BERLIN/KIEW. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat während seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag an die historische Verantwortung der Deutschen für die Ukraine appelliert. 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg würden Städte wie Charkiw wieder zerstört. Er frage sich angesichts der aus seiner Sicht noch immer starken wirtschaftlichen Verbindungen Deutschlands nach Rußland, ob die Worte „Nie wieder!“ noch etwas wert seien, sage er in seiner Videobotschaft.
Deutschland und andere Länder hätten vor der russischen Invasion bei vielen Sanktionen gebremst und Rußland so ermutigt. Für manche zähle nur „Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft“. Konkret bezog sich Selenskyj dabei auf die mittlerweile gestoppte Gaspipeline Nord Stream 2.
CDU verlangt Regierungserklärung von Scholz
Der ukrainische Präsident erneuerte seine Vorwürfe, Rußland führe in der Ukraine einen Vernichtungskrieg. So würden Schulen, Krankenhäuser und Kirchen beschossen. In diesem Zusammenhang erinnerte er an das Massaker an Juden durch deutsche Soldaten in Babyn Jar 1941. Ausdrücklich bedankte sich Selenskyj bei den Unternehmen, die „das Leben von Kindern“ über wirtschaftliche Interessen stellten. Er beendete seine Rede unter dem stehenden Applaus aller Fraktionen mit den Worten „Es lebe die Ukraine“.
Im Vorfeld hatte es Kritik am Programm rund um die Rede gegeben. CDU-Chef Friedrich Merz bemängelte, daß der Bundestag danach sofort wieder zur Tagesordnung übergehen würde. Dies sei „völlig unpassend“. Er erwarte, daß die Bundesregierung mit einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf die Rede Selenskyjs reagiere. (ho)