HAMBURG. Im Cum-Ex-Skandal um die Warburg-Bank sind E-Mails aufgetaucht, die die Darstellung des heutigen Bundeskanzlers und damaligen Hamburger Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) in Zweifel ziehen. Zuerst berichtete der Stern über die neuen Beweise, die Ermittlungsbehörden gesichert hätten.
Demnach soll sich die Büroleiterin von Scholz, Jeanette Schwamberger, in E-Mails an dessen Vertrauten und heutigen Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) über nicht vorhandene Eintragungen im Terminkalender gewundert haben. „Ich habe noch nie einen Termin mit Olearius von November 2017 im Kalender gesehen. Auch nicht einen Termin im Oktober 2017. Das ist alles merkwürdig, aber wir sind alle Kalender durch.“
Bankgeschäftsführer soll Scholz getroffen haben
Hintergrund der Affäre sind illegale Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank unter dem damaligen Geschäftsführer Christian Olearius. Etwa zwischen 2006 und 2011 beteiligte sich die Hamburger Privatbank an Dividendengeschäften, die zu millionenschweren Schäden für den Steuerzahler führten. Daraufhin forderte unter anderem der Hamburger Senat von der Privatbank eine Steuernachzahlung von knapp 47 Millionen Euro.
Mehrmals soll Olearius Bürgermeister Scholz getroffen haben. Tatsächlich ließ der Hamburger Senat die Forderung in Folge verjähren. Chef der Behörde war der damalige Finanzsenator und Scholz-Nachfolger im Amt des Ersten Bürgermeisters, Peter Tschentnscher (SPD). Sowohl Scholz als auch Tschentnscher versichern, auf die Behörde keinen Einfluß ausgeübt zu haben.
Cum-Ex-Affäre bleibt rätselhaft
Spätestens nachdem bei dem Scholz-Vertrauten Johannes Kahrs (SPD), der als entschiedener Parteigänger der Warburg-Bank galt, in einem Schließfach 200.000 Euro unbekannter Herkunft gefunden wurden, stellt sich die Frage nach Olearius‘ Einflußnahme auf die Hamburger Politik. Auf Nachfragen konnte sich Scholz zunächst an keine Gespräche mit Olearius erinnern.
Nachdem bekannt wurde, daß der beschlagnahmte Terminkalender von Olearius mindestens einen Termin mit Scholz für den 10. November enthält, räumte Scholz ein, sich doch mit dem Bankier getroffen zu haben. Allerdings könne er sich nicht an den Inhalt dieser Gespräche erinnern. In diesem Zusammenhang verwies er auf seinen offiziellen Terminkalender.
Doch der Name Olearius findet sich hier weder an diesem noch einem anderen Tag. Scholz nennt IT-Probleme, doch offenbar hat selbst seine Büroleiterin Zweifel. Ermittlern gelang es mittlerweile, gelöschte Eintragungen zum 10. November wiederherzustellen. Doch auch hier findet sich kein Treffen mit Olearius. So bleibt es weiterhin ein Rätsel, wann sich Olearius mit Scholz und anderen Hamburger SPD-Größen traf und was der Inhalt ihrer Gespräche war. (JF)