BERLIN. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat junge Wähler davor gewarnt, ihr Kreuz bei rechten Parteien zu machen. „Der Rechtsruck der jungen Generation dürfte den Prozeß der europäischen Integration weiter schwächen und vieles Erreichte revidieren“, sagte er dem Handelsblatt.
Der jungen Generation sei „offensichtlich nicht bewußt, daß eine Schwächung Europas letztlich ihre eigenen Zukunftschancen verschlechtert“, führte Fratzscher aus. Der anhaltende Systemwettbewerb zwischen den USA und China werde Europa und auch Deutschland künftig viel Wohlstand kosten.
Die Zukunftsängste der Jugend seien allerdings berechtigt. „Nie in den letzten 80 Jahren wurde einer jungen Generation eine Welt mit so vielen großen Problemen und Krisen vererbt wie der jungen Generation heute“, sagte der DIW-Chef. Dafür nannte er unter anderem die „zunehmende Klimakrise“, soziale Polarisierung, geopolitische Konflikte und Sorgen um Technologie und Arbeitsplätze.
Junge Europäer wählen rechts
Hintergrund seiner Warnung ist, daß junge Wähler europaweit immer öfter bei rechten Parteien ihr Kreuz machten. Etwa in den Niederlanden, wo die islamkritische PVV von Geert Wilders mit 15,9 Prozent der Stimmen bei der Schülerwahl den ersten Platz holte. Ähnlich sieht es in Frankreich aus: Bei unter 35jährigen liegt der Rassemblement National von Marine Le Pen klar vor dem Mitte-Bündnis von Präsident Emmanuel Macron.
Auch in Deutschland konnte sich die AfD innerhalb der vergangenen zwei Jahre zur beliebtesten Partei bei jungen Deutschen entwickeln. Ende Februar gaben 22 Prozent der unter 30jährigen an, die AfD wählen zu wollen. Damit hat die Partei ihre Zustimmungswerte bei jungen Menschen im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppelt. (sv)