am Montag, wenn das amtliche Wahlergebnis überall bestätigt wurde. Dann müßte mit allen „demokratischen Parteien“ verhandelt werden – auch mit „uns Linken“, fügt sie hinzu.
15:00: Es folgen weitere Redner. Nach Achim Post (SPD) spricht nun Franziska Hoppermann für die Union. Anschließend folgt Andreas Audretsch für die Grünen, bevor dann der neue Linken-Star Heidi Reichinnek noch einmal versuchen dürfte, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
14:52: Ein „Ermächtigungsprogramm“ nennt Christoph Meyer (FDP) die geplanten Schulden.
14:45: Die Aufmerksamkeit der Bundestagsabgeordneten läßt merklich nach. Viele schauen in ihre Tablets und Smartphones, während vorne der CDU-Abgeordnete Christian Haase spricht. Auf ihn folgt Grünen-Chef Felix Banaszak. Der stellt heraus, daß es ihm egal sei, wie CSU-Chef Markus Söder über die Grünen spreche. Nicht egal sei ihm dagegen die Zukunft seiner Tochter. Union und SPD wirft er vor, mit ihnen drohe eine „antiökologische Koalition“.
14:29: Es redet Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Zugehört wird ihr wohl nicht mehr. Grünen-Parteichefin Brantner läuft rüber zu SPD-Chef Klingbeil. Ohne die Grünen kommt das Schuldenpaket nicht durch. Schafft der Sozialdemokrat es, die Grünen-Chefin zu überzeugen? Derweil fordert Schwesig, „zusammen zu kommen“.
14:26: Der AfD-Haushaltspolitiker Peter Boehringer tritt nach vorne. Schulden seien „entgegen der Propaganda“ niemals Investitionen in eine gute Zukunft, meint er. Boehringer konstatiert eine „Schuldenbesoffenheit“. Merz wirft er „den schnellsten und größten Wahlbetrug der deutschen Geschichte“ vor. Union und SPD genehmigten sich einen „riesigen Schluck aus der Pulle künftiger Steuerzahlungen“. Sie erschlichen sich die Mittel, um durchzuregieren, koste es was es wolle: „So könnten auch Dick und Doof regieren!“ Zugleich kritisiert Boehringer, jeder kritische Haushälter werde zum Vaterlandsverräter gestempelt. „Den Weg in die Kriegswirtschaft gehen Sie ohne uns!“
14:18: Die Verteidigung, also eine Kernaufgabe des Staates, mit Schulden zu finanzieren, stärke Deutschlands Sicherheit nicht, meint Lindner. Es gefährde die Sicherheit. Eine Währungskrise würde ausreichen, um die Sicherheitsstrategie auf den Kopf zu stellen, sagt der Liberale. Auch er redet über die Kreditwürdigkeit – wie zuvor Weidel. Lindner fordert, den Staat dort zu „beschneiden, wo er lästig und teuer ist“. Dadurch könne der Staat in seinen Kernaufgaben gestärkt werden. Doch er stellt fest: „Statt mehr Marktwirtschaft kommt Staatswirtschaft. Die Menschen haben Merz gewählt und Esken bekommen.“
14:12: Bärbel Bas wird in der Sitzungsleitung von Yvonne Magwas abgelöst. Jetzt redet Christian Lindner. Es könnte seine letzte Rede im Bundestag sein. „Fiskalregeln wie die Schuldenbremse sind lästig und konfliktträchtig, aber sie schützen Steuerzahler und kommende Generationen“, betont der bald ausscheidende FDP-Chef. Auch Lindner legt den Finger in die Wunde: CDU und CSU hätten vor wenigen Wochen noch ganz andere Töne angeschlagen. „Sie hier vorne in der ersten Reihe: Wer sind Sie und was haben Sie mit Friedrich Merz gemacht?“, fragt Lindner stellvertretend für alle Unionswähler. Und es folgt die nächste Frage: „Die Charakterfrage der Politik ist doch diese: Opfert man Ämter für seine Überzeugung oder opfert man seine Überzeugung für Ämter?“
14:09: Haßelmann fordert von Bundeskanzler Scholz, im Haushaltsausschuß seine Blockade zu beenden und drei Milliarden Euro an die Ukraine freizugeben. Dieses Signal sei zwingend notwendig. Die Grüne verweist auf die geringe Summe im Vergleich zu dem, was Union und SPD planen. Mit Blick auf den Gesetzentwurf der beiden stellt sie fest, daß eine Zustimmung in Frage stehe. „Und das ist mit dem heutigen Tag nicht besser geworden.“ Haßelmann sagt, sie zweifle am Verhandlungsgeschick „mancher Kollegen“. „Angebote an unzureichende Gesetzentwürfe macht man weder über die Mailbox noch im Plenum, wenn man will, daß sie Erfolg haben.“
14:06: Haßelmann sagt mit Blick auf die Ukraine, sie könne verstehen, daß viele wollten, daß es endlich Frieden gebe. „Aber Frieden kann man doch nicht verordnen.“ Putin habe eine Absage an jede Überlegung zu einem Waffenstillstand erteilt. Einen Diktatfrieden dürfe es nicht geben. „Wir wissen, daß wir hier nicht ausreichend aufgestellt sind.“ Haßelmann verweist auf das belastete Verhältnis zu den USA. Deswegen müsse man in Europa für die Sicherheitsordnung sorgen.
