BERLIN. Der Präsident des Reservistenverbandes der Bundeswehr, Patrick Sensburg, hat für eine neue Selbstbehauptungsmentalität der Deutschen plädiert. „Wir Deutschen müssen wieder einen Verteidigungswillen entwickeln“, sagte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Mit Blick auf den Krieg in Osteuropa stellte er die Frage: „Würden wir unser Land auch so tapfer verteidigen wie die Ukrainer?“
Der russische Angriffskrieg habe auch hierzulande zu einem Umdenken geführt, betonte der CDU-Politiker. „Wir sind endgültig aus der rosaroten Wolke heraus, in der wir uns einredeten, daß unsere Sicherheit selbstverständlich ist. Immer mehr Menschen in Deutschland realisieren, daß Frieden erarbeitet werden muss. Wir stellen uns schon länger auf die neue, alte Rolle ein.“
Daher pochte Sensburg auf den Ausbau der Reserve der Bundeswehr. „Für eine glaubhafte Abschreckung brauchen wir mehr Masse – bei Personal und Material.“ Die beste Versicherung gegen Krieg sei, ernsthaft zu demonstrieren, daß es genug Kräfte gebe, die kämpfen könnten. Das habe die Bundeswehr erkannt und arbeite an der Vergrößerung.
Reservistendienst sei interessant
Zugleich bemängelte der ehemalige Bundestagsabgeordnete Fehler der Bundeswehr bei der Erfassung möglicher Reservisten. „Im System Bundeswehr passieren zu viele Fehler: Soldaten werden beim Ausscheiden nicht erfasst, entziehen sich der Abschlußuntersuchung, niemand forscht nach. Vorgesetzte versäumen es, in der Abschlußbesprechung über die weitere Verwendung zu reden – oder überzeugen nicht genug.“ Zudem fehlten für mögliche Reservisten die Posten. „Sie fühlen sich dann in ihrer ursprünglichen Meinung bestätigt, warum sie die Bundeswehr überhaupt erst verlassen haben: Ich hab’s doch gesagt, daß der Laden nicht läuft!“ Dabei sei der Dienst als Reservist sehr interessant.
Mit Blick auf die mangelnde Ausrüstung der Bundeswehr insgesamt regte Sensburg an, daß ein Prozent des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Reserve verwendet werden sollte. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den deutschen Streitkräften diese Summe zur Verbesserung der Ausrüstung zugesagt. (ag)