BERLIN. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat das Gefühl vieler Bauern, von der Politik abgehängt zu sein, als „gefährlichen Spaltpilz“ für die Gesellschaft bezeichnet. „Man redet nicht mehr miteinander, man glaubt einander nicht mehr und man unterstellt sich gegenseitig alles Böse dieser Welt“, gab er gegenüber der Funke-Mediengruppe zu bedenken.
Viele Landwirte hätten das Gefühl, „in einer zunehmend von Städtern dominierten Politik unter die Räder zu kommen“. Diese Ansicht berge das Potential, den gesellschaftlichen Zusammenhalt infrage zu stellen. Entsprechende Zustände kenne man aus den USA.
Özdemir: CDU ist schuld und AfD führt Böses im Schilde
Es gelte nun, Deutschland „in der Mitte zusammenzuhalten“, betonte Özdemir. Bei einem Bürgerdialog nahe Heilbronn hatte er laut dem Spiegel zuvor eine angeblich jahrelange falsche Landwirtschaftspolitik zur Wurzel der Bauernproteste erklärt. Verantwortlich sei somit die CDU. „Ich war nicht derjenige, der gesagt hat: niedrige Preise und Massenproduktion für den Weltmarkt“, unterstrich er. Seinen Auftritt in Baden-Württemberg quittierten offenbar mehrere Demonstranten mit Buhrufen.
„Die Mehrheit der deutschen Landwirtinnen und Landwirte vertritt ihre Anliegen mit demokratischen Mitteln. Das ist ihr gutes Recht.“ – Bundesminister @cem_oezdemir zu den heutigen Protesten. pic.twitter.com/8ief0NQQYz
— BMEL (@bmel) January 8, 2024
Auch gegen die AfD teilte der Grüne aus, die die aktuellen Aktionen unterstützt. Sie führe „alles im Schilde, nur nicht die Interessen der Bauern“. Gehe es nach ihnen, erhielte die Landwirtschaft angeblich gar keine Subventionen mehr. Schon zuvor hatte er vor vermeintlichen Versuchen von Rechten gewarnt, die Demonstrationen zu unterwandern. Landwirtschaft sei aber „bunt und nicht braun“.
Bauernpräsident Ruckwied spricht von „faulem Kompromiß“
Zwar hat die Bundesregierung bereits Teile ihrer Pläne zurückgenommen, doch das reicht vielen Landwirten nicht. Bauernpräsident Joachim Ruckwied nannte den Schritt gegenüber dem ZDF einen „faulen Kompromiß“, der nur eine zusätzliche Belastung für sie bedeute. Es gehe bei ihren Protesten um „Wettbewerbsgleichheit und Fairness in der EU“.
Die Bauern behielten sich in jedem Fall „weitere Schritte“ vor. Ihre Aktionen endeten dann, wenn die Ampel-Parteien tatsächlich auf sie zugingen. (zit)