14:03: Dobrindts Rede hat die vorherige Hitze aus der Debatte genommen. Ricarda Lang sitzt in der letzten Reihe und tippt in ihr Handy. Die Co-Fraktionschefin der Grünen, Britta Haßelmann, tritt ans Rednerpult. Sie verweist darauf, daß sie selbst einst gegen den Nato-Doppelbeschluß demonstrierte. Aus Reihen der AfD kommen Zwischenrufe. „Sonst geht’s Ihnen noch gut, oder?“, reagiert Haßelmann. Die Grüne sagt, sie hätte es nicht für möglich gehalten, daß die Sicherheitsordnung durch Putin in einem solchen Maße angegriffen werde. „Ich war mir ganz sicher, ich werde in einem Europa leben, das von Frieden getragen ist.“ Heute wisse sie aber, daß man sich Sorgen um den Frieden machen müsse.
13:57: „Aus der Friedensdividende darf nicht die Kriegshypothek für die nächste Generation werden“, begründet Dobrindt die historische Schuldenaufnahme weiter. Früher hätten andere Länder ein wirtschaftlich und militärisch starkes Deutschland gefürchtet. Dies habe sich nun geändert. „Sicherheit in Europa können wir nur durch Deutschland erfüllen.“ Dobrindt sagt: „Alles gehört zusammen: Investieren, konsolidieren, reformieren.“ Darum gehe es nun.
13:53: Für die CDU/CSU-Fraktion redet Alexander Dobrindt aus Bayern. „Wenn der Gegner auf der Türschwelle Europas steht, dann ist Zeit zu Handeln“, fordert er. Die Schulden seien für eine militärische und wirtschaftliche Stärkung Europas. „Schwäche wird ausgenutzt und Schwäche wird hart bestraft.“ Wer nicht ausreichend in seine Verteidigung investiere, werde von Putin bedroht und von „anderen“ – damit meint er die Amerikaner – nicht länger beschützt. Die Verteidigungsfähigkeit müsse hochgefahren werden, da Deutschland mit einem neuen Gegner konfrontiert sei.
13:50: Esken redet wenig über Verteidigung und vor allem über das Sondervermögen Infrastruktur. „Wir müssen handeln, gemeinsam als demokratische Mitte“, sagt sie noch einmal. „Wir müssen durchstarten und unsere Sicherheit, unsere Freiheit und unseren Wohlstand stärken.“ Es gehe um Respekt für die, die das Land aufgebaut hätten, und für die Generationen der Zukunft. Der Applaus ist zurückhaltend.
13:47: Es ziehe ein Epochenbruch herauf, der eine Antwort brauche, meint Esken. Der Vorschlag von Union und SPD sei geeignet, die Fähigkeit der „demokratischen Mitte“ zum gemeinsamen Handeln zu beweisen. Sie hebt hervor, daß es auf die Gemeinsamkeit von äußerer, innerer und sozialer Sicherheit ankomme. Es sei Aufgabe der Mitte, Zuversicht wieder möglich zu machen. Esken beklagt, verschiedene Gruppen, darunter Arbeitnehmer, fühlten sich derzeit im Stich gelassen. „Überall dort, wo der Staat nicht investiert, zahlen Arbeitnehmer und zahlen vor allem Frauen und Kinder den Preis.“ Den größten Schaden nehme aber die Volkswirtschaft. Das müsse ein Ende haben, verweist Esken auf die Schuldenbremse.
