BERLIN. Die Forderung der Berliner Grünen-Abgeordneten Antje Kapek, in öffentlichen Verkehrsmitteln Berlins reine Frauenabteile einzurichten, hat Kritik hervorgerufen. Der Verkehrsexperte der Berliner AfD-Fraktion, Rolf Wiedenhaupt, nannte die Idee „absurd“. Sicherheit schaffe man nicht „durch Separierung der Opferkategorien, sondern durch konsequentes Durchgreifen gegenüber Straftätern sowie schnelle Verurteilungen unter Ausnutzung des Strafmaßes“.
Auch die Forderung, daß in den Extra-Abteilen stets eine Person als Aufpasser mitfahre, zeige „wie weit außerhalb der Realität sich die Grünen“ befänden, betonte Wiedenhaupt. „Seit Monaten fallen wegen Fahrermangels Züge aus, die Fahrgäste müssen ewig warten und sich in volle Waggons quetschen.“
Auch der Generalsekretär der FDP-Berlin, Peter Langer, wies die Idee zurück. Es handele sich um „eine Bankrotterklärung vor der eigenen Unfähigkeit“. Es dürfe in Berlin „keine No-go-Areas geben“. Statt dessen müsse zusätzliches Sicherheitspersonal zur Verfügung stehen, vor allem in den Abend- und Nachtstunden. Zudem müsse stärker auf Prävention gesetzt werden.
Tokio soll Vorbild sein
Zuvor hatte Kapek die Idee von Frauenabteilen mit der Zunahme von „schrecklichen Übergriffen auf Frauen“ in Berlin begründet. Demnach sollen getrennte Räume ermöglichen, daß Frauen „auch bei großem Gedränge ohne Antatschen oder Übergriffe mit der U-Bahn“ fahren könnten, sagte die Politikerin der Berliner Zeitung. Das gelte vor allem für die Abendstunden und Nachtzeiten.
In der japanischen Hauptstadt Tokio gebe es bereits ähnliche Modelle, erklärte Kapek. Zudem sei geplant, daß in den Sonderabteilen stets eine zusätzliche Person als Aufpasser mitfahren.
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) erklärten die aktuellen Sicherheitsvorkehrungen für ausreichend. „Wer sich unwohl fühlt oder Hilfe benötigt, hat auf jedem Bahnhof zu jeder Tages- und Nachtzeit die Möglichkeit, über die Notruf- und Informationssäulen direkten Kontakt zu unseren Mitarbeitenden und der Sicherheitsleitstelle aufzunehmen“, teilte die BVG der dpa mit. Es gebe zudem insgesamt 250 Sicherheitsbeauftragte, die rund um die Uhr im Einsatz seien.
Sexualstraftaten im Nahverkehr nehmen zu
Explizit erwähnte Kapek dabei den Fall einer Vergewaltigung im Februar. Ein 33jähriger Mann steht dabei im Verdacht, eine Frau in der Linie U3 in Zehlendorf zunächst belästigt und anschließend vergewaltigt zu haben. Wenige Wochen später wurde der Mann festgenommen. Die Nationalität von Tatverdächtigen gibt die Berliner Polizei grundsätzlich nie an.
Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall. Im vergangenen Jahr zählte die Berliner Polizei insgesamt 391 Sexualdelikte, die im Nahverkehr begangen wurden. Gegenüber 2022 ist das zwar ein Rückgang um etwa 13 Prozent – im Vorjahr waren es noch 450 Fälle gewesen.
Doch auf lange Sicht stellt sich die Tendenz anders dar: Demnach stiegen Sexualstraftaten im Berliner Nahverkehr in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 260 Prozent. Im Jahr 2013 hatte die Polizei lediglich 108 Taten festgestellt. (lb)