BERLIN. Die AfD hat den heute vom Bundeskabinett gebilligten Gesetzentwurf für schnellere Abschiebungen scharf kritisiert. „Solange illegale Migranten nicht konsequent an den Grenzen zurückgewiesen, sondern mit hohen Sozialleistungen, unbegrenztem Familiennachzug und vereinfachten Aufenthaltsregeln wie mit einem Migrationsmagneten auch noch angelockt werden, sind die vorgestellten Korrekturen an den Abschieberegeln bloße Symbolpolitik“, teilten die Partei- und Fraktionsvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel in einer gemeinsamen Mitteilung mit.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) wandelten „auf den Spuren von Angela Merkel und Horst Seehofer“ die schon zu Zeiten der vergangenen sogenannten Großen Koalition, eine „großspurige ‘Abschiebeoffensive‘ nach der anderen angekündigt“ hätten, ohne „jemals Taten folgen zu lassen“, betonten die beiden AfD-Politiker.
Kritik auch von Migrationsexperten
Das Bundeskabinett hatte zuvor einen Gesetzentwurf von Faeser (SPD) zur Reform der Vorschriften gegen illegale Migration beschlossen. Demnach plant die Ampelkoalition unter anderem, die Dauer des Abschiebegewahrsams von zehn Tagen auf vier Wochen zu verlängern und unangekündigte Abschiebungen geduldeter Migranten zu ermöglichen. Zudem will die Regierung erweiterte Befugnisse für die Polizei durchsetzen. In den Gemeinschaftsunterkünften sollen künftig auch andere Räume als das Zimmer des Asylbewerbers betreten und Handys der Ausreisepflichtigen durchsucht werden dürfen.
Ebenfalls soll die hinreichend belegte Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung ein Grund zur Ausweisung werden, ohne daß sich der Betroffene strafbar gemacht hat. Kritiker wie Professor Daniel Thym von der Universität Konstanz sehen darin keine wirksame Verbesserung. Der Experte für Migrationsrecht betonte in einem Interview mit dem ZDF, daß beispielsweise viele Clanmitglieder bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen würden, wodurch sie nicht ausgewiesen werden könnten.
Auch Erleichterungen stehen im Gesetz
Der Jurist bezeichnete das Dokument als ein „Symbol, daß die Regierung etwas tun“ wolle. Es werde nicht dazu führen, daß es zu massenhaften Abschiebungen komme, mahnte er an und bemängelte auch eine „sehr kurze“ Gewahrsamsfrist: „Das Europarecht räumt eine Frist bis zu sechs Monaten ein.“
Dagegen kritisierte die linke Gruppierung „Pro Asyl“ die Pläne als „rechtsstaatlich fragwürdige Verschärfungen“ und „schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte ohne jede Verhältnismäßigkeit“. Schon jetzt sei jede zweite Abschiebungshaft rechtswidrig, sagte die Pro-Asyl-Vorsitzende Wiebke Judit
Heute soll im Kabinett der Entwurf von @NancyFaeser für ein #Abschiebegesetz beschlossen werden. Es sieht Verschärfungen vor, die rechtsstaatlich mehr als fragwürdig sind & schwerwiegende Eingriffe in #Grundrechte von Betroffenen bedeuten würden. 🧵 pic.twitter.com/QpsD02tzYX
— PRO ASYL (@ProAsyl) October 25, 2023
Dabei hat das Ministerium von Faeser auch einige Erleichterungen vor. So soll künftig die Geltungsdauer der Aufenthaltsgestattung verlängert werden: für Asylbewerber in einer Aufnahmeeinrichtung von drei auf sechs Monate und für alle anderen von sechs auf zwölf. Vor unangekündigten Abschiebungen würden zudem Familien mit Kindern unter zwölf Jahren geschützt.
Appell von Scholz an Merz
Unterdessen appellierte Bundeskanzler Scholz an den Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Friedrich Merz (CDU), dem Entwurf zuzustimmen. Es sei ein wichtiges Anliegen, daß die Bundesregierung, die Länder und die Opposition gemeinsam zu Vereinbarungen kommen, um die irreguläre Migration nach Deutschland spürbar zu reduzieren. „Bürger unseres Landes erwarten zu Recht, daß die Zahl derjenigen schnell und deutlich sinkt, die ohne Aussicht auf ein Bleiberecht zu uns kommen“, schrieb der 65jährige.
Die Unionsfraktion kritisierte jedoch die langen Vorlaufzeiten des Gesetzes. „Bundeskanzler Scholz und Innenministerin Faeser haben fast ein halbes Jahr gebraucht, um aus den Flüchtlingsgipfel-Beschlüssen im Mai einen Gesetzentwurf für mehr Abschiebungen zu formen“, bemängelte die stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU). Der Gesetzentwurf, der „zu erheblichen Teilen“ aus Vorschlägen der Unionsparteien bestehe, dürfe weder aufgeweicht werden, noch durch die Aufweichung von Arbeitsverboten für Ausreisepflichtige konterkariert werden. (kuk/mit ho)