13:42: Nun haben Vertreter aller Fraktionen geredet. Es folgt die zweite Runde. SPD-Chefin Saskia Esken ist an der Reihe. „Ich schlage vor, wir kehren vom selbstgerechten Wahlkampfgetöse der AfD wieder zurück zum Thema.“ Esken spricht einen Dank für Olaf Scholz aus. Man habe sich auf den Weg gemacht, die eigene Sicherheit zu stärken. Trump wirft sie vor, Politik als Spiel zu verstehen. „Unsere europäische Friedensordnung ist kein Wetteinsatz.“
13:38: Merz habe recht, daß Deutschland wehrtüchtig werden müsse, meint Weidel. „Dazu bedarf es aber keiner Schuldengießkanne. Dazu braucht es zuerst eine Strategie und sodann gezielte Ausgaben.“ Infrastruktur und Verteidigung seien Hauptaufgaben des Staates. Diese dürften allerdings nicht über Schulden finanziert werden. Weidel rechnet vor: Migration in die Sozialsysteme beenden, Klimahysterie beenden, NGO-Finanzierung beenden. Dann sei ausreichend Geld verfügbar und sogar noch genug für Steuersenkungen.
Weidel an Merz: „Sie haben ihre Wähler verraten.“ Es klinge nach einer „schwarzen Ampel im Endstadium“. Merz beweise einmal mehr, wer die CDU wählt, kriege linke Politik. Weidel schließt ab: „Geben Sie es auf, Kanzler werden zu wollen. Denn sie können es nicht. In diesem Punkt hatte Angela Merkel recht. Ihre Zeit ist abgelaufen, bevor sie überhaupt begonnen hat. Die Union sollte sich von Ihnen trennen, zum Wohle unseres Landes.“
13:34: Auch die Regierungsbank ist leerer geworden. Scholz, Habeck und Faeser bleiben. Weidel rechnet die Schuldenlast pro Steuerzahler vor. Merz’ Plan sei ein „finanzpolitischer Staatsstreich“. Weidel wird technisch, zeigt auf, wie bereits jetzt Kredite teurer werden. „Der Euro wird abwerten, mit massiven Konsequenzen für die Menschen“, befürchtet Weidel.
13:29: Die Reihen im Bundestag lichten sich. AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel läuft zum Rednerpult. „Wir leben in historischen Zeiten, noch kein Bewerber um das Kanzleramt hat in so kurzer Zeit so viele Wahlversprechen gebrochen“, sagte Weidel. Er werde in die Geschichtsbücher eingehen, als der „Totengräber der Schuldenbremse“. Es sei ein „skrupelloser Angriff“ auf das Grundgesetz. Weidel spricht ruhig und präzise. Eiskalt sagt sie: „Dieses Vorgehen zeugt von ihrer Verachtung gegenüber dem Wählerwillen. Dieses Vorgehen zeugt von ihrer Verachtung gegenüber dem demokratischen Legitimationsprozeß. Und dieses Vorgehen zeugt von ihrem Charakter, Herr Merz.“
13:26: „Es ist ein Manifest linker Wirtschaftspolitik“, sagt Dürr über das Sondierungspapier von Union und SPD. Er verweist etwa auf den Mindestlohn. 80 Prozent der Maßnahmen seien konsumptive Ausgaben und keine Investitionen. Merz schüttelt erneut den Kopf: „Nein!“ Vieles stehe nicht im Sondierungspapier, etwa Kürzungen bei NGOs oder die Abschaffung des Lieferkettengesetzes, hebt Dürr hervor. „Und das ist der Wortbruch, Herr Kollege Merz!“ Zum Schluß spricht der Liberale noch einmal ein Angebot zu Verhandlungen aus. Man könne Merz „in allerletzter Sekunde vor einem gigantischen Wortbruch bewahren“, richtet er sich direkt an den Christdemokraten.
13:22: Dürr behauptet, der Vorstoß von Union und SPD schaffe die Schuldenbremse faktisch ab. Der Liberale betont, er nehme Merz ab, daß er besorgt sei um die geopolitische Situation. Die FDP mache deswegen ein Angebot, verweist Dürr auf den eigenen Gesetzentwurf der Liberalen. Dieser beinhalte maßvollere, aber effektivere Vorschläge. Dürr weist darauf hin, daß allein die Ankündigungen von Union und SPD schon jetzt die Zinsen steigen ließen. Damit riskiere man auch die Tragfähigkeit der europäischen Staatsfinanzen. „Und das ist kein verantwortungsvolles Handeln!“ Mit Verweis auf den Infrastrukturfonds sagt der Liberale, Merz setze nun eine Idee Habecks und damit das um, was die FDP in der Ampel verhindert habe.
