BERLIN. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) hat sich offen für die Einrichtung des Amts eines Parlamentspoeten gezeigt. „Wir sollten jeden klugen Gedanken aufnehmen, wie wir unsere Kultur und das Bewußtsein für unsere Sprache im Sinne von Freiheit und Demokratie stärken können“, sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Eine starke Kultur und ein wertschätzender Umgang mit unserer Sprache sind essenziell für jede offene Gesellschaft.“
Den entsprechenden Vorschlag mehrerer Autoren nannte die frühere Grünen-Fraktionsvorsitzende einen „beachtenswerten Impuls“. Mithu Sanyal, Simone Buchholz und Dmitrij Kapitelman hatten in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung vor kurzem angeregt, der Bundestag solle ein solches Amt schaffen.
Ähnlich wie in Kanada, wo den Posten die Dichterin Louise Bernice Halfe aus dem Volk der Cree innehat, könne ein solches Amt „als Irritation, als Störfaktor“ fungieren und gleichzeitig „Brücken bauen“ sowie „Risse in unserer Gesellschaft heilen“. Hierfür solle im Bundestag ein Büro eingerichtet werden, und ein „jährliches Honorar oder besser Stipendium“ gezahlt. Das Amt solle „so divers wie nur irgend möglich“ und alle zwei Jahre neu besetzt werden.
„Ich möchte den Impuls der Autoren gerne aufnehmen“
Politik sollte „in den Worten und Formen übermittelt werden, in denen wir singen und tanzen und lieben“. Auch ein Parlamentsmaler oder ein Parlamentsmusiker wären demnach denkbar. In Kanada, so die Autoren, sei ein Gedicht über sogenannte First-Nation-Kinder auf der Webseite des Parlaments veröffentlicht und breit geteilt worden. Bei den Kindern handelt es sich um jene, die aus ihren Familien herausgerissen und in Umerziehungsschulen gesteckt wurden.
Göring-Eckhardt kündigte ein zeitnahes Treffen mit den Initiatoren an. „Ich möchte den Impuls der Autoren gerne aufnehmen und mit ihnen ins Gespräch kommen, wie wir auch im Parlament das wertvolle Anliegen der Förderung von Kultur und Sprache verfolgen können.“ Zuvor hatte sich bereits Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) zustimmend über die Forderung geäußert. „Welch grandiose Idee! Deutschland kann eine Poetik des Öffentlichen definitiv gut gebrauchen.“ (ls)