BERLIN. Die Berliner SPD hat Kritik an einem neuen Entwurf für das „Kita-Bildungsprogramm“ der Hauptstadt geäußert. Grund: In dem Papier seien „zentrale Inhalte zur Anerkennung und aktiven Thematisierung von Diversität, queeren Lebensweisen, geschlechtlicher Vielfalt und diskriminierungskritischer Bildung komplett gestrichen oder auf ein Minimum reduziert“, wie Alexander Freier-Winterwerb, kinderpolitischer Sprecher der Sozialdemokraten, dem Tagesspiegel sagte.
Der Sozialdemokrat konkretisierte, es fehle „jeder Hinweis auf diskriminierungskritische Pädagogik, geschlechtersensible Arbeit oder die Anerkennung queerer Lebensrealitäten“. Damit sei der Plan ein „Rückschritt“ im Vergleich zum aktuellen „Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege“, das 2014 von der Senatsverwaltung herausgegeben wurde.
Das Programm wird derzeit intern überarbeitet. Der von Freier-Winterwerb kritisierte Entwurf ist gar nicht öffentlich. Der Senat holt derzeit Stellungnahmen verschiedener Stellen ein. Das „Praxisbeteilungsverfahren“ läuft noch bis zum 26. Juni.
Auch Schwulenverband fürchtet zu wenig Queerness
Trotzdem zeigt sich auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) bereits empört. „Wenn queere Lebensrealitäten aus dem Bildungsplan verschwinden, gefährdet das nicht nur die Qualität frühkindlicher Bildung, sondern auch das Recht aller Kinder, sich anerkannt und sicher zu fühlen“, zitiert das Portal queer.de den Landesgeschäftsführer des Berliner LSVD, Florian Winkler-Schwarz. „Wir erleben aktuell einen beunruhigenden Rückschritt.“
Winkler-Schwarz verwies darauf, daß der bisherige Bildungsplan etwa ausdrücklich die Unterstützung von Kindern in ihrer sexuellen Identitätsentwicklung benenne. „Der neue Entwurf ist in seiner aktuellen Fassung nicht nur unvollständig – er stellt eine klare Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Bildungsplan dar.“
Der Berliner Jugend-Staatssekretär Falko Liecke reagierte zurückhaltend auf die Kritik am neuen Bildungsplan. Laut Tagesspiegel verwies er darauf, daß es sich noch nicht um die finale Version handle.
Plan von 2014 betont kindliche „Lustgefühle“
Im Programm von 2014 heißt es unter anderem, sexuelle Neugierde gehöre zu einer gesunden physischen und psychischen Entwicklung – „genauso wie das Genießen von Lustgefühlen am eigenen Körper“. Pädagogen werden aufgefordert, „eine sexualfreundliche und sinnesfördernde Haltung zu entwickeln“.
Sie sollen zudem darauf achten, Mädchen und Jungen „durch eine geschlechterbewußte Erziehung und Bildung neue und ergänzende Erfahrungsmöglichkeiten zu bieten“. Die Wörter „queer“ oder „Diversität“ tauchen allerdings auch in dem Papier von 2014 nicht auf.
Bereits im Februar hatte die JUNGE FREIHEIT über einen Entwurf des Berliner Kita-Bildungsprogramms berichtet, in dem von „individuellen Erfahrungsräumen“ für Kinder die Rede war, in denen sie „Lustgefühle am eigenen Körper“ genießen sollten. Staatssekretär Liecke beteuerte jedoch anschließend, daß es „keine eigenen Räume für pädagogische sexuelle Erkundungen für Kinder untereinander“ geben werde. (ser)