13:17: Jetzt redet FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Er hält Merz vor, daß er in Aussicht gestellt habe, am Anfang von Gesprächen stünden Konsolidierungen, bevor man über Schulden rede. Das sei richtig. „Aber das Gegenteil tun Sie, Herr Merz. Das ist der eigentliche Wortbruch.“ Dürr wirf dem CDU-Chef entgegen: „Herr Merz, sie planen eine linke Wirtschaftspolitik für Deutschland.“ Die sicherheitspolitische Lage sei dafür nur der Anlaß. Merz widerspricht, indem er heftig den Kopf schüttelt und das Gesicht verzieht.
13:12: „Jetzt sage ich zu dir, Lars“, wendet sich Dröge an SPD-Chef Klingbeil. Sie hält ihm vor, bei den Verhandlungen zu schummeln. Dröge fordert klar: Das Geld darf nicht in Steuervergünstigungen fließen. Sonst sei Merz bei der Linkspartei und er könne die Schuldenbremse gleich ganz abschaffen. Sie schreit: „Als wäre die Zukunft unserer Kinder ein Privatproblem von Bündnis 90/Die Grünen.“ Klimaschutz müsse von allen Fraktionen ernst genommen werden. Applaus aus ihrer Fraktion. „Wir sind zu Gesprächen jederzeit bereit“, betont Dröge zugleich. Union und SPD wirft sie vor, sich gegenseitig nicht zu vertrauen. Sonst hätten sie die Schuldenpakete zur Aufrüstung und Infrastruktur getrennt. Als Dröge ihre Rede beendet hat, steuert Habeck auf sie zu, um sie zu herzen.
13:05: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge tritt nun als Rednerpult, rutscht aber nicht auf Merz’ Schleimspur aus. Sofort adressiert sie Merz. Dröge erinnert den CDU-Chef daran, daß die Grünen bereits zur Wahl von Donald Trump die Schuldenbremse lockern wollten. „Es war ein faires Angebot.“ Es war ein verantwortungsvolles Angebot. „Es war ein staatstragendes Angebot.“ Dieses habe er mehrfach abgelehnt. Sie wirft ihm „Parteitaktik“ vor. Dröge hart: „Weil sie noch nie in der Lage waren, die Interessen dieses Landes an die erste Stelle zu stellen und nicht ihre eigenen.“ Merz‘ Politikstil laut Dröge: „Nicht immer ehrlich sein.“
13:02: „Was wollen Sie eigentlich in so kurzer Zeit noch mehr?“, fragt Merz die Grünen gegen Ende seiner Rede. Im Plenum herrscht anhaltender Aufruhr. Bärbel Bas interveniert und bittet um Ruhe. Merz wiederholt, die ganze Welt schaue auf Deutschland. „Ist Scheitern aus Ihrer Sicht eine ernsthafte Option?“, fragt er. Noch einmal betont er, die Lage spitze sich „dramatisch“ zu. „Wir müssen jetzt den Blick nach vorne richten, wir müssen dieser Verantwortung gerecht werden.“
12:56: Merz adressiert jetzt direkt die Grünen. Er wolle ihnen danken. Auf der Regierungsbank lacht Habeck. Der CDU-Chef sagt den Grünen zu, man wolle den Begriff der Verteidigung weiter verstehen und auch weitere Ausgaben, etwa für den Zivilschutz, einbeziehen. Außerdem verspricht er den Grünen Investitionen in den Klimaschutz. Man nehme diese Aufgabe „außerordentlich ernst“. Lachen in der AfD-Fraktion. Merz führt aus, man habe einen weiteren Satz eingefügt, daß aus dem Sondervermögen Infrastruktur auch 50 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds fließen können soll.
12:53: „Wir wollen hier nicht Geld ausgeben für nichts und wieder nichts, sondern wir wollen dies eingebettet sehen in eine umfassende Reformagenda für unser Land“, beteuert Merz und verweist auf mehrere Punkte aus dem Sondierungspapier zwischen Union und SPD. Im Plenum gibt es Gelächter. Merz verspricht, man werde sich einem „modernen Staat“ zuwenden.
12:50: Die Vorschläge zu den Verteidigungsausgaben und zur schnellen Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stünden in einem Zusammenhang. Merz verweist darauf, daß Ökonomen der „gesamten Bandbreite der Volkswirtschaftslehre“ verlangt hätten, noch der alte Bundestag solle ein Sondervermögen Infrastruktur einrichten und das Sondervermögen Bundeswehr aufstocken. „Wir nehmen diesen Rat im Gegensatz zu einigen von Ihnen ernst.“ Zwischen den Fraktionen der Grünen und FDP herrscht sichtbare Heiterkeit. Die ersten Reihen plaudern miteinander, anstatt Merz zu lauschen.
12:48: Merz nimmt auf die Münchner Sicherheitskonferenz, „die Ereignisse im Weißen Haus“, den Ukraine-Krieg und einen „hybriden Krieg“ Bezug, der in den letzten Wochen massiv eskaliert sei. „Wir müssen jetzt etwas tun.“ Das Wort Abschreckung müsse nun schnell und glaubwürdig militärisch unterlegt werden. Er verweist auf den kommenden Nato-Gipfel und den EU-Gipfel, um die Dringlichkeit des Anliegens zu unterstreichen. „Deutschland muß zurück auf die internationale Bühne als ein handlungsfähiger Partner.“
12:45: Es folgt Unionschef Friedrich Merz. Er spricht ruhig. Angesichts der „nun wirklich in jeder Hinsicht besorgniserregenden Sicherheitslage“ und der wirtschaftlichen Herausforderungen im Land duldeten die vorgeschlagenen Grundgesetzänderungen „keinen Aufschub mehr“. Als er sagt, er werde mit dem Vorwurf der Lüge konfrontiert, klatscht die AfD-Fraktion. Merz verweist dagegen darauf, er habe schon vor der Wahl erklärt, das Grundgesetz sei nicht unveränderbar.
12:42: „Deutschland muß vorangehen“, fordert Klingbeil erneut. Für ein starkes Europa. „Wenn die Geschichte anklopft, dann muß man die Tür öffnen“, sagt Klingbeil zum Schluß.
12:41: Klingbeil sagt: „Schritte, die wir mit diesen Grundgesetzänderungen gehen wollen, sind historisch.“ Er sei der Überzeugung, zu einer Einigung in der „demokratischen Mitte“ zu kommen. An die Grünen gerichtet sagt er: Die Befürchtung, durch die Schulden würde eine Mutterrente finanziert, wie in den Sondierungspapieren festgehalten, sei falsch. Dazu werde es nicht kommen. Lange Gesichter bei der Union.
12:37: „Die Unberechenbarkeit des amerikanischen Präsidenten“ nennt Klingbeil als Grund für die weitere Unterstützung der Ukraine und auch die militärische Vorbereitung auf eine sich neu orientierende Welt. „Da kommt auf Deutschland eine Führungsrolle zu“, meint Klingbeil. „Wir müssen unsere eigene Verteidigungsfähigkeit so stark machen, dass wir nie wieder Krieg führen müssen.“ Klingbeil hätte sich gewünscht, daß bereits im Wahlkampf die Frage „Wer bezahlt das?“ thematisiert worden wäre. Ihm sei völlig klar, nur mit Geld ließen sich die Probleme Deutschlands nicht lösen.
12:33: Jetzt beginnt die eigentliche Debatte, die erste Lesung der Gesetzentwürfe zur Änderung des Grundgesetzes. SPD-Parteichef Lars Klingbeil spricht als erstes. „Hinter uns liegt ein heftiger Wahlkampf.“ Er dankt den SPD-Abgeordneten, die nicht wieder in den neuen Bundestag einziehen werden. „Dynamiken und Emotionen“ müßten rausgenommen werden, fordert Klingbeil. Er dankt Bundeskanzler Scholz für dessen Ukraine-Politik.
12:30: Jetzt kommt es zur Abstimmung über den Antrag der AfD, die verschiedenen Anträge von der Tagesordnung abzusetzen. Dieser wird von Union, SPD, FDP und Linken abgelehnt. Nur AfD und BSW stimmen für die Absetzung.
12:29: Als letzte Rednerin zur Geschäftsordnung tritt Jessica Tati vom BSW ans Rednerpult. Es gehe um „Kriegskredite“ und „eine gigantische, unbegrenzte Aufrüstung“. Eigentlich müsse es in der SPD zu einem Aufruhr kommen, fordert sie. Aber sie mache wieder mit – „wie 1914“. Bundeskanzler Scholz bricht an dieser Stelle in Gelächter aus. Im Plenum gibt es Aufruhr. Tatti verweist darauf, daß sich die veränderte Weltlage über Monate angekündigt habe. „Sie haben das Thema bewußt aus der Wahl herausgehalten und kommen am Tag nach der Wahl mit dieser Agenda.“ Das sei Wahlbetrug.
12:24: Christian Goerke spricht für die Linksfraktion. Er moniert die Pläne von Union und SPD. Es habe eine historische Wahlbeteiligung seit der Einigung gegeben und nun würde Schwarz-Rot sich dagegen wenden. „Es gibt also keinen Grund, einen alten Bundestag nochmal einzuberufen.“ Es ginge um „finanzielle Beinfreiheit“ für die künftige Regierung. Goerke zieht den Vergleich zu Haushaltsverhandlungen, die durchaus Monate dauern können. Nun wollen Union und SPD Schulden in Höhe von zwei Bundeshaushalten aufnehmen. „Ihr muß ja der politische Kompaß total verloren gegangen sein“, kritisiert er mit Blick auf die SPD.
12:22: Für die FDP redet Johannes Vogel, Parlamentarischer Geschäftsführer. Es sei „ein seltsames Gefühl“, als Freier Demokrat so kurz nach dieser Wahl wieder am Rednerpult des Bundestages zu stehen. Er betont, es sei das Recht von Union und SPD, die Sitzung zu verlangen. Die Vorschläge an sich seien aber „unverantwortlich und falsch“. Zwar habe sich die Weltlage verändert. „Aber für Ihre Schuldenpolitik ist diese sicherheitspolitische Weltlage doch offenkundig nur ein Vorwand.“ Union und SPD verharrten „im Politikmodus der 2010er Jahre“. Sie wiederholten einen Geburtsfehler der Ampel, indem sie Konflikte „mit Geld auf Pump zudecken“.
12:18: Irene Mihalic spricht als parlamentarische Geschäftsführerin für die Grünen. Sie tadelt Union und SPD, daß es einen Investitionsbedarf nicht erst seit einem Tag nach der Bundestagswahl gebe. „Wir mußten uns auch noch Belehrungen über solide Finanzen und Ausgabendisziplin anhören“, richtet sie an CDU und CSU. Die Mehrheitsverhältnisse seien schwieriger geworden. Sie fordert Union und SPD auf, auch mit der Linkspartei zu reden, um die Schuldenbremse zu reformieren. Sie könne sich über Appelle an die staatspolitische Verantwortung der Grünen „nur wundern“. Zum Verfahren spricht sie nur kurz: Der Antrag der „verfassungsfeindlichen AfD“ werde ihre Fraktion nicht zustimmen. Die Abstimmung hält sie grundsätzlich für problematisch.
12:14: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kichert auf der Regierungsbank, als Frei seine Partei adressiert.
12:13: Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, mahnt, die westliche Ordnung sei in einer Situation, wo man schneller und substantieller dafür sorgen müsse, daß Deutschland und Europa in der Lage seien, sich selbst verteidigen zu können. Man müsse die Verteidigungsfähigkeit „sehr schnell schaffen“. Die Eilbedürftigkeit zeige sich schließlich auch darin, daß Grüne und FDP eigene Entwürfe eingebracht hätten. „Schnell und zügig und unmittelbar schließt nicht aus, daß man es gründlich und ordnungsgemäß macht.“ Man halte sich an alle Vorschriften der Geschäftsordnung.
12:09: Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, tritt ans Pult: „Kommen wir zurück zur Sache.“ Sie betont, daß es keine bundestagslose Zeit gibt. Die AfD habe nicht verstanden, worum es bei der Schuldenaufnahme ginge, richtet sie an Baumann. „Wir stehen vor fundamentalen Änderungen der internationalen Sicherheitslage.“ Die Haushaltsmittel seien knapp, daher brauche es nun weitere Mittel, behauptet Mast. Die Bundesregierung plant im laufenden Jahr mit Einnahmen von knapp unter 500 Milliarden Euro. Es ginge darum, „in schwierigen Zeiten Verantwortung zu tragen“.
12:07: Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, spricht als erster Redner zur Tagesordnung. Er mahnt die anderen Parteien, den Wählerwillen zu respektieren. Der alte Bundestag dürfe nur zu eiligen Dingen zusammentreten. Union und SPD wollten dem neuen Bundestag etwas aufzwingen, was der nicht mehr beschließen würde. „Mehr Verachtung für Wähler und Demokratie kann man überhaupt nicht zeigen.“
12:01: Der Bundestag ist prall gefüllt, auch auf der Regierungsbank sind alle anwesend. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) trägt eine FFP2-Maske.
12:00: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eröffnet die Sitzung. Bas gratuliert zunächst den Abgeordneten Sven-Christian Kindler (Grüne), Thomas Bareiß (CDU), Robert Farle (fraktionslos), Tino Sorge (CDU) und Alexander Hoffmann (CDU). „Karl Bär (Grüne) feiert heute seinen 40. Geburtstag.“ Darauf wird zunächst eine Geschäftsordnungsdebatte folgen, da keine Einigkeit über die Tagesordnung besteht.
11:59: Die Gruppe des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wartet zwar nicht mit einem Gesetzentwurf, aber mit einem Antrag auf. Das Dokument trägt die Überschrift: „Nein zur Kriegstüchtigkeit – Ja zur Diplomatie und Abrüstung“.
11:57: Auch die FDP hat einen eigenen Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorgelegt. Die Liberalen schlagen vor, das 2022 beschlossene „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro um 200 Milliarden Euro zu einem „Verteidigungsfonds für Deutschland“ zu erweitern. Die Gelder sollen allerdings nur genutzt werden dürfen, wenn im jeweiligen Kernhaushalt bereits Verteidigungsausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts veranschlagt werden.
11:55: Am Donnerstag gehen die Grünen zunächst mit einem eigenen Gesetzentwurf an den Start. Dieser sieht vor, alle sicherheitspolitischen Ausgaben über 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von der Schuldenbremse auszunehmen. Union und SPD hatten alle Ausgaben über einem Prozent vorgeschlagen. Zudem wollen die Grünen einen weiten Sicherheitsbegriff im Grundgesetz verankern. Zu den Verteidigungsausgaben würden dann etwa auch Gelder für internationale Organisationen und für den Ausbau „nachrichtendienstlicher Fähigkeiten“ gehören.
11:52: Ob es am Ende die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung geben wird, ist ungewiß. Die Grünen haben dem Vorschlag, wie er derzeit vorliegt, am Montag eine deutliche Absage erteilt. Fraktionschefin Katharina Dröge sagte am Donnerstag, es habe auch seitdem keine so relevante Annäherung mit Union und SPD gegeben, daß man eine Einigung verkünden könnte. Allerdings betonte die Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann, sie gehe davon aus, daß man weiter mit Union und SPD sprechen werde. Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, hatte am Morgen erklärt, die Gespräche mit den Grünen liefen „sehr gut“.
11:49: Nicht nur aus der Opposition, sondern auch aus den eigenen Reihen gibt es Kritik am Vorgehen von Union und SPD. Der langjährige CDU-Abgeordnete Manfred Grund bezeichnete das Verfahren gegenüber dem Stern als „übergriffig und stillos“. Zuvor hatte bereits der Christdemokrat Jens Koeppen angekündigt, gar nicht an den Sitzungen teilnehmen zu wollen. Grund und Koeppen gehören zwar noch dem alten Bundestag an, nicht aber mehr dem neuen. Das gilt auch für eine ganze Reihe weiterer Abgeordneter, die nun noch einmal nach Berlin gerufen wurden. Sie könnten für die Führungen von Christ- und Sozialdemokraten noch zum Problem werden: Sie lassen sich nicht mehr einfach disziplinieren, indem man ihnen Konsequenzen für ihre Abgeordnetentätigkeit androht.
11:45: Dem Bundesverfassungsgericht liegen gleich mehrere Klagen gegen die Einberufung des alten Bundestages durch die Bundestagspräsidentin vor. Unter anderem sind die AfD und die Linke nach Karlsruhe gezogen und haben um eine Eilentscheidung gebeten. Wann die Richter ihre Entscheidung verkünden, ist allerdings unklar. Bis kurz vor der ersten Lesung am Donnerstagmittag war aus Karlsruhe nichts zu hören.